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Liedermacher-TageKonstantin Wecker zieht in Bergneustadt eine musikalische Bilanz

Lesezeit 3 Minuten
Konstantin Wecker mit Mikrofon vor Publikum.

Nur ein paar der 600 Lieder, die er nach eigener Schätzung geschrieben hat, trug Konstantin Wecker in Bergneustadt vor, darunter aber einige besonders bewegende Chansons.

Er war ein Konzert, bei dem so einige Tränen flossen, bei dem es immer wieder um nichts weniger als den Frieden in der Welt ging. Konstantin Weckers Poesie rührt an die Seele.

Er hat viele Fans in Oberberg. 450 Menschen ließen sich beim Abschluss der 10. Liedermacher-Tage von Konstantin Wecker im ausverkauften Krawinkelsaal berühren. Veranstalter Björn Lange hätte locker doppelt so viele Tickets verkaufen können: „Ich hatte schon lange den Wunsch, Konstantin Wecker, den Liedermacher schlechthin, nach Bergneustadt zu holen. Jetzt hat es geklappt.“

Er war ein Konzert, bei dem so einige Tränen flossen, bei dem es immer wieder um nichts weniger als den Frieden in der Welt ging. Weckers Poesie rührt an die Seele, fordert auch immer den Intellekt – Weghören gilt nicht, dann verpasst man was. Seine Gedanken sind ebenso scharf wie zerbrechlich, ebenso persönlich wie politisch. Er selbst gibt zu: „Die Lieder waren meist klüger als ich. Poesie und Melodie passieren mir, manches verstehe ich selbst erst Jahre später richtig. Dass mir das immer so zuflog, ist ein reines Geschenk.“

Drei Stunden Musik in Bergneustadt

Rund drei Wochen würde es wohl dauern, das Gesamtwerk von rund 600 Liedern des Münchners hintereinander zu spielen, schätzt er selbst. Gute drei Stunden im Krawinkelsaal, begleitet von Jo Barnickel am zweiten Klavier, gaben davon einen kleinen, aber sehr tief gehenden Eindruck, der mit „Ich singe, weil ich ein Lied hab“ beginnt.

Die Gäste stellten im Konzert „Der Soundtrack meines Lebens“ fest, dass der 77-Jährige über die Jahre leiser geworden ist. Das heißt aber nicht, dass er sich nicht als Friedensaktivist klar positionieren würde. Und es heißt auch nicht, dass seine Stimme nicht mehr jung klingt. Aber der Liedermacher strahlt Ruhe aus.

Bergneustädter Zuhörer sind entsetzt

Er spricht davon, im Leben immer Glück gehabt zu haben. Sein Vater Alexander lehrte ihn ein gewaltfreies Leben, ermutigte ihn musikalisch und erzog ihn „zum Ungehorsam“, während seine Mutter Dorothea ihm die Poesie ans Herz legte. Und so ist es Erich Mühsam, den Wecker mit dem Gedicht „Die Seele des Kindes“ zitiert, um dann zu betonen: „Wir sollten von den Kindern lernen, liebevollere Menschen zu werden.“

Überhaupt bricht der Musiker, Autor und Pianist eine Lanze für die Zärtlichkeit. Plädiert dafür, Hass durch Liebe zu überwinden, mit den Schreihälsen das Gespräch zu suchen. Der Abend ist so letztlich nicht mehr nur Soundtrack eines engagierten Lebens, sondern politisches Statement gegen Faschismus, Ausgrenzung und Krieg.

Grausig ist die eingespielte Tonaufnahme, in der der jüdische Dramatiker Ernst Toller von seinen traumatischen Erfahrungen in französischen Schützengräben des Ersten Weltkriegs berichtet – im Saal ist das Entsetzen der Zuhörenden zu spüren. Natürlich darf das Lied „Sage nein!“ von 1990 da nicht fehlen.

Ganz zum Schluss steht das Publikum auf für einen, der mit leisen Tönen über mehr als fünf Jahrzehnte hinweg Großes zu sagen hatte. Und immer noch hat.