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Gesellenprüfung in WaldbrölDer älteste Prüfling ist auch einer der besten

Lesezeit 3 Minuten

Mit bald 48 Jahren und ohne Ausbildung hat Ulrich Propach die Prüfung zum Zimmerer-Gesellen als einer der Besten gemeistert.

  1. Oft hat sich Ulrich Propach aus Waldbröl-Hufen gefragt, ob er mit den jungen Lehrlingen mithalten kann.
  2. Heute weiß er, dass er’s kann: Mit 48 Jahren hat Propach gerade als Zimmerer die Gesellenprüfung als einer der besten bestanden – und das ohne die entsprechende Lehre.

Hufen – Er wollte endlich wissen, was er draufhat. Und am liebsten auch ein Zeugnis dafür bekommen. Das ist gelungen: Gerade hat Ulrich Propach vor der Kölner Handwerkskammer die Prüfung zum Zimmerergesellen abgelegt – und das als der Zweitbeste unter den insgesamt 26 Prüflingen. Propach lebt im Waldbröler Weiler Hufen, ist bald 48 Jahre alt und hat vor jener Prüfung keine Ausbildung absolviert, jedenfalls nicht als Zimmerer. So weit, so kurios.

Als Zimmerer nebenberuflich arbeiten

Aber der Reihe nach und das gleich vorweg: Als Fachkraft für Abwassertechnik arbeitet er beim Gummersbacher Aggerverband. Und diesen Job würde er niemals aufgeben. „Der macht Riesenspaß“, betont Propach. Als Zimmerer möchte er allein nebenberuflich tätig sein und etwa jungen Leuten in der Sozial- und Jugendhilfe zur Seite stehen und mit ihnen arbeiten, wenn sie im Leben nicht mehr klarkommen. „Das habe ich früher schon gemacht, daran habe ich große Freude“, erzählt der Hufener, der für den handwerklichen Teil seiner Prüfung die Gesamtnote „Gut“ erhalten und die Theorie mit einem etwas schwächeren „Gut“ hinter sich gebracht hat.

In der Praxis war keiner besser

Dass angehende Gesellen zuvor keine Lehre absolviert haben, das sei gar nicht so ungewöhnlich und vom Gesetzgeber auch so gewollt, erklärt Arik Werle, Abteilungsleiter für Organisationsaufsicht, Bauprozessmanagement und die Lehrlingsrolle bei der Kölner Handwerkskammer. „Dafür ist aber der Nachweis notwendig, dass der Kandidat das Anderthalbfache der Ausbildungszeit im Beruf gearbeitet hat“, führt Werle aus. „Und das konnte Herr Propach ohne Probleme belegen.“ In der Praxis sei übrigens keiner der neuen Gesellen besser gewesen als er, allein in der Theorie habe ein anderer Prüfling eine höhere Bewertung erzielt. Dieses Ergebnis sei in der Tat ungewöhnlich, weiß Werle, zumal die meisten Bewerber eben eine gewöhnliche Lehre durchliefen.

Leidenschaft fürs Holz von Kindesbeinen an

Ulrich Propachs Lehrzeit beginnt, wenn man so will, schon in der Kindheit und in der Maler- und Glaserwerkstatt von Vater Karl-Wilhelm. „Wann immer es etwas mit Holz zu tun gab, war das irgendwann nur noch meine Aufgabe“, schildert Propach, der am liebsten mit Eiche werkelt und den die Leidenschaft fürs Holz seither nie losgelassen hat.

Vor der Prüfung zum Gesellen hat der Vater von drei erwachsenen Kindern Freizeit und Urlaub dem Büffeln geopfert, mit dem 26 Jahre jüngeren Garvin Yarwood aus Waldbröl hat er in jeder freien Minuten an den Arbeitsbänken in der heimischen Werkstatt geschuftet oder sich Rat geholt bei Zimmerer-Meister Kai Felix Müller und dessen Kollegen in Heide. „Wir sind so etwas wie eine Handwerkerfamilie.“

Vieles war dann doch Neuland

In der eigenen Werkstatt entsteht manches Stück, da baut er zum Beispiel Carports und Vordächer. „Aber Dinge wie Fachwerksanierung, Treppenbau oder die Bekämpfung von Schädlingen waren für mich Neuland“, sagt Ulrich Propach mit Blick auf die Prüfungsthemen. Allein ein zweiwöchiger Lehrgang im Ausbildungszentrum Butzweilerhof hat ihn darauf vorbereitet.

In Waldbröl hat er die Realschule besucht, dann an der Rheinischen Akademie in Köln das Fachabitur erworben und den Beruf des Biologisch-Technischen Assistenten erlernt. „Eigentlich wollte ich Lehrer für Mathe, Biologie und Sport werden – als es aber so weit war, waren so viele Lehrer arbeitslos.“ Also sei er vor 26 Jahren beim Aggerverband in die Ausbildung zum Ver- und Entsorger, heute Fachkraft für Abwassertechnik, gegangen.

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Mit dieser Entscheidung sei er heute noch sehr glücklich, unterstreicht Propach, der vor mehr als zwei Jahrzehnten die Arbeit mit Holz zum Nebengewerbe gemacht hat. Als Königsdisziplin der Zimmerei gilt übrigens das Schiften, das aufwendige Herstellen einer speziellen Dachform. „Vor der Prüfung habe ich mich tausendmal gefragt, ob ich das alles hinbekomme“, erinnert sich Ulrich Propach. Doch ausgerechnet ein Gratsparren, ein weiterer Teil einer Dachkonstruktion, gerät ihm bei seinem Abschluss unter die Finger. „Das alles kommt mir vor wie ein Traum.“ Und jene Frage ist längst beantwortet.