Cyberangriffe auf KommunenDatendiebe haben immer öfter Verwaltungen im Visier
Wipperfürth/Lindlar – Kriminelle, die die Computernetzwerke von Kommunen und Unternehmen mit Schadsoftware angreifen. Das Ziel: Daten abzugreifen, diese zu verschlüsseln und dann hohe Summen zu erpressen. Das ist in Deutschland längst kein Einzelfall mehr. Erst vor wenigen Tagen wurden die Stadtverwaltungen von Witten und von Schwerin Opfer von IT-Angriffen, zeitweise waren sie nicht oder nur eingeschränkt erreichbar.
„Wir haben Alarmstufe Rot“, sagt Arne Schönbohm, Präsident des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zur aktuellen Situation. Am Donnerstag stellte das BSI seinen aktuellen Jahresbericht „Die Lage der IT-Sicherheit in Deutschland 2021“ vor – die jüngsten Angriffe in Witten und Schwerin tauchen darin noch nicht auf.
Doch auch so ergibt sich ein besorgniserregendes Bild. Im Zeitraum Juni 2020 bis Ende Mai 2021 wurden laut BSI täglich rund 394 000 Schadsoftware-Varianten bekannt, 22 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Die Anzahl der Seiten, auf denen gestohlene Daten der Öffentlichkeit für weitere Angriffe zur Verfügung gestellt wurden, wuchs im gleichen Zeitraum um 360 Prozent.
Über ereignete Cyber-Angriffe lägen keine Informationen vor, sie werden aber nicht ausgeschlossen
Die IT-Sicherheit und die Frage, wie sich Kommunen vor Cyberangriffen schützen können, sind ein höchst sensibles Thema. Groß ist die Sorge, das sich etwas wie im Landkreis Anhalt-Bitterfeld wiederholt. Dort hatten unbekannte Täter Daten abgegriffen und verschlüsselt, der Landkreis musste daraufhin den Katastrophenfall ausrufen. Und so gibt man sich im Lindlarer und Wipperfürther Rathaus sehr bedeckt, zu Details möchte man sich nicht äußern.
„Erkenntnisse über vermeintliche oder tatsächliche Hackerangriffe auf die Gemeinde Lindlar liegen mir nicht vor. Ich schließe nicht aus, dass es – so wie bei anderen Kommunen – bereits verschiedentliche Versuche gegeben haben könnte“, so Michael Eyer, Beigeordneter der Gemeinde Lindlar. Einen hundertprozentigen Schutz gegen Hackerangriffe könne und werde es nicht geben. Gemeinden würden sich deshalb bei notwendigen IT-Dienstleistungen verstärkt zertifizierter Rechenzentren bedienen. „Größere IT-Dienstleister verfügen naturgemäß über entsprechende personelle Ressourcen, die sich auch mit dem Thema IT-Sicherheit befassen“, sagt Eyer. Die Stadt Wipperfürth hatte, nach Anfrage unserer Zeitung, mit dem Lindlarer Rathaus Kontakt aufgenommen und teilte gestern Nachmittag eine identische Erklärung mit. Die Gemeinde Lindlar habe eine Versicherung gegen Cyberangriffe abgeschlossen, so Michael Eyer.
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Nach Recherchen des Bayerischen Rundfunks und der Wochenzeitung „Die Zeit“ stehen Kommunen und Kreise schon lange unter Beschuss von Cyberkriminellen, ebenso wie Unternehmen. Experten gehen zudem davon aus, dass die Verlagerung der Arbeit ins Homeoffice während der Corona-Pandemie weitere Angriffspunkte geschaffen hat.