AboAbonnieren

Bürgerbusse in OberbergTrägervereine sorgen sich wegen des 9-Euro-Tickets

Lesezeit 5 Minuten
Neuer Inhalt

In Oberbergs Bürgerbussen muss das Neun-Euro-Ticket akzeptiert werden.

Oberberg – An Bord eines Bürgerbusses Oberbergs Reize erleben und an Attraktionen wie Schloss Homburg, dem Affen- und Vogelpark oder dem Naturerlebnispark Panarbora Halt machen: Das geht ebenfalls mit dem neuen Neun-Euro-Ticket, denn dieses gilt auch im ehrenamtlich organisierten Linienverkehr. Wer aber mit dem Fahrschein aus einem Bürgerbus in einen Bus der Ovag umsteigen will, der kommt damit nicht weit: Im Liniennetz des Verkehrsverbundes Rhein-Sieg (VRS), zu dem der Oberbergische Kreis gehört, haben diese Tickets keine Gültigkeit.

Damit drohen den Trägervereinen bis Ende August, so lange soll es das Neun-Euro-Ticket geben, zumindest vorübergehend finanzielle Einbußen, mehr Arbeit macht es den Vereinen aber schon heute. Gerade will bei Rolf Peuster das Telefon nicht stillstehen: Der Gummersbacher ist Geschäftsführer des nordrhein-westfälischen Dachverbandes Pro Bürgerbus.

Vereine sollen ab sofort Strichlisten führen

„Wir haben die Vereine angewiesen, Strichlisten zu führen und Fahrgäste mit dem Neun-Euro-Ticket monatlich zu erfassen, damit sie dafür dann eine Erstattung fordern können“, führt Peuster aus.

Doch wie die Vereine schließlich an ihr Geld kommen und wer es ihnen wann auszahlt, das sei noch völlig unklar. Denn Peuster sieht auch die großen Verkehrsunternehmen in finanzieller Bedrängnis wegen der drastisch gestiegenen Spritpreise und des Fahrgastschwundes während der Corona-Pandemie. „Aber für diese Unternehmen gibt es Rettungsschirme.“

Ovag bietet ihre Unterstützung an

Inhaber der Konzession für den Nahverkehr im Kreis ist die Ovag, die zudem per Vertrag Betreuungspartner für alle elf Bürgerbusvereine in Oberberg ist. Dort kündigt Geschäftsführerin Corinna Güllner Hilfe an. Sie betont jedoch auch: „Die Bürgerbusvereine wirtschaften sehr selbstständig, haben zum Beispiel ihre eigenen Tarife. Damit sehen wir sie eigentlich in der Verantwortung, die Anträge auf Ausgleich selbst auf den Weg zu bringen.“

Ovag hat ab Sonntag neuen Fahrplan

Zusätzliche Fahrten, verlängerte Zeiten und geänderte Takte: Ab Sonntag fährt die Oberbergische Verkehrsgesellschaft (Ovag) nach neuem Fahrplan. So steuern die Busse der Linien 318 (ab Bahnhof Gummersbach) und 380 nun auch stündlich die Agger- und die Genkeltalsperre an, die „Bade-Linie“ 380 (ab Bergneustadt) fährt bis an die Sperrmauer der Aggertalsperre. Dieses Angebot, so die Ovag, solle eine stress- und autofreie Anreise ohne Parkplatzsuche am Ausflugsziel ermöglichen. Die Fahrzeuge der Linie 318 halten zudem in der Nähe des Naturfreibades Bruch.

Zudem möchte die Ovag ihren im November 2021 gestarteten Rufservice „Monti“ ausweiten: Verfügbar war dieser Taxidienst bisher im Stadtzentrum von Wiehl sowie in Drabenderhöhe, jetzt kommen die Ortschaften Bielstein, Ober- und Unterbantenberg, Weiershagen, Forst und Hückhausen hinzu. Feste Routen oder Abfahrtszeiten gibt es bei Monti nicht, die Fahrzeuge, die wie Londoner Taxis aussehen, fahren auf Bestellung und bedienen nun mehr als 100 Haltestellen. Die Buchung erfolgt über die App oder eben das Telefon unter (02261) 91 12 71.

Weitere Änderungen betreffen dem Unternehmen zufolge die Linien 301, 302 und 361 mit zusätzlichen Verbindungen und erweiterten Fahrzeiten. Änderungen bei den Zeiten und Takten gebe es zudem, meist nur um Minuten, auf diesen Linien: 303, 304, 307, 308, 325, 333, 339, 361, 363 und 364.

Nach dem Umzug der IHK-Geschäftsstelle heißt die Haltestelle „Gummersbach IHK“ (303, 318, 363, 364) ab sofort „Gummersbach Yorckstraße“. (höh)

www.ovaginfo.de/fahrplanwechsel

Auch seien die Vereine verpflichtet, Verluste nachzuweisen. Güllner: „Dabei zählt nicht die Zahl weniger verkaufter Tickets, sondern allein die Summe, die am Ende in der Kasse fehlt.“ Und Statistiken müssten die Vereine ohnehin führen, um damit für Fahrscheine mit VRS- und NRW-Tarif – auch die gelten in den Bürgerbussen – Ausgleichspauschalen zu erhalten.

Der Engelskirchener Bürgerbusverein hat bereits reagiert und den Preis für das eigene Monatsticket von 25 auf nun neun Euro gesenkt. „So wollen wir unseren Kundinnen und Kunden entgegenkommen und sie nicht benachteiligen“, erklärt Geschäftsführer Josef Hess, der zudem Sprecher aller Bürgerbusvereine in Oberberg ist. Und die berichten ausgerechnet jetzt von einem sehr angespannten Verhältnis und vielen Konflikten mit der Ovag. „Wir fühlen uns vernachlässigt, die Ovag kommt ihren vertraglich vereinbarten Pflichten nicht nach“, sagt Hess. „Und ständig gibt es Knatsch.“

Krisensitzung am kommenden Mittwoch

Am Mittwoch, 15. Juni, kommen Vertreter aller Vereine im Engelskirchener Rathaus zu einer Krisensitzung zusammen, bei der sie gemeinsame Positionen formulieren und ein Vorgehen festlegen wollen – auch in Sachen Neun-Euro-Ticket.

Die meisten Fahrgäste sind Stammkunden

Dieses ist zumindest schon in Waldbröl zum Einsatz gekommen, das schildert Michael Jaeger vom örtlichen Trägerverein. „Aber die Zahl der Fahrgäste mit diesem Ticket ist bisher noch sehr überschaubar – und damit auch die Summe, die uns fehlt.“ Lange Warteschlangen an den Haltestellen in der Marktstadt erwarte er wegen des Neun-Euro-Tickets nicht unbedingt: „Die meisten unserer Fahrgäste sind Stammkunden, die sowieso nur in Waldbröl unterwegs sind.“

Das könnte Sie auch interessieren:

Ebenso wenig sieht Helmut Gelhausen, Vorsitzender des Bürgerbusvereins in Nümbrecht, eine Konkurrenz im neuen Ticket: „Auch wenn sich das durchaus für schöne Touren durch unsere Gemeinde anbietet, beschert es uns wohl nicht wesentlich mehr Fahrgäste.“ Johannes Heister vom Reichshofer Bürgerbusverein denkt ähnlich: „Wir sind aber darauf eingestellt, dass Fahrgäste mit dem Neun-Euro-Ticket kommen.“

Lindlar zählt bereits viele Fahrgäste mit neuem Billett

Für den Lindlarer Bürgerbus berichtet derweil Schriftführer Markus Lücke, dass bereits fast 40 Passagiere und Passagierinnen nach dem Start des Neun-Euro-Tickets diesen vergünstigten Fahrschein bereits vorgezeigt hätten. Sein Verein rührt übrigens kräftig die Werbetrommel für Ausflugsfahrten mit dem Bürgerbus durch die Gemeinde.