Kommunwahlkampf in Oberberg„Corona hat uns kalt erwischt“
Oberberg – Kein Klinkenputzen, keine Gespräche vor dem Supermarkt, schon gar keine Großveranstaltungen mit Polit-Prominenz: Kommunalwahlen in Zeiten von Corona: Wie läuft’s denn so in Oberberg?
„Schwierig“, sagt die FDP-Kreisvorsitzende Ina Albowitz, „wir überlegen jeden Tag aufs Neue.“ Der Wahlkampf entwickele sich dynamisch mit der sich stets ändernden Situation. „Ich glaube nicht, dass wir sehr viel Straßenwahlkampf machen werden, Haustürgespräche werden auch ganz schwierig sein“, sagt Albowitz. Dabei weiß sie aus Erfahrung: „Die Leute wollen den persönlichen Kontakt.“ Die Liberalen wollen stattdessen vermehrt auf Wahlkampf in den Sozialen Medien wie Facebook oder Instagram setzen. Alle geplanten Großveranstaltungen mussten abgesagt werden – auch das große Fest anlässlich des 75-jährigen Jubiläums der FDP Oberberg, das Ende August stattfinden sollte. „Wir sind die älteste Partei im Oberbergischen Kreis“, betont die Vorsitzende. Aber zumindest das Fest lässt sich notfalls im kommenden Jahr nachholen.
„Bescheidene“ Wahlkampfsituation
Kirsten Zander-Wörner vom „Bündnis 2020 Marienheide“ (vormals Fraktion Bündnis 90/Die Grünen) steht aktuell vor der Aufgabe, unter Corona-Umständen so schnell wie möglich eine Gründungsversammlung für die Wählergemeinschaft zu organisieren. Die Wahlkampfsituation stelle sich zurzeit „bescheiden“ dar, „wir gehen ja ganz neu an den Start und Corona hat uns kalt erwischt. Aber ich bin ganz optimistisch, im Moment lockert sich ja einiges.“
Vor der gleichen Aufgabe steht in Nümbrecht die ehemalige SPD-Ratsfraktion , die fast geschlossen – wie berichtet – aus der Partei ausgetreten ist und jetzt als Wählergemeinschaft antreten will. Die Gründungsversammlung fiel der Corona-Krise zum Opfer. Sprecher Wilhelm Weber sagt: „Jetzt sind wir so weit, dass wir uns in ganz kleinem Rahmen erst mal gründen, damit wir anfangen können, unter unserem Namen Öffentlichkeitsarbeit zu machen, was natürlich unfassbar schwierig ist.“
Politische Ideen momentan über Zeitung und Internet
Ein großes Problem sei, dass es zurzeit kein Forum gebe, um sich zu präsentieren. „Man kann vielleicht mal beim Nachbarn klingeln und mit viel Abstand reden, ansonsten kann man momentan überhaupt nicht vernünftig auf Leute zugehen“, moniert Weber – von Versammlungen ganz zu schweigen, auf denen Kandidaten ihre Ideen vorstellen könnten. „Wie wir in zwei oder drei Monaten Wahlkampf machen können, müssen wir abwarten.“ Momentan nennt er als Foren für politische Ideen die Zeitungen und das Internet. Wobei er um die Probleme von Internet-Diskussionen mit möglichen radikalen Diskussionsteilnehmern weiß.
Formalitäten sollten längst erledigt sein
Ebenfalls im Nümbrechter Gemeinderat sitzt Rainer Galunder, Vorsitzender der Wählergemeinschaft Homburger Ländchen (WGHL). Er ist strikt für eine Verschiebung der Wahl, nennt die Probleme bei der Durchführung der Nominierungsveranstaltung als Grund, „und dass Sie alle Kandidaten treffen müssen, damit die unterschreiben“. Bis 16. Juli müssen die Wahlunterlagen eingereicht sein. Eigentlich wollte er jetzt schon fertig sein mit den Formalitäten, „aber dann kam Corona“. Ob er davon profitieren kann, dass er und die WGHL in der Nümbrechter Politik bereits etabliert sind, kann er nicht einschätzen.
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„Aber in der jetzigen Lebenssituation hat doch jeder andere Sorgen als eine Kommunalwahl.“ Am meisten habe ihn die Aussage des CDU-Bundestagsabgeordneten und -Kreisvorsitzenden Carsten Brodesser befremdet: Den habe er so verstanden, dass er die SPD ermuntert habe, sich ebenfalls für eine Beibehaltung des Wahltermins einzusetzen, da sie auch grade von der Corona-Krise profitierte. Galunder: „Das kann ja nicht Demokratie sein. Es ist dramatisch, wie zwecks Machterhaltung der Landes-CDU mit der Krise gespielt wird.“ In einer Pressemitteilung forderte am 5. Mai auch der Kreisverband Bündnis 90/Die Grünen, die Wahl zu verschieben.