30 Jahre KüchenkunstIm „Ballebäuschen“ leben Marlies und Günter Allmann ihren Traum
Hespert – In seiner Kölner Zeit hat er einmal für Prince Charles und Lady Di kochen dürfen. Und die Patisserie für den Besuch von Papst Johannes Paul II. geliefert. Alles lief bestens, alle waren zufrieden. Aber als Günter Allmann kurz darauf versuchte, Oberbergern ein Schneckensößchen zum Rumpsteak schmackhaft zu machen, erlitt der junge Chefkoch eine herbe Niederlage. „Nach vier Wochen haben wir die Speisekarte zerrissen und eine neue gemacht“, erzählen Allmann und seine Frau Marlies schmunzelnd über ihre Anfänge als selbstständige Gastronomen in Reichshof. Ab dann gab’s Kräuterbutter zum Rumpsteak, das lief besser. Das war vor 33 Jahren in der „Alten Scheune“, ihrem ersten Restaurant im Ortsteil Hespert.
Mitte Mai 1991 eröffneten die Allmanns dann ebenfalls in Hespert ihr „Ballebäuschen“ – selbst gebaut, auf eigenem Grundstück. Günter und Marlies Allmann sind ein kongeniales Team: er in der Küche, sie im Service. In den vergangenen 30 Jahren haben sie das Haus zu einem der führenden Restaurants in Oberberg gemacht, x-fach hochgelobt in den jährlich erscheinenden Restaurantführern. Und mit einem großen Kreis an Stammgästen aus nah und fern, der ihnen und ihren vier festangestellten Mitarbeitern das Überleben zweier Lockdowns ermöglichte.
Erster deutsche Koch beim Kölner Sterne-Italiener
Aber der Reihe nach: Nachdem Günter Allmann als Jugendlicher seiner Neigung folgend die Ausbildung zum Koch der für den höheren Forstdienst vorgezogen hatte, stieg er rasch zum Chefkoch und jüngsten Ausbilder im Bereich der IHK Köln auf. Seine spätere Ehefrau Marlies gehörte übrigens auch zu seinen Koch-Azubis. Allmann war der erste deutsche Koch im späteren Kölner Sterne-Italiener Alfredo und erster bei einem Top-Asiaten in der Domstadt.
Nach zehn Jahren Kölner Spitzenküche reizte die Selbstständigkeit. Ein Angebot aus Spanien schlugen die Allmanns aus. Warum bei der Suche nach einem Standort die Wahl ausgerechnet auf Hespert fiel? „Weil Hespert perfekt ist“, sagt Allmann. Über die Autobahnen 4 und 45 ist der Ort gut zu erreichen, und damals war Reichshof noch mehr als heute gut besuchtes Ferien- und Ausflugsziel. Und die „Alte Scheune“ war nicht brauereigebunden, darauf legten die Jung-Gastronomen 1988 wert. Dort konnten die Allmanns ihren Traum leben – dem auf ihrer Internetseite verewigten Spruch des irischen Dichters George Bernhard Shaw folgend, nach dem keine Liebe aufrichtiger ist als die zum Essen.
„Gekocht wird zuerst im Kopf“
Was der Küchenchef im Laufe der Jahre ersann, folgte von Anfang an einem Grundrezept: Alle Zutaten müssen von erstklassiger Qualität und topfrisch sein. Was Allmanns Ansprüchen nicht genügt, geht zurück. Die Lieferanten hätten eine Zeit gebraucht, bis sie sich daran gewöhnt hatten, erzählt er schmunzelnd. Früh griff Allmann den Trend zur regionalen Produkten und Gerichten auf, variiert sie allerdings bis heute auf seine Art und Weise. Seinen Sauerbraten gibt’s vom Reh, die Bratwurst auch. Fisch ist ebenso eine Leidenschaft des Küchenchefs wie Kräuter und konzentrierte Soßen. Wenn seinen Lehrlingen bei der Präsentation ihrer Abschlussgerichte von Prüfern auf den Kopf zugesagt wird „Das haste beim Allmann gelernt“, erfüllt das den ansonsten so bescheiden auftretenden Patron hörbar mit Stolz. Wie er seine neuen Gerichte kreiert? „Gekocht wird zuerst im Kopf“, sagt er. Die Vorstellung, wie die Zutaten miteinander harmonieren könnten, gepaart mit inzwischen jahrzehntelanger Erfahrung, ergeben ein Resultat, das die Gäste den Allmanns die Treue halten lässt, auch wenn ihr Restaurant seit Monaten geschlossen ist.
Anekdoten
Viel ist passiert in 30 Restaurant-Jahren. Über das Allermeiste schweigen die Gastgeber eisern. „Wir sind wie Pfarrer“, sagen Marlies und Günter Allmann. „Wir hören viel, aber wir erzählen nichts.“ Zwei Anekdoten geben sie trotzdem zum Besten: die von der Damenrunde, die Krüstchen mit Fritten bestellte. Als ihnen mitgeteilt wurde, dass man das nicht serviere, verließen sie das Restaurant mit der spitzen Bemerkung: „Wir kommen wieder, wenn Sie kochen gelernt haben.“
Ein mit Einverständnis der übrigen Anwesenden im Körbchen unter dem Tisch schlummernder Dackelwelpe eines Gastes verließ sein Lager nach dem Wachwerden und verrichtete ausgerechnet am Tisch der wenige Meter entfernt speisenden Alice Schwarzer (Foto) sein Geschäft. Die Journalistin und Feministin habe es mit Fassung getragen, erinnert sich Marlies Allmann. „Sie fragte, ob der Welpe ein Rüde oder ein Weibchen sei.“ Es war ein Männchen. Schwarzers Kommentar: „Typisch!“ (kn)
Mit Außer-Haus-Angeboten zum Fertigkochen daheim haben Marlies und Günter Allmann sich und ihre Mitarbeiter während der Lockdowns über Wasser gehalten. Und zwar sehr erfolgreich: „Einige Stammkunden, die sonst nur einmal im Monat kamen, holen sich jetzt drei-, viermal Essen ab“, erzählt Allmann und staunt, welch weite Wege manche auf sich nehmen.
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Die Treue der Gäste und das gute Team in Küche und Service sind es, die Allmanns Überlegungen kurz nach Beginn des ersten Lockdowns, das Ballebäuschen nach drei Jahrzehnten aufzugeben, rasch verfliegen ließen. „Es macht immer noch so viel Spaß, das machen wir noch ein paar Jahre“, sagt der 64-Jährige. Und man merkt ihm und seiner Frau an, wie sehr sich beide darauf freuen, dass es wieder losgeht geht und sie endlich wieder Gäste begrüßen können. Und aktuell sieht es so aus so aus, als könnte das schon bald wieder Fall sein.