Viel los beim ChristkindMehr als 150.000 Briefe landen in Engelskirchener Postamt
Engelskirchen – Vielleicht wird in vielen Jahren eine Oma mal ihren Enkeln davon erzählen, wie sie damals, im Jahr 2020, als sie noch klein war, dem Christkind ihren Wunschzettel geschickt hat. „Ich wünsche mir, dass Corona bald weg ist, aber ich glaube, das kannst du nicht erfüllen“, hat sie geschrieben. Angeheftet an den Brief ist ein Mund-Nasen-Schutz, mit Glitterherzchen handverziert, „nicht benutzt“, versichert die Absenderin. 130 000 Briefe aus aller Welt haben das Christkind und seine fleißigen Helfer in der Engelskirchener Christkindpostfiliale in diesem Jahr schon beantwortet.
Der Nachschub reißt nicht ab. Kistenweise kommt die Christkindpost in den Räumen am Engels-Platz an. Mitten in der globalen Corona-Pandemie scheint es viele zu drängen, sich ans Christkind zu wenden. „Wir steuern auf einen neuen Rekord zu“, sagt Post-Sprecherin Britta Töllner. 20 000 Antwort-Briefe mussten nachgedruckt werden. „Wir rechnen damit, dass dieses Jahr erstmals mehr als 150 000 Briefe eingehen.“ 2019 waren es 130 000.
Playmobil steht hoch im Kurs
Schon Mitte vergangener Woche konnte Birgit Müller, die seit 29 Jahren in der Christkindpost-Filiale hilft, den Boom absehen – da waren schon 15 000 Zuschriften mehr als zum gleichen Zeitpunkt im letzten Jahr eingegangen. „Es ist wahnsinnig viel zu tun“, schildert die Engelskirchenerin. Weltweit wenden sich die Menschen ans Christkind.
„Die asiatischen Länder sind wieder ein Schwerpunkt, auch aus Belarus kommt viel“, sagt sie. „Und heute kam ein Brief aus Tahiti.“ Die wenigsten Briefe haben keinen Bezug zur Pandemie, hat Müller festgestellt. „Die Kinder fragen das Christkind: Kannst du auch krank werden? Trägst du auch eine Maske?“ Ein Kind klagt: „ Wie geht’s euch da oben? Hier unten ist nur noch Corona.“
Ganz viele schreiben: „Mach das Virus weg, ich möchte keine Maske mehr tragen müssen. Mach, dass Oma und Opa gesund bleiben!“ Birgit Müller findet das traurig. „Was mich erschüttert ist die Angst der Kinder. Sie schreiben, dass sie so gerne mit Oma und Opa Weihnachten feiern würden, aber Angst haben, sie anzustecken.“
Wunsch nach mehr Zeit mit Freunden
Generell liest man in diesem Jahr deutlicher weniger vom Wunsch nach mehr Zeit mit der Familie. Das Bedürfnis scheint nach den vielen „Bleibt-Zuhause-Kampagnen“ in Corona-Zeiten nicht mehr zu bestehen. Im Trend liegt vielmehr der Wunsch nach mehr Zeit mit Freunden. „Das ist ein Riesenthema“, sagt Birgit Müller, „etwa der Wunsch, wieder spielen zu können oder schwimmen zu gehen.“
Aber es ist jetzt auch nicht so, dass wegen Corona gar keine materiellen Wünsche beim Christkind ankommen. Klassiker wie Lego und Playmobil stehen immer noch hoch im Kurs, Bücher, Spiele, Anziehsachen ebenso, Babyborn-Puppen, Kidizoom-Kameras – und auch mal „ein Baum, der wächst“.
Und auch, wenn die Wünsche insgesamt bescheidener ausfallen als früher, tauchen auch Smartphones und die Playstation auf den Wunschzetteln auf. Oder ein Vier-Meter-Teddy. Ein Junge schreibt: „Ich wünsche mir, dass ich Millionär werde, wenn ich groß bin.“ Was das Christkind vor eine ähnlich große Herausforderung stellen dürfte wie die Bitte um „ganz viel Schnee“.
Post für eine 100-Jährige
Leichter ist da schon der Wunsch eines älteren Herrn zu erfüllen, der dem Christkind schrieb: „Meine Cousine ist am 7. Dezember 100 Jahre alt geworden. Sie lebt seit mehr als 70 Jahren in Amerika und würde sich sehr über einen Brief vom Christkind aus Deutschland freuen.“
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„Wir haben viel zu tun, und dabei müssen wir die Corona-Bedingungen natürlich auch einhalten, das macht in diesem Jahr alles ein bisschen aufwendiger“, erklärt Birgit Müller. 22 Helfer – also sechs mehr als in den vergangenen Jahren – gehen dem Christkind in Engelskirchen zur Hand – und das noch bis Mittwoch.
Besondere Briefe landen an der großen Pinnwand
Zwar bleibt während der Schicht keine Zeit zum Schmökern, aber besondere Briefe landen an der großen Pinnwand. „Liebes Christkind, hoffentlich bleibst du gesund!“ – „Du siehst aus wie eine Prinzessin.“ – „Gibt es Rudolf, das Rentier, wirklich?“ Oder: „Ich weiß, dass ich echt gemein war dieses Jahr zu allen, aber ich bitte dich trotzdem, mir einen Wunsch zu erfüllen: ein Kuscheleinhorn.“
Und dann ist da noch so eine Ahnung, die Britta Töllner in diesem Jahr hat: „So oft wie noch nie schreiben die Kinder dem Christkind, dass sie im Dezember ein Geschwisterchen erwarten.“ Und sie fragt sich, ob es da vielleicht einen Zusammenhang gibt mit dem ersten Lockdown im März, vor neun Monaten.