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„Erschließung nicht vor 2023“Viel Interesse an Informationsabend zu Neubau in Lindlar

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Baukräne (Symbolbild).

Lindlar – Das an der Jugendherberge geplante Neubaugebiet bewegt Menschen aller Altersgruppen – zumindest das steht am Dienstagabend fest. Rund 220 Anwohnerinnen und Anwohner kommen zur Informationsveranstaltung in das Kulturzentrum am Wilhelm-Breidenbach-Weg, bei der Rathaus und die gemeindeeigene BGW (Bau-, Grundstücks- und Wirtschaftsförderungs-GmbH) die aktuellen Pläne vorstellen.

Knapp drei Stunden lang berichten Fachleute über das neue Konzept, das auf dem Areal statt einer reinen Einfamilienhaus-Siedlung eine Mischform mit Reihenhäusern und bis zu dreigeschossigen Mehrfamilienhäusern vorsieht (wir berichteten). Den Auftakt macht Planer Florian Geddert, der den Rahmen der Alternativpläne für das Neubaugebiet skizziert.

Zwischen 60 und 72 Einfamilienhäuser

Danach bilden – je nach Variante – zwischen 60 und 72 Einfamilienhäuser den äußeren Rand der neuen Wohnbebauung. Reihen- und Mehrfamilienhäuser befinden sich im Zentrum des Quartiers, umringt von einem „grünen Band“ aus Mietergärten und Parks. Am nordwestlichen Rand – der heutigen Kreuzung von Hellinger und Alsbacher Straße – ist ein Kindergarten vorgesehen, gleich nebenan soll das „Townhaus“ als Treffpunkt mit Bäckerei und Tante Emma-Laden entstehen, damit die Neubürger für kleinere Besorgungen nicht ins Auto steigen müssen.

Die Böhler Straße soll bestehen bleiben – allerdings als „shared space“, in dem Fahrräder, Fußgänger und Lieferdienste Vorrang haben. Auf Betonwände soll verzichtet, Abgrenzungen durch Hecken und Bruchsteinmauern realisiert werden. Bei der Energieversorgung des gesamten Gebietes favorisiert die BGW aktuell Erdwärme über ein Sole-Netz, allerdings wird es keinen Anschlusszwang geben, wie BGW-Geschäftsführer Wolfgang Bürger auf Nachfrage klarstellt.

Bauplätze nicht nur für Lindlarer

Die Bürger hinterfragen die Notwendigkeit einer eigenen Bäckerei im Neubaugebiet und wer die zahlreichen öffentlichen Grünflächen künftig pflegen wird. Die Gemeinde komme schon bei der aktuellen Grünpflege nicht hinterher. Manche sprechen, vor allem mit Blick auf die mehrgeschossigen Bauten, von einem „Mammutprojekt der Politik“ und „Größenwahnsinn“. Andere halten die von Geddert skizzierte „fußläufige Erreichbarkeit der Einkaufsmöglichkeiten im Ortskern“ für unrealistisch, weil sowohl die Korbstraße als auch der Lange Hahn mit allerlei Tüten am Arm eine sportliche Herausforderung darstellten.

Am grundsätzlichen Bedarf des Neubaugebietes will Bürgermeister Dr. Georg Ludwig allerdings keine Zweifel aufkommen lassen. Nach wie vor gebe es eine stetig wachsende Zahl von Anfragen und zwar nach Baugrund für Einfamilienhäuser wie auch nach bezahlbaren Mietwohnungen, berichtet Ludwig auf eine Frage von Mathias Homberg von der Initiative „Lindlar-like“. Zwei Drittel der Anfragenden komme aus Lindlar oder wolle hierhin zurückkehren. „Wobei ich mich dagegen wehre, dass alle Grundstücke nur Lindlarern vorbehalten sein sollen – eine Kommune lebt auch vom Zuzug“, so der Bürgermeister.

Die Frage des Wassers und die Talstraße

Hitzig wird es beim zweiten Block, in dem Florian Roth vom Nümbrechter Büro Osterhammel die erste Erkenntnisse einer Starkregenrisiko-Analyse vorstellt. Viel Konkretes kann der Ingenieur noch nicht berichten. Sicher ist aber: Das Wasser aus dem Neubaugebiet muss hinab in Richtung Bolzenbach, eine andere Lösung gibt es nicht. Roth empfiehlt ein größeres Regenrückhaltebecken und den Einbau einer Technik, die die Ableitung verzögert. Werte von zehn Litern pro Sekunde aus dem Becken in Richtung Hellinger Bach machen die Runde. Roth stellt aber auch klar: „Gegen extremen Regen wie im Juli gibt es keine sichere Maßnahme. Hier nicht und anderswo auch nicht.“

Die Anwohner der Talstraße wollen das nicht hören. Aus dem Schwalbenweg kommen Einwände, zumindest Teile des betroffenen Gebietes seien lange als Feuchtgebiete bekannt. Roth räumt ein, dass der dortige Boden „nicht versickerungsfähig“ sei, das Grundwasser aber keine Probleme mache und es „bauliche Maßnahmen“ gebe, um gegenzusteuern. Wie genau die aussehen könnten, bleibt er den Zuhörern allerdings schuldig.

Verkehrsplanung mit 1000 zusätzlichen Autos

Als letzter Gutachter tritt Verkehrsplaner Richard Baumert im Kulturzentrum ans Rednerpult, um die Eckpunkte einer Verkehrsuntersuchung zu erklären, die allerdings noch aussteht. Dabei werde man an rund 20 Knotenpunkten die Auswirkungen des Neubaugebietes untersuchen, so Baumert. Und zwar nicht nur in der nächsten Umgebung, sondern zum Beispiel auch am Kreisverkehr Jugendherberge oder den Ampelkreuzungen im Ortskern. „Zusatzverkehr wird es geben, abhängig von der Zahl der Wohneinheiten bis zu 1000 Fahrzeuge mehr pro Tag“, sagt Baumert.

Bei der Planung die Schulen nicht berücksichtigtDass sich auf Nachfrage herausstellt, dass der Verkehrsplaner bislang von BGW und Rathaus weder über den beabsichtigten Ausbau der Grundschule Ost, noch über den Anbau des Gymnasiums informiert wurde, wirkt aus Sicht vieler Bürger zumindest unglücklich.

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„Es ist ein erster Aufschlag. Die Resonanz der Bürger wird sicherlich bei den Diskussionen innerhalb der Parteien eine Rolle spielen“, sagt der Bürgermeister, der mit einer Erschließung nicht vor dem Jahr 2023 rechnet. BGW-Geschäftsführerin Cordula Ahlers drängt darauf, dass die Politik in diesem Herbst zumindest die Aufstellung des Bebauungsplans beschließen möge – nachdem seit 2014 über das Neubaugebiet diskutiert wird. „Die Politik muss endlich miteinander sprechen und einen konkreten Kurs vorstellen“, zieht auch Christian Kleff, Sprecher von „Lindlar like“, ein Fazit.