BergneustadtWie Schützenchef Pütz seinen Verein durch die Pandemie bringt
Bergneustadt – Es ist alljährlich Bergneustadts größtes Ereignis: Aufmarsch der Kompanien, Platzkonzert, Festumzug, Vogelschießen, Party im Zelt und eine große Kirmes drum herum. Vier Tage steht die Stadt zu Pfingsten im Zeichen des Schützen- und Volksfests. Doch wegen Corona haben die Schützen schon zum zweiten Mal hintereinander absagen müssen – eine schwere Zeit für den Verein und seine 320 Mitglieder.
Ortstermin auf dem Festplatz: Wo sich sonst ab Freitagnachmittag die Karussells drehen, Musik aus den Lautsprechern dröhnt und der Duft von Bratwurst und gebrannten Mandel über den Platz wehen, stehen ein paar geparkte Autos. Und Vorsitzender Jens-Holger Pütz in seiner grünen Schützenjacke. Die hat er seit dem vergangenem Frühjahr nicht angehabt, für den Fotografen macht er eine Ausnahme. Dass es gerade in Strömen regnet, passt zu seiner Stimmung. Seit drei Jahren ist Pütz Chef der Bergneustädter Grünröcke, zwei Feste musste er schon absagen, eine große Enttäuschung. „Machtlos und ausgeliefert“ habe er sich angesichts der Pandemie-Restriktionen gefühlt, sagt der 57-Jährige. Zumal ihm einige der Einschränkungen bis heute fragwürdig und nicht logisch vorkommen.
Dabei hätte alles so toll werden sollen: Für Freitag hatte der geschäftsführende Vorstand die Premiere der „Kölschen Nacht“ im Festzelt geplant. Unter dem Motto „Alaaf und Horrido“ hätten die Domstürmer im vergangenen Jahr eine neue Tradition von Freitagabendkonzerten begründen sollen. Bislang hatte das Zelt am Auftaktabend des Festes ohne Programm leergestanden.
Keine Ausgaben, keine Einnahmen
Wie alle anderen Künstler, Bands und Discjockeys musste auch den Domstürmern in diesem Jahr schon wieder abgesagt werden. 2020 mussten Pütz und seine Vorstandskollegen noch bangen, ob die verpflichteten Künstler auf ihre vertraglich zugesicherten Honorare verzichten und sich aufs kommende Jahr vertrösten lassen würden. Zum Glück taten sie es.
Zeltverleiher und Festwirt einigten sich ebenfalls und auch die Betreiber der Fahrgeschäfte kamen mit Kirmesorganisator Dieter Milz klar. Zu ihm und zu vielen anderen pflegt der Schützenverein zum Teil seit vielen Jahren freundschaftliche Beziehungen. So hatte der Schützenverein wenigstens keine Ausgaben. Aber eben auch keine Einnahmen. Denn alljährlich spült das Fest nach Abzug aller Kosten einen niedrigen fünfstelligen Betrag in die Vereinskasse. Der bleibt nun schon wieder aus.
Rekord-Regenten
Einen dicken Eintrag in die Vereinschronik bekommen Achim und Helga Uelner: 2019 zum Königspaar gekrönt, werden sie – wenn es denn im kommenden Jahr wieder ein Schützenfest in Bergneustadt geben sollte – zu dessen Beginn immer noch in Amt und Würden sein. (kn)
Trotzdem muss das Vereinsleben ja irgendwie weitergehen. Pütz und seine Vorstandskollegen versuchen, über soziale Medien und gelegentliche Rundbriefe Kontakt zu den 320 Vereinsmitgliedern zu halten. Mehr ist nicht drin. Den Präsentkorb, den der Vorsitzende zum 90. Geburtstag überreicht, will Pütz nachliefern, sobald es die Situation zulässt. Alle ausgefallenen Ehrungen natürlich auch.
Arbeiten statt Feiern
Von der kurzen Phase im vergangenen Sommer abgesehen, sind Treffen seit mehr als einem Jahr nicht möglich, weder in den vier Kompanien des Vereins noch bei den besonders aktiven Sportschützen. Letztere mussten nicht nur auf die erfolgreiche Teilnahme an Meisterschaften verzichten, sondern auch den Trainingsbetrieb einstellen. Welche Auswirkungen das für die Nachwuchsarbeit des Vereins haben wird, bleibt abzuwarten. Immerhin konnten die Sportschützen die Renovierung des Schießstands an der Gimbornstraße und die Verbesserung des Außengeländes voranbringen. Arbeiten statt Feiern – ein schwacher Trost in diesen Zeiten. Sobald es die Corona-Lage zulässt, will Pütz aber Vereinsmitglieder und Sponsoren hierhin zu einem vereinsinternen Fest einladenden.
Wie alle anderen Schützen Oberbergs hofft auch Pütz, dass es 2022 endlich wieder ein Schützenfest geben wird. Aber unter welchen Bedingungen? Gerade wird im Düsseldorfer Heimatministerium ein Konzept für Volksfeste erarbeitet. Auch die Schützen sind um ihre Einschätzung gebeten worden.
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Bei allem Optimismus, dass im kommenden Jahr gefeiert werden darf, ist Jens-Holger Pütz auch skeptisch: Das Einhalten von Abstand und Hygienevorschriften in einem Festzelt, dessen mehrere hundert Besucher immer ausgelassener werden je länger der Abend dauert und das Bier fließt, kann er sich im Augenblick noch nicht so richtig vorstellen. „Aber ich bleibe zuversichtlich!“