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Einmaliges JubiläumGummersbacher Jochen Kraus pfeift das 2000. Spiel als Schiedsrichter

Lesezeit 3 Minuten
Zu sehen sind drei Männer, die jeweils einen Fußball in der Hand halten. 

Jochen Kraus (M.) mit Cem Sayilgan (l.), Chef der bergischen Schiedsrichter, und Frank Schmidt, Abteilungsleiter Fußball der DJK Gummersbach, auf dem Rasenplatz in Strombach.

Seit weit über 40 Jahren steht Jochen Kraus (76) auf dem Rasen. Dabei wollte er gar nicht Schiri werden.

Wenn Jochen Kraus als Schiedsrichter gesetzt ist, kann die Anreise auch mal länger dauern. Von Navigationsgerät und Smartphone hält der 76-Jährige nicht viel, er vertraut lieber der Landkarte. Dazu bringt er die wahrscheinlich größte Erfahrung mit, die ein Unparteiischer im bergischen Fußball jemals vorweisen konnte.

Ganz akribisch hat Kraus seine Einsätze zwar nicht gezählt – es spricht aber einiges dafür, dass er am Sonntagmittag mit dem Duell der Derschlager Reserve gegen den TuS Homburg-Bröltal II seine 2000. Partie pfeift. Seit weit über 40 Jahren steht Kraus an den Wochenenden verlässlich auf dem Platz. Eine Zeitspanne, die offenbar selbst den Offiziellen vom Fußballverband Mittelrhein unglaublich erscheint. In den Statuten in Hennef ist die Ehrung für eine solche Leistung nicht vorgesehen – zumindest noch nicht.

Erster Einsatz am Tag nach der Schiri-Prüfung

Dabei ist das Ehrenamt mit Pfeife für Kraus anfangs alles andere als der große Traum. Geboren und aufgewachsen in Bonn, kommt er vor 50 Jahren nach Gummersbach und eröffnet einen Obst- und Gemüseladen an der Wilhelmstraße, der lange zum Stadtbild gehören wird. Nach Ladenschluss kickt er für die DJK Gummersbach – bis eine Wirbelsäulen-Verletzung seine Karriere abrupt beendet. Doch schon damals fehlen Schiris. „Der damalige DJK-Vorsitzende Harperath meldete mich kurzerhand zum Lehrgang an, die Prüfung bestand ich in Oberbantenberg“, erinnert sich Kraus noch gut.

Nur einen Tag später fehlt beim Spiel zwischen seiner DJK und Marienheide der Unparteiische. Kraus springt ein und feiert sein Schiri-Debüt. Seitdem pfeift und pfeift der Gummersbacher. Er steht mit der Bundesliga-A-Jugend auf dem Rasen und dirigiert die oberbergischen Klubs durch sämtliche Ligen. Als die DJK 2011 den neuen Platz in Strombach einweiht und eine Elf des 1. FC Köln anreist, ist er längst eine Legende und als Schiedsrichter gesetzt.

Dreimal vom Fußballkreis zum Comeback überredet

Dreimal erklärt Kraus seine Schiri-Laufbahn für beendet, dreimal überredet ihn der Fußballkreis Berg zur Rückkehr. „Hätten wir mehrere Freiwillige dieser Art, wären wir alle Sorgen los“, lobt Cem Sayilgan, Vorsitzender des hiesigen Kreisschiedsrichterausschusses.

Hätten wir mehrere Freiwillige dieser Art, wären wir alle Sorgen los.
Cem Sayilgan, Vorsitzender des Schiedsrichterausschusses im Fußballkreis Berg

Auf zwei Dinge baut Jochen Kraus seit seinem allerersten Spiel, um Knatsch auf und neben dem Platz zu schlichten: Gute Laune und eine Tüte Eisbonbons. Wer zu hart zutritt oder nörgelt, bekommt von Kraus eine Ermahnung und ein Klümpchen zugesteckt. „Bisher hat das noch jede Situation entschärft. Die Spieler grinsen breit und beruhigen sich sofort“, erklärt Kraus lachend.

Lange Zeit ist er deshalb auch der Mann für Spiele, in denen viel Treterei befürchtet wird. Partien zwischen türkisch und kurdisch geprägten Mannschaften beendet er zwar nie unter drei Roten Karten, doch beide Lager bestehen auf den Routinier. „Du bist ehrlich, das schätzen wir – so haben sie es immer gesagt“, erzählt Kraus.

Inzwischen pfeift der 76-Jährige, den die DJK bereits zum Ehrenmitglied machte, nur noch die Kreisliga C. Höher will er nicht mehr. Trotzdem läuft er um die sechs Kilometer pro Spiel. Sein neuester Spaß ist übrigens ein ernster Blick auf die Armbanduhr und die Ankündigung, er müsse den Video-Schiedsrichter sprechen. „Manche glauben das dann wirklich und suchen den Platz nach den Kameras ab“, amüsiert sich das Unikat.

Der nächste Rücktritt wird endgültig sein, das hat er angekündigt. Doch wann Jochen Kraus seine Pfeife tatsächlich an den Nagel hängt, weiß derzeit nur der liebe Gott. Der Bonbon-Vorrat ist jedenfalls noch gut gefüllt.