Die NS-Zeit hat ihre Spuren hinterlassen – auch im Oberbergischen. An fünf Abenden in dieser Woche setzen sich Vorträge im Freilichtmuseum Lindlar damit auseinander. Den Auftakt machte am Montagabend Frederik Grundmeier. Der wissenschaftliche Mitarbeiter im Freilichtmuseum des Landschaftsverbands Rheinland beschäftigt sich mit dem Thema „In arische Hände übergegangen – Aneignung und Restitution jüdischen Besitzes im Oberbergischen“. Er berichtete von jüdischen Familien, die in Nümbrecht und Waldbröl ansässig waren – und die Opfer der Verfolgung und Enteignung durch die Nationalsozialisten wurden.
Viele Menschen haben sich für die Vorträge angemeldet
Rund 60 Zuhörer versammelten sich am frühen Abend in der Herberge am Nordeingang des Museums. Stühle wurden noch dazu gestellt. „Wir haben so viele Anmeldungen im Vorfeld bekommen, dass dieser Vortrag gleich im Anschluss noch ein zweites Mal stattfindet“, berichtete Museumsleiter Michael Kamp.
360 Zuhörer haben sich insgesamt zu allen fünf Vorträgen angekündigt. Auch am Mittwochabend, wo es um das Thema „Psychiatrische Klinik Marienheide“ gehen wird, sind zwei Veranstaltungen vorgesehen. Die große Resonanz kam nicht ganz unerwartet. Im letzten Jahr gab es bereits eine Vortragsreihe, die sich mit der Aufarbeitung der NS-Zeit in Oberberg beschäftigte – schon die wurde gut besucht. 200 Zuhörer kamen.
Der Referent ließ Quellen für sich sprechen
Grundmeier bezeichnete seine Recherchearbeit als „Werkstatt-Bericht“, der noch nicht abgeschlossen sei. Er stieg mit dem Jahr 1938 ein – wo die Verfolgung, Ausgrenzung und Enteignung jüdischer Menschen begann. Diese wurden zum Verkauf von Haus und Grundstücken gezwungen, nach Deportationen wurde ihr Eigentum anderen übereignet. Nach dem Krieg sollten jüdische Überlebenden entschädigt werden, ein umfassendes Regelwerk war das zentrale Bundesentschädigungsgesetz 1956. „NS-Opfer warteten aber oft lang auf Entschädigungen und am Ende kam es meist zum Vergleich – der nur einen Bruchteil des einstigen Eigentumswertes betrug“, so Grundmeier.
Käufer ehemaligen jüdischen Eigentums machten in den Prozessen ihrerseits den Kaufpreis geltend, oft war da von „guten Freundschaftspreisen“ die Rede, die doch gezahlt worden seien. Frederik Grundmeier wertete die Vorgänge und Ergebnisse in seinem Vortrag nicht, er fasste zusammen. Er ließ Fotodokumente und Protokolle sowie Audioaufnahmen für sich sprechen. Das machte die Teilnehmer betroffen, nachdenklich und bewegte.
Vier Familiengeschichten aus Oberberg zeichnete Grundmeier nach. Er nannte Namen, hinter denen Menschen standen, wie die Goldbachs und Herz' aus Nümbrecht. Er nannte keine Namen derjenigen, die durch die Aneignungsprozesse an jüdisches Hab und Gut gekommen waren. Im Laufe seiner weiteren Arbeit, so sagte er, wolle er auch in den Dialog mit deren Nachfahren treten.