Faten Mukarker berichtete in Gummersbach im Gespräch mit Dr. Bernhard Wunder und Frank Bohlscheid über das Leben im Geburtsort Christi.
NahostkonfliktPalästinenserin sprach in Gummersbach über den Alltag in Bethlehem
„Leben in Bethlehem heute“ lautete das Motto eines Vortrags mit Diskussion am Donnerstag in der Halle 32. „Das ist bestimmt ein schwieriges Thema nach dem Anschlag der Hamas am 7. Oktober“, schätzte Frank Bohlscheid, Vorsitzender der Oberbergischen Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit (GCJZ), bei der Begrüßung der rund 60 Gäste ein, doch solle es nicht um eine politische Betrachtung der politischen Situation in der dortigen Region gehen.
„Integration war damals noch nicht erfunden“
„Alles wirkliche Leben ist Begegnung. Wenn wir aufhören, uns zu begegnen, ist es, als hörten wir auf zu atmen“, zitierte Dr. Bernhard Wunder, Leiter des Katholischen Bildungswerks, das die Veranstaltung gemeinsam mit der GCJZ organisiert hatte, den österreichisch-israelischen Philosophen Martin Buber. Gemeinsam mit Bohlscheid hatte er die Palästinenserin Faten Mukarker eingeladen, um über den Alltag im Geburtsort Christi zu informieren.
„Salam“, begrüßte die 68-jährige Araberin ihr Publikum und gab einen Einblick in ihre Lebensgeschichte. Sie sei zwar in Bethlehem geboren, doch sei sie schon im Alter von zwei Monaten mit ihren Eltern nach Alfter bei Bonn gezogen und habe dort ihre Kindheit und Jugend verbracht. Ihr Vater habe in der damaligen Regierungshauptstadt als Schriftsetzer für eine arabische Monatszeitschrift gearbeitet. In dem Dorf habe sie in zwei Welten gelebt: „Ich bin jeden Tag zwischen Deutschland und Bethlehem gependelt.“ Außer zur Schule habe sie nicht vor die Tür gedurft und sei arabisch erzogen worden. Ihre Mutter habe immer gesagt: „Die Ehre eines Mädchens ist wie Glas – einmal gesprungen kann man es nie mehr reparieren.“ Zu Hause wäre auch nur Arabisch gesprochen worden: „Integration war damals noch nicht erfunden.“
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Der Wunsch nach einem eigenen Staat neben Israel
Mit 19 Jahren sei die christlich-orthodoxe Familie nach Palästina gereist und sie habe dort gut eine Woche später geheiratet: „Ich habe Glück gehabt und einen guten Mann bekommen.“ Als sie eine deutsche Reisegruppe in Bethlehem dabei beobachtet habe, dass sie die Kirche wie ein Museum besichtigten, habe sie verdeutlicht, dass dort auch Leben und Gemeinschaft stattfinde. Damit sei sie auf reges Interesse gestoßen: „Ab da war ich ich Reiseführerin.“ Seit gut 20 Jahren reise sie auch regelmäßig nach Deutschland, um zu informieren: „Meine Landsleute und ich wünschen uns nichts sehnlicher, als ohne Angst, frei und selbstbestimmt in einem eigenen Staat neben Israel zu leben.“
In der Diskussion wurde es dann doch sehr politisch. Mukarker schilderte etwa, dass Israel die Existenz der Hamas, die auch bei vielen Palästinensern nicht beliebt sei, durch Unterdrückung und Hunger in der Bevölkerung fördere. Sie bedauerte die Ermordung des damaligen Ministerpräsidenten Jitzchak Rabin kurz nach dem Osloer Friedensvertrag: „Der Mann hat die Hoffnung auf Frieden mit ins Grab genommen – seitdem haben wir keinen guten Tag mehr gehabt.“ Ein Gast zog einen Vergleich der dortigen Situation zu Hitlers Umgang mit den Juden und erntete dafür empörte Reaktionen des Publikums.
Marion Reinecke, Vorsitzende des Freundeskreises Nümbrecht-Mateh Yehuda, betonte, dass unbedingt zwischen der Regierung von Benjamin Netanjahu und dem israelischen Volk unterschieden werden müsse. „Die Aufgabe ist, auf beiden Seiten die Extremen zu schwächen“, erklärte Faten Mukarker und ergänzte: „Die Zauberformel für das Fortbestehen der Völker heißt: Leben und Leben lassen.“