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„Schandfleck“Dieser Hauptbahnhof im Rheinland verkommt seit Jahrzehnten zum „Lost Place“

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Der alte Hauptbahnhof Solingen ist seit Längerem als „Lost Place“ bekannt.

Der alte Hauptbahnhof Solingen ist seit Längerem als „Lost Place“ bekannt.

Ein Zug hält hier schon seit Jahrzehnten nicht mehr. Die Deutsche Bahn hat den Großstadt-Hauptbahnhof längst aufgegeben.

Hohe Decken, weite Räume. Die repräsentative Empfangshalle ist in schlanken Stahlstützen und großer Glasfassade offen und hell gestaltet, eine überdachte Fußgängerbrücke führt zu den Bahnsteigen. Ein 22 Meter hoher Uhrenturm sollte schon von Weitem sichtbar sein, er musste wegen starker Baumängel jedoch schon nach wenigen Jahren wieder abgebrochen werden.

Der alte Hauptbahnhof Solingen sollte der Großstadt im Rheinland das Tor zur Welt öffnen. Erst zum Ende des 19. Jahrhunderts gelang dem topografisch schwierig gelegenen Solingen der Anschluss ans Eisenbahnnetz. Entsprechend war man darauf bedacht, ein Bahnhofsviertel mit großstädtischem Gepräge zu errichten.

Großstadt-Flair am alten Hauptbahnhof – viele sehen nur noch „Schandfleck“

Die Eröffnung der Bahnstrecke Remscheid-Solingen spielte den Plänen in die Karten und der ursprünglich als Bahnhof Süd eröffnete Verkehrsknotenpunkt wurde erneut ausgebaut. Aufgrund des steigenden Fahrgastaufkommens und seiner gewachsenen Bedeutung für die Stadt wurde der Bahnhof 1913 schließlich offiziell zum Solingen Hauptbahnhof umbenannt.

Auch heute noch ist dieser Großstadt-Flair auf dem Areal zu spüren. Doch die Deutsche Bahn hat die Haltestelle bereits vor Jahrzehnten aufgegeben, der dreiteilige Gebäudekomplex ist zunehmend in einem desolaten Zustand und in der Bevölkerung wird der alte Hauptbahnhof Solingen inzwischen oft als „Schandfleck“ und „Lost Place“ wahrgenommen.

Dabei hatte man nach dem Zweiten Weltkrieg noch einmal viel Energie in eine Neugestaltung des Prestigeprojekts gesteckt. Das ursprüngliche Gebäude war im Krieg fast vollständig zerstört worden. Der filigrane Entwurf der Eingangshalle mit hoher Glasfassade entstand in den 1950er-Jahren.

Schicksal des alten Hauptbahnhofs Solingen war schon besiegelt

Die moderne Prägung und geschwungenen Linien des Neubaus finden sich auch in den drei kleinen Pavillons im Inneren der Empfangshalle wieder, in denen früher kleine Läden für Blumen, Zeitschriften und Tabakwaren untergebracht waren.

Ein Video auf Youtube zeigt den alten Hauptbahnhof Solingen 2022 als „Lost Place“:

Doch von Beginn seiner Geschichte litt der Bahnhof unter seiner ungünstigen Lage zum Solinger Stadtzentrum. Hinzu kam die Anbindung an eine zunehmend unterrangige Bahnstrecke, denn die wichtigen Züge hielten eben nicht hier, sondern am Bahnhof Ohligs.

Alter Hauptbahnhof Solingen wird zum Geisterbahnhof – Zukunft offen

Durch einen Ratsbeschluss von 1996 wurde der Hauptbahnhof Solingen durch zwei neue Haltestellen ersetzt. Seitdem verkommt das ehemalige Prestigeprojekt zum Geisterbahnhof. Der letzte Zug hielt in der Nacht zum 6. Mai 2006, als das denkmalgeschützte Gebäude bereits seit Jahren dem Verfall und der Mindernutzung ausgesetzt war.

Seitdem gibt es immer wieder Vorstöße, das Areal am alten Bahnhof einer Umnutzung zuzuführen. Auch einige Künstler-Projekte gaben dem Gelände eine neue Richtung. In der gläsernen Eingangshalle wurde zwischenzeitlich sogar ein Restaurant betrieben, das jedoch coronabedingt zur Aufgabe gezwungen wurde.

Nicht zuletzt die Restaurant-Schließung entfachte in Solingen eine neue Debatte um eine zukunftsfähige Lösung für das Bahnhofsgebäude. Die Stadt setzt dabei inzwischen große Hoffnungen auf einen privaten Träger. Das Schicksal des Geisterbahnhofs ist jedoch vorerst weiter offen.