Alles was Recht istThorsten Schmidt ist Amtsrichter und Theater-Leiter in Waldbröl
Thorsten Schmidt (41) ist Amtsrichter in Waldbröl. Der Jurist ist zudem aber auch Geschäftsführer des Waldbröler WK-Theaters. Wie das zusammenpasst, Juristerei und das Theater, darüber sprach Frank Klemmer mit Schmidt in unserer Interview-Reihe „Alles was Recht ist“.
Wie lange sind Sie schon Amtsrichter in Waldbröl?
Seit 2014 bin ich jetzt hier. Vorher habe ich am Landgericht Bonn und am Amtsgericht Siegburg gearbeitet. Aber ich wollte immer zurück ins Oberbergische – entweder nach Gummersbach oder am liebsten nach Waldbröl. Ich bin in Denklingen aufgewachsen und in Waldbröl zur Schule gegangen.
Ein Jurist, der aufs Land will: Ist das die Regel oder die Ausnahme?
Nein, tatsächlich ist das auch bei uns wie zum Beispiel auch bei den Ärzten eher die Ausnahme. Die meisten wollen in der Stadt bleiben.
Warum eigentlich? Da gibt es doch viel mehr zu tun für die Richter...
Stimmt, und bei den Anwälten ist die Konkurrenz größer. Letztlich sind es aber wohl doch eher die Lebensumstände. Und viele kennen das Leben hier ja auch gar nicht. Den Richterinnen und Richtern, die zur Probe für ein paar Jahre hier landen, drücke ich deshalb immer erstmal ein kleines Heft mit einer Zusammenfassung der Waldbröler Geschichte in die Hand. Damit sie wissen, wo sie hier sind.
Warum sind Sie gerne Amtsrichter?
Es ist vor allem der Kontakt mit den Menschen, den ich besonders schätze. Ich mache vor allem Betreuungs- und Unterbringungssachen. Da kommt man in Krankenhäusern und geschlossenen Einrichtungen natürlich auch mit einer ganzen Reihe von Schicksalen in Berührung. Mit Menschen, die Hilfe brauchen. Klar, da nimmt man nachher auch was mit nach Hause von. Aber dieser Kontakt mit den Menschen ist etwas, dass meine Arbeit von manch anderer juristischer Tätigkeit unterscheidet.
Wie war das denn jetzt in der Pandemie? Gerade wenn Sie auch oft in Krankenhäuser mussten...
Natürlich gab es da Einschränkungen. Und ja, natürlich habe ich auch viele schwer an Covid erkrankte Menschen gesehen. Auch das sind Bilder, die man mitnimmt. Ich habe eine Familie, meine Frau ist Ärztin, wir haben zwei Kinder. Selbstverständlich redet man da über sowas und macht sich selbst so seine Gedanken.
Wie hat Corona Ihren eigenen Job verändert?
Das mit dem Homeoffice hat gut geklappt – fast zu gut. Mit der Zeit habe ich gemerkt, wie sehr mir die Gespräche auf dem Flur fehlen. Und auch jetzt, wo viele hier schon geimpft sind, ist die Normalität noch nicht ganz zurückgekehrt. Irgendwie hat man sich vom Kontakt untereinander richtiggehend entwöhnt.
Und was hat das alles mit Theater zu tun?
(lacht) Eigentlich gar nichts, oder?
Wie lange ist das Theater schon Ihr Hobby?
Das hat schon während meiner Schulzeit am Hollenberg-Gymnasium Waldbröl begonnen. Und es ist geblieben. 2005 habe ich dann die Leitung des WK-Theaters von Ulrich Hein übernommen.
Da waren Sie noch sehr jung dafür, oder?
Ja, ich war 25. Aber Ulrich Hein war ja auch noch da, er wollte das Theater nur nicht mehr leiten. Und dann bin ich da Stück für Stück irgendwie reingewachsen.
Was ist Ihr Job als Leiter?
Vor allem geht es darum, Regie zu führen. Und natürlich die Stücke auszuwählen – eines pro Jahr.
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Und manchmal auch sehr aktuelle wie damals bei „Terror“ von Ferdinand von Schirach: Das haben Sie schon aufgeführt, als gerade erst der Film im Fernsehen lief . . .
(grinst) Tja, vielleicht liegt das auch daran, dass von Schirach Anwalt ist und damit ebenfalls Jurist.
Wieso?
Wir hatten zuerst eine Absage bekommen. Da habe ich dann noch mal an den Verlag geschrieben, ob nicht doch eine Möglichkeit besteht den Stoff schon aufzuführen. Ich sei ja schließlich ein Kollege des Autors...
...und deshalb hat von Schirach Ja gesagt?
(lächelt) Vielleicht. Aber vielleicht habe ich auch einfach nur überzeugend darlegen können, wie weit Waldbröl auf dem Land liegt und das wir damit keine Konkurrenz zu den Theaterstandorten in größeren Städten wie Köln und Bonn sind.
Was ist von Ihrem Theater in der Pandemie übrig geblieben?
Es war eine sehr schwere Zeit, auch für uns und auch wenn es nur ein Hobby ist. Wir sind ja quasi das Ensemble eines städtischen Theaters, nur eben ohne Bezahlung. Auch wenn wir über Video gemeinsam proben, immer noch: Man verliert sich irgendwie aus den Augen. Trotz Video, trotz Telefonaten.
Ist der Neustart denn schon geplant?
Eigentlich wollten wir im Oktober oder November wieder starten. Mit der „Grönholm-Methode“, einem Stück, das wir vor einigen Jahren schon einmal mit viel Erfolg gespielt haben. Fürs Erste haben wir das aber noch aufs Eis gelegt. Die Lage ist noch zu unsicher, gerade für ein kleines Theater wie unseres.
Warum ist es eigentlich beim Hobby geblieben? Wollten Sie nie ganz zum ganz großen Theater?
(schmunzelt) Dann hätte ich ja kein Hobby mehr. Nein, Schauspieler oder Regisseur zu werden, war nie wirklich ein Thema für mich. Es gibt ja auch nicht so viele, die damit wirklich ihren Lebensunterhalt bestreiten können.
Deshalb also Jura?
(lacht) Nein, nicht nur. Aber ich liebe tatsächlich den Umgang mit der Sprache. Auch und gerade den Umgang mit der sehr förmlichen Amtssprache, mit der wir es als Juristen zu tun haben. Ich lebe in der Sprache und im Umgang damit. Stimmt, wenn ich so nachdenken: Das ist es wahrscheinlich wirklich, was mein Hobby und meinen Beruf verbindet.