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Amtsgericht BetzdorfErste Urteile gegen Autoteile-Bande

Lesezeit 3 Minuten

Fein säuberlich sortiert fand die Polizei bei ihrer großen Durchsuchungsaktion die Autoteile in der Halle im rheinland-pfälzischen Puderbach. Jetzt standen in Betzdorf die ersten Mitglieder der Gruppe vor Gericht.

Altenkirchen/Oberberg – Es war ein Paukenschlag an einem Montagmorgen im September: Mehr als 300 Polizeibeamte durchsuchten zahlreiche Objekte in Nordrhein-Westfalen und im benachbarten Rheinland-Pfalz. Koordiniert wurde der Einsatz von der Polizei im Oberbergischen Kreis. Hochgenommen wurde eine Autoteile-Bande, die hochwertige Fahrzeuge vor allem der Marke BMW gestohlen und zerlegt haben soll.

Jetzt gibt es die ersten Urteile gegen Mitglieder der Bande: Wie die Rhein-Zeitung berichtet, hat das Amtsgericht Betzdorf im benachbarten Kreis Altenkirchen drei Männer im Alter von 23, 48 und 59 Jahren zu anderthalb Jahre Freiheitsstrafe ohne Bewährung verurteilt.

Mit Trick die Technik überlistet

Kopf der Bande soll ein 39-Jähriger aus Bergneustadt gewesen sein. Sie machte sich einen technischen Trick zu eigen – eine Sicherheitslücke: Bei hochwertigen Fahrzeugen wie jenen der Marke BMW – diese hatte die Bande ebenso wie Mercedes-Autos im Blick – kann das Auto ohne Schlüssel geöffnet werden, und zwar nur durch einen Chip, der sich per Funk mit der Technik im Inneren verbindet.

Das nutzten die Kriminellen: Mit Hilfe eines Funkstreckenverlängerers – gebastelt aus einem Flachbettscanner – konnte das Signal abgefangen und zum Auto übertragen werden. Der Technik wurde vorgegaukelt, der Schlüssel sei in der Nähe: Das Auto wurde entriegelt, ein zweiter Täter öffnete den Wagen, drückte den Startknopf und konnte losfahren. In einer Werkstatt im rheinland-pfälzischen Puderbach sollen die Autos dann in Einzelteile zerlegt und diese über Schrotthändler vermarktet worden sein. Allein mit den Diebstählen seit Anfang 2019, die sich der Gruppe zum Zeitpunkt der Razzia bereits zuordnen ließen, hatten sie einen Schaden von mehr als einer halben Million Euro verursacht.

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Den Männern, die jetzt in Betzdorf vor Gericht standen, wurde vorgeworfen, als Teil der Bande versucht zu haben, im Juni in Flammersfeld im Südwesten des Kreises Altenkirchen auf diese Weise einen BMW zu stehlen. Das Schöffengericht sah es dem Bericht der Rhein-Zeitung zufolge als erwiesen an, dass das Trio in einem Auto zum Tatort gekommen war, der eigens für die Unterbringung der erforderlichen Technik – also Funkscanner, Funkwellenverlängerer und Laptop – umgerüstet worden war. Die Täter sollen den Auftrag gehabt haben, einen bestimmten 5er BMW GT zu stehlen.

Währenddessen hätten zwei weitere Bandenmitglieder, darunter der Kopf der Organisation, einen Mercedes AMG stehlen wollen. Sie merkten aber schnell, dass sie chancenlos waren, weil der Besitzer seine Sicherheitsvorkehrungen verstärkt hatte.

Besitzer rief die Polizei

Unter anderem hatte er sich eine zuverlässige Schutzhülle für seine Schlüssel besorgt, die das Abfangen und Verlängern des Funksignals unmöglich machte. Er konnte die Autoknacker beobachten und rief die Polizei. Dass die unterwegs war, wussten der Kopf der Bande und sein Begleiter nicht, als sie nun selbst den BMW stehlen wollten. Auch dabei wurden sie beobachtet, konnten aber flüchten.

Der BMW-Besitzer konnte das GM-Nummernschild sowie die Automarke des Wagens durchgeben. Unterdessen waren die drei Männer, die sich jetzt in Betzdorf vor Gericht verantworten mussten, noch auf dem Weg zum BMW. Obwohl sie gewarnt wurden, gingen sie der Polizei ins Netz.

Umfangreicher Fund

Im Fahrzeug fanden die Beamten nicht nur die Diebesausrüstung, sondern auch Tatortskizzen von den Standorten weiterer Autos, unter anderem in Altenkirchen, aber auch in Waldbröl. An der dort vermerkten Adresse sei es wenige Tage zuvor tatsächlich zu einem BMW-Diebstahl gekommen, schreibt die Rhein-Zeitung.

Die Polizei in Gummersbach und die Staatsanwaltschaft in Bonn möchten sich zum aktuellen Stand der Ermittlungen nicht äußern. Eine Randnotiz aus dem Prozess vor dem Amtsgericht in Betzdorf könnte aber Bewegung in die Ermittlungen gebracht haben.

Wie die Rhein-Zeitung berichtet, hat dort vor Gericht ein örtlicher Kripo-Beamter ausgesagt, der Kopf der Bande habe begonnen, gegenüber der Polizei in Gummersbach über die Strukturen und die Rolle der Beteiligten auszupacken.