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100 Jahre AggerverbandGewässer in Oberberg müssen ständig gepflegt werden

Lesezeit 4 Minuten
100 Jahre Aggerverband

Regelmäßig müssen auch umgestürzte Bäume aus den Bächen und Flüssen geholt werden.

Der Aggerverband wird 100 Jahre alt. Das Jubiläum wird am Dienstag gefeiert. Unsere Serie stellt seine Aufgaben und Arbeit vor. Diesmal geht es um die Gewässerunterhaltung.

Zu den Aufgaben des Aggerverbands zählen nicht nur die Versorgung mit Trinkwasser und die Reinigung von Abwässern, er kümmert sich auch um Bäche, Flüsse und den Betrieb der Wiehl-, Agger- und Genkeltalsperre. Da das einschließlich Erosionsschutz, Gehölzpflege, Räumung bei Verstopfungen und Renaturierungsmaßnahmen in dem rund 1100 Quadratkilometer großen Verbandsgebiet eine recht umfangreiche Angelegenheit ist, seien im Sektor „Fließgewässer“ auch etwa 40 Mitarbeiter tätig, schildert Axel Blüm, Leiter des Vorstandsbüros.

Dieser Sektor gliedert sich in die Teilbereiche Gewässerunterhaltung, Gewässerentwicklung und Hochwassermanagement, die aber nicht scharf zu trennen seien. Das Team betreut rund 3000 Kilometer Fließgewässer im Verbandsgebiet, erklärt Wim Dissevelt, Abteilungsleiter Talsperren und Fließgewässer. Dazu kommen etwa 9000 Durchlässe und Verrohrungen von 400 Millimeter Durchmesser bis zu Trapezprofilen deutlich über zwei Meter Höhe, wie etwa die „Gummersbach-Verrohrung“ unter dem Steinmüller-Gelände.

Aggerverband:Totholzkataster mit 250 Einträgen

Ebenso, wie es ein Totholz-Kataster mit mehr als 250 Einträgen gebe, seien auch sämtliche Verrohrungen erfasst und klassifiziert. Die kritischen würden im Rhythmus von acht Wochen und sofort bei oder nach einem Starkregenereignis kontrolliert. In dieser Woche war Skendel Heta mit seinem Acht-Tonnen-Bagger an der Agger in der Nähe des Klärwerks Ehreshoven unterwegs. Auf Anweisung von Betriebsbereichsleiter Jörg Rudolph holte der Baggerfahrer mit der Greifzange zunächst einen Baum aus dem Wasser, der in den Fluss gefallen war. Nach der Grobentastung platzierte er den Stamm mit geschickten Bewegungen des Hydraulikarms wieder so in der Agger, dass der Wurzelballen zwischen zwei benachbarten Bäumen festklemmt und ein Fortschwimmen unmöglich ist. „Sturzbäume sind ein echtes Problem – und ein Segen“, betont Karl Zimmer, ebenfalls Betriebsbereichsleiter in der Gewässerunterhaltung.

Bei der Esche sei es das Triebsterben, das den Baum schädige, bei den Erlen habe die Pilzart „Phytophthora“ in den letzten Jahren zu einem Absterben vieler Bäume entlang der Gewässer geführt. Kritisch sei das, wenn sich flussabwärts Brückenbauwerke befinden, die durch die Bäume „verlegt“ werden könnten. Deshalb würden die Stämme im Wasser gelassen, aber an Bäumen, zur Not auch an einem Stein mit einem Seil fixiert. „Wir sägen Sturzbäume nur dann klein und entfernen sie, wenn es gar nicht anders geht“, erklärt Dissevelt den Sinn dieser Maßnahmen.

Gewässer wurden in den 1970er Jahren massiv ausgebaut

In den 60er und 70er Jahren seien die Gewässer massiv ausgebaut worden, was zu einem starken Rückgang der Artenvielfalt geführt habe. Durch einen Baumstamm im Wasser gebe es stetige Umstrukturierungen der Gewässersohle, was nicht nur Abbauprozesse fördere: „Durch die Veränderungen des Fließverhaltens entsteht ein lebendiges Biotop mit neuen Habitaten für Mikroorganismen und Kleinstlebewesen – und Fische finden einen Unterstand.“ Aufmerksam beobachtet Dissevelt die Einflüsse des Klimawandels.

So seien während der Trockenphase in den Sommern der letzten Jahre mehrere Bäche trockengefallen. Er befürchtet, dass während einer längeren Dürre auch kleinere Flüsse wie die Othe austrocknen könnten. Auch deshalb sei eine strukturreiche Sohle von großer Bedeutung: „In Kolken etwa haben Fische zumindest für einige Zeit eine Zuflucht.“ Während der Sommerhitze sei vor allem die Beschattung durch ein dichtes Blätterdach sehr wichtig: „Ab 20 Grad Wassertemperatur wird es für die Bachforelle kritisch.“

Im Winter dagegen gebe es mehr Wasser als früher. Bei Starkregenereignissen seien Hochwasserrückhaltebecken von großer Bedeutung, doch sei es schwierig, neue zu bauen, da sich die Anlieger häufig querstellten. Auch das Talsperrenmanagement habe sich den veränderten Bedingungen anpassen müssen. So sei es wichtiger geworden, für trockenere Sommer vermehrt Wasser vorzuhalten, auf der anderen Seite dürfe auch nicht die Pufferwirkung verloren gehen, da bei einem Überlauf der Talsperre die Abgabe unkontrolliert erfolge.


Meilensteine der Wasserwirtschaft

Die Gründung des Aggerverbands geht auf den Bau der Aggertalsperre zurück. Maßgeblichen Anteil an deren Bau hatte der Gummersbacher Industrielle Bernhard Krawinkel. Dieser sah sich in den 1920er Jahren erbitterten Widerständen in der Gummersbacher Politik ausgesetzt, ehe es im Mai 1924 dann zur Gründung der Aggertalsperren-Genossenschaft kam. Krawinkel wurde zu deren Vorsteher gewählt. Tausende Menschen arbeiten an dem Bau der Talsperre, ehe diese im Oktober mit etwas Verspätung angestaut werden konnte.

Der Bau der Aggertalsperre gilt bis heute als ein Meilenstein in der Wasser- und Wasserkraftwirtschaft in der Region. In den Folgejahren wurde das Gewässer auch immer mehr für die Freizeit genutzt. Legendär sind bis heute Bilder von Ausflugsschiffen und einem Wasserflugzeug, das auf dem Gewässer landete. Im Jahr 1943 wurde die Genossenschaft umgewandelt in den „Wasser- und Bodenverband Aggerverband“. Zu dessen Aufgaben gehörten seitdem die Regelung der Wasserführung durch Bau und Betrieb von Talsperren und Stauweihern, die Reinhaltung der Wasserläufe durch Bau und Betrieb von Kläranlagen, der Ausbau und Unterhaltung der Wasserläufe und die Bereitstellung von Trink- und Brauchwasser.

Der Bau des Wasserwerks Erlenhagen und der Beginn der Trinkwasseraufbereitung in den Jahren 1948/49 war ein weiterer Meilenstein. Ab dem Jahr 1950 wurde mit dem Bau der Genkeltalsperre als Trinkwassertalsperre begonnen. Sie wurde 1953 in Betrieb genommen. Der 1967 begonnene Bau der Wiehltalsperre war nach dem Bau der Agger das zweite Großprojekt des Verbandes. 1973 war die Sperre fertig, 1975 war das Wasserwerk Auchel fertig.