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Nach AbschiebungGrüne und SPD in Oberberg starten Initiative für Shayon

Lesezeit 4 Minuten
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In Bangladesch bleibt dem achtjährige Shayon und seiner Familie derzeit nichts anderes übrig, als zu warten.

Nümbrecht – Die Abschiebung der Familie um den achtjährigen Shayon nach Bangladesch in der vergangenen Woche wird zum Politikum – auch in Berlin. Wenn ein Ministerialerlass die Rückholung der Familie möglich macht, will sich die Bundestagsabgeordnete Sabine Grützmacher (Grüne) an Außenminister Heiko Maas wenden. Oberbergs SPD versucht, dafür den früheren Landesvorsitzenden Sebastian Hartmann, zudem Bundestagsabgeordneter für den Rhein-Sieg-Kreis, zu gewinnen.

Der Antrag, das Thema auf die Agenda im Kreistag am vergangenen Donnerstagabend zu packen, den Bündnis 90/Die Grünen, die Linke und die SPD gestellt hatten, wurde von Landrat Jochen Hagt abgelehnt. Das sei aber eher eine Formalie, erklärt Marie Brück, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Kreistag: „Es ist nicht unüblich. Üblicherweise wird so etwas schriftlich mit Vorlauf beantragt.“

Mutter harrt mit fieberhaftem Infekt aus

Seit über einer Woche harrt die abgeschobene Rohingya-Familie nun bereits in Bangladesch aus. Ohne Papiere, ohne Geld, zu allem Überfluss hat die junge Mutter noch ein fieberhafter Infekt erwischt, der sie zusätzlich schwächt. Medikamente gibt es nicht.Tanjila Akter Mukta Arham erzählt auch, dass sie nicht die leibliche Mutter von Shayon ist.

Diese sei vom Militärregime in Myanmar getötet worden als der Junge gerade zwei Monate alt gewesen sei. Sie habe sich später des Jungen angenommen, nachdem sich Shayons Vater und sie im Rohingya-Lager in Bangladesch kennengelernt hätten. Dorthin war die ethnische Minderheit aus Myanmar vertrieben worden.

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Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge wollte sich auf Nachfrage dieser Zeitung – wie zuvor schon der Oberbergische Kreis – nicht zu dem konkreten Fall äußern. Das Bundesamt führt das Asylverfahren in Deutschland durch und entscheidet, ob Schutz zu gewähren oder ein Asylantrag abzulehnen ist. „Asylverfahren werden sorgfältig auf der Grundlage rechtsstaatlicher Prinzipien durchgeführt“, heißt es in einer Stellungnahme.

Außerdem handele es sich immer um eine Einzelfallprüfung der individuell vorgetragenen Fluchtgeschichte: „Die Herkunft aus einem bestimmten Land oder ein bestimmter Asylgrund führt nicht automatisch zu einem Schutzstatus oder zur Ablehnung des Asylantrags.“

Bei den Fußballern des SSV Homburg-Nümbrecht will man sich damit nicht abfinden. Seine Trainer machen sich auf allen Ebenen dafür stark, dass die Familie wieder zurückkommen kann. Abdoul Schwotzer-Conde und der Leiter der Jugendabteilung Rainer Förster trafen sich mit Nümbrechts Bürgermeister Hilko Redenius.

Verein sammelt Geld für Shayons Familie

Die Trainer wollen nun eine Petition starten und dafür sorgen, dass Shayons Familie etwas Geld bekommt. „Das war bisher nicht möglich, da Shayons Stiefmutter nichts hat, mit dem sie sich ausweisen kann.“ Nun habe sie aber jemanden gefunden, der für sie das Geld abholt, das sie über Western Union nach Bangladesch schicken.

„Der Verein kümmert sich nun schnell darum, dass sie wieder Lebensmittel, Medikamente und ein paar Spielsachen für die Kinder kaufen kann“, verspricht Schwotzer-Cone. Dafür sammelt der Verein Spenden, ein Konto wurde eingerichtet. Mehr Informationen dazu gibt es auf der Homepage des Vereins.

Das sagt Nümbrechts Bürgermeister Hilko Redenius

Nümbrechts Bürgermeister Hilko Redenius (CDU) tut sich hörbar schwer mit dem Fall. Die Gemeinde kenne die Familie gut. Ein Sozialarbeiter, der sich um alle Flüchtlinge in der Stadt kümmere, habe im engen Kontakt gestanden. „Ich kann feststellen, dass die Familie insbesondere in Persona der Kinder voll integriert ist.“ Das gelte auch und vor allem für Shayon.

Andererseits sieht Redenius keinen Grund für Kritik an dem Verfahren, das zur Abschiebung geführt hat. „Die Ausländerbehörde stellt fest, ob ein Asylanspruch besteht. Wenn nicht, wird der Antrag abgelehnt. Dagegen gibt es Rechtsmittel. Diese sind vollständig ausgenutzt worden.“ Hinzu komme ein Muster: Die Gerichte seien überlastet, Asylbewerber und vor allem ihre Anwälte versuchten, zusätzlich den Prozess zu verlangsamen.

In der Zwischenzeit werde aktiv die Integration angestrebt, um den Druck auf die Behörden zu erhöhen: „Absolut verständlich. Ich würde es auch nicht anders machen, wenn ich flüchten müsste und man mir das erklären würde.“ Dazu gehöre das Untertauchen vor der Abschiebung. Auch deshalb habe sich „Nacht- und Nebelaktion“ – wie hier – „als einzig wirksames Mittel herausgebildet“.

Deshalb sagt Redenius: „Rechtsstaatlich gesehen ist so eine Abschiebung völlig in Ordnung. Das System aber, das es dazu kommen lässt, dass sich ein Kind so integriert, um dann wieder herausgerissen zu werden, ist menschenunwürdig.“ Da seien Bund und EU gefordert. (kmm)