Jägerhof-HymneBergneustädter Komponist vertont Kultkneipe
Bergneustadt – Eigentlich wollte Joachim Kottmann die Hymne über den Jägerhof, die Bergneustädter Traditionskneipe, die sich demnächst zu einem Kulturzentrum und zur kommunikativen Drehscheibe im Herzen der Altstadt mausern soll, dichten und komponieren. Pünktlich zum Stadtgeburtstag wollte er sie vorstellen.
Dass es damit nicht ganz geklappt hat, liegt am eigenen Kopf einiger Bergneustädter, die kurzerhand selbst gedichtet und zum Teil sogar Melodien für ihre fertigen Strophen direkt mit dazu geliefert haben. Eigentlich hatte Kottmann mit der Jägerhof-Genossenschaft im Januar dazu aufgerufen, ihm Erinnerungen und Anekdoten zu schicken. „Was dann kam, hat das ganze Konzept umgeworfen“, erzählt der Musikpädagoge.
Umdenken angesagt
Als großer Freund von Partizipation wolle er unbedingt diese authentischen Beiträge erhalten und in die künftige Hymne einbauen. Nur: Wie könnte er die so unterschiedlichen Stücke unter einen Hut bringen? Umdenken war angesagt. Da kommt ihm seine Erfahrung als Musical-Komponist zugute, wo er oft Texte und Melodien aus dem Stegreif erschafft. „Wenn es sein müsste, könnte ich auch Telefonbücher und Speisekarten vertonen“, scherzt der 49-Jährige. Die neue Idee: Eine Jägerhofhymne als Bänkelgesang, in den die Stücke der Bergneustädter eingearbeitet werden, mit einem Refrain zum Mitsingen als Klammer.
Die Jägerhofhymne
Einige Bergneustädter haben selbst gedichtet und ganze Lieder geschickt. Hier einige Kostproben, die Joachim Kottmann erhalten hat:
Eine Hommage vom Baldenberg aus: Ja vom Baldenberg, der Krone von Bergneustadt,
da blickt man herrlich auf des Städtchens Kern. Ist von der Liederkranzchorprobe man geschafft und leicht ermüdet,
trifft man sich im Jägerhof zum Umtrunk immer wieder gern.
Eine Oma, die ihrem Enkel erklärt, wo sie sich in den Opa verliebt hat: Es war im Jägerhof, im schönen Jägerhof. Dahin lud der Turnverein zum Neujahrskränzchen ein.
Ein alter Bergneustädter: Vor mehr als 70 Jahr, Fritz Jaeger mein Arbeitskollege war. Ein Lied auf den Jägerhof wäre wunderbar. Fritz war mit Singen und Späßchen immer für seine Mitarbeiter da.
Ein hungriger Gast: Im Jägerhof gibt es die beste Frikadelle!
Wenn dich am Abend plötzlich mal der Hunger plagt. Mit Senf und Brot und Butter hat man auf die Schnelle genüsslich dann den gröbsten Hunger schon verjagt. (ms)
Zehn ausführliche Zuschriften hat Kottmann bekommen, darunter ein Gedicht auf Kölsch, eine Hommage vom Baldenberg aus und die Liebesgeschichte einer Oma (s. Kasten). Dazu etliche Hinweise zu besonderen Episoden aus der bewegten Geschichte der über 100 Jahre alten Wirtschaft. Aber da fehle noch das „Fleisch“: die Details und Zusammenhänge, manchmal auch eine wenigstens grobe Zeitangabe. Ein Affe im Schankraum? Eine Zeit, als der Jägerhof gleichzeitig Stadtschreinerei als Vorgänger des heutigen Bauhofs und Kindergarten war?
Heinz Jaeger kann viel beitragen
Vieles kann Heinz Jäger als Wirt in der dritten Generation dazu beitragen, wenn er am alten Stammtisch, der in den Kriegen auch als Schulbank diente, ins Erzählen kommt. Kottmann macht sich eifrig Notizen. Etwa darüber, dass in der Nachkriegszeit jedes Kind ein Brikett zur Schule mitbringen musste. Oder dass der Jägerhof seinen Namen bekam, „weil sich hier früher die Jäger getroffen haben“, wie der Wirt erklärt, der sich zur Ruhe gesetzt hat. Manches kennt er aus Erzählungen seines Vaters, anderes hat er selbst erlebt. Zum Beispiel, als im Saal eine Matratzenfirma vorübergehend ihr Lager hatte. Heinz Jaeger weiß, dass die Waschküche im Keller auch mal als Schlachthaus diente, und hinter dem Schankraum ursprünglich eine Backstube angebaut war.
Joachim Kottmann hat noch viele Fragen. Zum Beispiel ist da der Hinweis, dass Kinder in den 60er Jahren im Saal einen Westernfilm geguckt hatten und danach mit Pfeil und Bogen den Jägerhof ins Visier genommen hatten. „Wer war dabei? ,“ fragt er. „Und wer erinnert sich an das Pferd, das 1979 vom Umzug zu Sankt Martin in die Schankstube gelangte?“ Vereinsfeiern, Dobbeln, Hochzeiten, Tanz in den Mai, Theater und Turnvorstellungen – der Bergneustädter Komponist ist weiterhin auf der Suche nach Anekdoten, Erinnerungen und besonderen Erlebnissen.
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Zurzeit ist er immer mal wieder unterwegs und führt kleine Interviews mit Neustädtern, die etwas beitragen können zum musikalischen Werk. Vorstellen möchte er die Hymne dann „viel lieber live auf einer Bühne mit einem kleinen Ensemble und Publikum als im Internet.“ Bis dahin ist noch Zeit zum Dichten und Komponieren. „Ich könnte mir auch vorstellen, dass die Hymne nie ganz fertig wird, sondern immer weiter fortgeschrieben wird mit neuen Stücken.“ Nur der Refrain, der soll nachher ein fester Bestandteil sein.
Inzwischen gibt es eine vorläufige Demo-Fassung, die auch im Internet zu hören ist. Dazu gibt Heinz Jäger dem Komponisten allerdings eine kritische Anmerkung: „ One, two, three“ - ob das den Nyestädtern gefällt? Wäre es nicht schöner, wenn gesungen würde: ,Auf - zum - Jägerhof!’?“
Wer zur Hymne beitragen möchte, kann sich melden bei Joachim Kottmann, E-Mail: joachim.kottmann@t-online.de. Die Demo-Fassung ist im Internet zu hören unter: https:// soundcloud. com/joachim-kottmann-songs/jagerhof-song-demo.