Die Initiatoren des Bürgerbegehrens zur Zukunft der Alten Bücherfabrik Jaeger in Engelskirchen-Ründeroth hatten zu einer Begehung eingeladen.
200 InteressierteInitiatoren des Bürgerbegehrens luden zur Begehung der Alten Bücherfabrik
„Wir haben jetzt die Möglichkeit, ein tolles Projekt anzustoßen“, erklärte Christoph Gissinger, einer der Initiatoren des Bürgerbegehrens zur Zukunft der Alten Bücherfabrik Jaeger in Ründeroth, vor rund 200 Interessierten, die sich am Samstagmittag in der Alten Bücherfabrik eingefunden hatten. Neben einem Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) soll dort eine Veranstaltungshalle für rund 500 Leute entstehen. „Wir brauchen 1500 Unterschriften für ein Bürgerbegehren – derzeit haben wir 1434.“ Das dürften allerdings nicht beliebige sein, jede würde einzeln vom Bürgerbüro geprüft.
Um den Bürgern eine Vorstellung zu geben, wie das Areal zukünftig einmal genutzt werden könnte, führte sie Bauamtsleiter Michael Advena durch die größtenteils leerstehenden Räume. Er schilderte, dass sich die Fabrik Mitte des 19. Jahrhunderts aus einem Schreibwarenladen entwickelt habe, dessen Inhaber aufgrund des guten Absatzes von Geschäftsbüchern beschlossen habe, diese selbst zu fertigen. Das Ursprungsgebäude aus Grauwacke ist von der Oststraße aus zwischen den Anbauten aus Ziegelsteinen auch heute noch gut zu erkennen.
Für Wirtschaftlichkeit soll zusätzlich vermietbare Fläche eingeplant werden
Für die Nutzung der seit rund zehn Jahren leerstehenden Räumlichkeiten mit einer Bruttogeschossfläche von 11 000 Quadratmetern sei ein Architektenwettbewerb ausgeschrieben worden, an dem sich zwölf Büros beteiligt hätten. Allerdings sei im August vorigen Jahres eine Umplanung erfolgt, um die gestiegenen Baukosten und Zinsen zu berücksichtigen. Zur Erhöhung der Wirtschaftlichkeit sei daher zusätzlich vermietbare Fläche eingeplant worden, anstelle des Parkplatzes solle es nun ein Parkhaus geben. Die Pläne sollen demnächst noch einmal im Engelskirchener Rathausfoyer ausgestellt werden.
In der untersten Ebene des der Straße zugewandten Gebäudes soll ein barrierefrei zugänglicher Einzelhandel für medizinische Produkte einziehen, etwa Orthopädieschuhmacher, Augenoptiker, Hörgeräteakustiker oder auch ein Fitnessstudio. Eine zentrumsrelevante Grundversorgung sei nicht denkbar, da das mit dem Einzelhandelskonzept der Gemeinde nicht vereinbar wäre. Das Untergeschoss des dreietagigen Fabrikationsgebäudes, das derzeit von der Flüchtlingshilfe genutzt wird, soll bestehen bleiben, ebenso die historische Fassade.
Die darüber gelegene Etage sei für ein kommunales MVZ vorgesehen, einer Praxisgemeinschaft mit gemeinsamer Verwaltung. Hierfür hätten schon mehrere Ärzte Interesse bekundet. Wolfgang Brelöhr, Vorsitzender des Kreisgesundheitsausschusses, betonte dabei den kommunalen Charakter des geplanten MVZ: „Es wird hier kein Heuschrecken-MVZ geben, das der Profitgier von Finanzinvestoren dient.“ Eine Ebene höher könne etwa eine Tagespflege für Demenzkranke angesiedelt werden, berichtete Advena.
Rat hatte mehrheitlich die Bewerbung und Fördergelder abgelehnt
Bei der Führung durch das Nachbargebäude, dem ehemaligen Verwaltungstrakt aus den 20er Jahren, erklärte er, dass dort etwa die Tafel, der Ründerother Heimatverein und die Bücherei unterkommen könne. In Richtung des Parkhauses sei der Versammlungsraum für bis zu 499 Personen geplant. Durch die Entfernung des Bodens und die Einbeziehung des Untergeschosses des von Leimbindern säulenfrei überspannten Saals ergebe sich eine Raumhöhe von etwa sechs Metern.
Advena schilderte, dass im Falle der Beantragung des A-Stempels bis zum 30. September und einer Bewilligung im nächsten Frühjahr die Planung noch in 2024 beginnen könne. Bei einem Baubeginn 2025 sei mit der Fertigstellung zwischen Ende 2026 und Anfang 2027 zu rechnen. Er berichtete, dass die Schätzungen des Projektvolumens von derzeit 35 bis 42 Millionen Euro bis Ende Januar durch ein Fachbüro konkretisiert würden. Durch die Städtebauförderung seien die öffentlich nutzbaren Bereiche für Versammlungsraum, Bürgerzentrum, Bücherei und Parkhaus zu 60 Prozent förderfähig. Im Falle der Erteilung des A-Stempels würden auch die bisher angefallenen Planungskosten von 170 000 Euro in gleicher Höhe subventioniert.
„Das Bürger- und Begegnungszentrum und die Bergische Gesundheitsmanufaktur sollte der Gemeinde einen jährlicher Zuschuss von rund 300 000 Euro wert sein“, sagte Christoph Gissinger. Nach aktuellem Stand gebe es Interessenten für 80 Prozent der vermietbaren Flächen. Derzeit koste der Unterhalt der Gebäude etwa 40 000 Euro im Jahr, ohne dass dadurch dem weiteren Verfall Einhalt geboten wäre.
Zum Hintergrund: Eine knappe Mehrheit aus CDU, Grünen und FDP hatte im Rat beschlossen, die Gemeinde solle sich erst gar nicht um den A-Stempel der Regionale 2025 und somit um Fördergelder bewerben. Ihre Ablehnung begründeten die drei Fraktionen in erster Linie damit, dass sie die Finanzierbarkeit bezweifeln.
„Ohne das Bürgerbegehren wird das zu einer Ruine“, betonte Christoph Gissinger bei der Begehung am Samstag. Er und sein Team wollen noch bis Ende Januar Unterschriften sammeln und sie dann der Gemeinde vorlegen.