„Geld nehmen, wo es sich stapelt“Linke-Kandidat Agu und Sevim Dagdelen in Gummersbach
Gummersbach – Das ungleich im Land verteilte Vermögen, benachteiligte Schulkinder aus armen Familien oder das sanktionierende Hartz-IV-System: Die Kernthemen seiner Partei hätte der Linke-Bundestagskandidat Diyar Agu gewiss auch alleine den Zuhörern unterhaltsam nahebringen können. Am Donnerstag aber stellte er eines der bundesweit bekannten Gesichter der Linken ins Rampenlicht. Sevim Dagdelen, Bundestagsabgeordnete und Mitglied des Auswärtigen Ausschusses, war in die Halle 32 nach Gummersbach gekommen, um Agu im Wahlkampffinale zu unterstützen.
Vielleicht lag es an der massiven Polizeipräsenz, dass sich weniger Besucher in den Saal trauten als erwartet. Die türkisch-stämmige Dagdelen steht unter strengem Personenschutz, weil sie sich regelmäßig kritisch zum türkischen Präsidenten Erdogan äußert. An diesem Abend jedoch ging es vor allem um soziale Gerechtigkeit. Vor rund 50 Zuhörern, unter ihnen viele aus der alevitischen Gemeinschaft, nahmen Agu und Dagdelen auf der Bühne Platz. Der junge Bundestagskandidat schlüpfte in die Rolle des Interviewers, überließ meist seiner erfahreneren Parteikollegin das Wort und schaltete sich nur ab und zu mit Wortbeiträgen ein.
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Dagdelen und Agu haben ihre Herkunft aus den Verhältnissen einer Arbeiterfamilie gemein, die beide zur Politik motiviert hat. Dass die 135 Milliardäre in Deutschland während der Pandemie ihr Vermögen um 100 Milliarden Euro hätten vergrößern können, ist für Dagdelen ein Beleg für ein ungerechtes Land. Jede Bundesregierung der vergangenen Jahrzehnte habe im Interesse der Reichen gearbeitet, auch die Schulpolitik sei „feudal“, sagte Dagdelen: „Der soziale Status der Eltern bestimmt nach wir vor über den Bildungsweg der Kinder.“ Es brauche Chancengerechtigkeit, auch bei der Arbeit. Dass Leiharbeiter für denselben Job schlechter bezahlt werden, gehöre abgeschafft. Ebenso wie Hartz IV, das Menschen demütige, sagte Dagdelen. Schlechter Verdienende müssten entlastet, Reiche stärker besteuert werden, fordert sie: „Wir müssen das Geld dort nehmen, wo es sich stapelt.“
Nach gut zwei Stunden verabschiedete Agu seine Kollegin. Am selben Tag besuchte die Spitzenkandidatin der Linken in NRW, Sahra Wagenknecht, ganz in der Nähe Sankt Augustin. Auch sie hatte Agu nach Oberberg eingeladen: „Aber leider hat sie es aus Termingründen nicht zu uns geschafft.“