„Es geht nur, weil wir es zusammen machen“HSG Marienheide-Trainerpaar im Interview
Marienheide – Dass Ihre Spielerinnen trotz der langen Trainings- und Spielpause sehr fit sind, haben sie mit Platz zwei beim Wettbewerb #trotzdem Sport des Landessportbundes gezeigt. Wie halten Sie die jungen Handballerinnen bei Laune?Jennifer Debus: Ich gebe ihnen immer wieder Aufgaben, seien es sportliche Herausforderungen wie der Wettbewerb, aber auch geistige Herausforderungen wie einen Fragebogen. Damit sollen sie über ihre Ziele nachdenken, aber auch über die Rolle, die sie in der Mannschaft einnehmen. Ganz praktisch habe ich in den Osterferien an acht Tagen Einzeltraining angeboten. Mehr als ein Training zu zweit ist zurzeit ja nicht erlaubt.
Sie trainieren zusammen. Haben Sie unterschiedliche Schwerpunkte?
Michael Debus: Ich bin schwerpunktmäßig für die Handballschulung und meine Frau für die Fitness und die mentale Arbeit zuständig, um es ganz vereinfacht auszudrücken.
Kommen Sie beide aus dem Handball?
Michael Debus: Nein, meine Frau kommt vom Leistungssport, vom Schwimmen und als Fan vom Fußball. Ich komme aus einer Handballfamilie. Wir sind sechs Brüder und haben alle beim TV Niederseßmar gespielt. Später habe ich Jungenmannschaften bis hin zur Oberliga trainiert, wie die B-Jugend des SSV Nümbrecht. Als ich vor 19 Jahren mit dem Pflegemanagementstudium begonnen habe, habe ich als Trainer aufgehört. Erst als wir nach Marienheide-Dannenberg gezogen sind, habe ich wieder begonnen.
Wie kam es zu Ihrem Engagement bei der HSG?
Jennifer Debus: Unsere Tochter Joline (11) hat mit vier Jahren mit dem Handball begonnen. Dadurch kam der Kontakt zur HSG. Frank Röhrich, der für die Mädchen zuständig war, hat uns angesprochen und gefragt, ob wir nicht eine Mannschaft übernehmen möchten.
Michael Debus: Ich hatte vorher im Handball nur mit Jungs zu tun und habe schon überlegt, ob ich auch Mädchen trainieren kann.
Ist der Unterschied so groß?
Michael Debus: Nicht so groß, aber er ist da.
Woran machen Sie das fest?
Michael Debus: Wenn zum Beispiel Jungs in die Halle kommen, geht der Blick sofort aufs Tor und sie schnappen sich direkt den Ball, um zu werfen. Mädchen haben erstmal Gesprächsbedarf, und da passt es einfach, dass wir das Training zusammen leiten. Jennifer ist bei vielen Themen einfach die bessere Ansprechpartnerin. Die vielen Events, die wir bisher mit den Mädels gemacht haben, wie mehrfaches Einlaufen mit den VfL-Spielern oder das mehrtägige Trainingslager im Sportzentrum Haachen, sind natürlich mit den Jungs genauso möglich.
Als Sie die Mädchen übernommen haben, was waren die ersten Maßnahmen?
Jennifer Debus: Als erstes haben wir sie mit neuen Trikots und neuen Bällen ausgestattet. Wir wollten von Beginn an eine Wertigkeit, eine Gemeinschaft schaffen und ihnen das Gefühl geben, dass etwas Neues beginnt.
Michael Debus: Unsere Philosophie ist, dass die Mädchen so gut werden, dass sie nicht nur bei den Spielen der Jungs anwesend sind und mitfiebern, sondern die Jungs auch deren Spiele bestaunen und sie anfeuern. Und das haben wir, so glaube ich, schon gut geschafft. Beide Mannschaften sind Kreismeister geworden, sie haben im Beachhandball Titel gewonnen und die C-Mädchen wollen sich zur neuen Saison für die Oberliga qualifizieren.
Hat der Schwerpunkt Fitness, den Sie ins Training integriert haben, gerade in der Corona-Pandemie, in der die Hallen geschlossen sind, geholfen?
Jennifer Debus: Das hat es sicher einfacher gemacht, da es Übungen und Aufgaben sind, die alleine oder zu zweit gemacht werden können. Fitness und Ausdauer sind aber nicht nur jetzt wichtig, sondern haben schon vor Corona einen großen Teil unseres Erfolgs ausgemacht. Wir haben jeweils einen kleinen Kader, sodass die Mädchen einfach fitter und ausdauernder sein müssen als die anderen Mannschaften.
Wie ist Ihr Training normalerweise aufgebaut?
Jennifer Debus: Während mein Mann in der Halle mit der Hälfte der Gruppe an der Handballschulung arbeitet, habe ich mich um die Fitness und die Stärkung der Muskulatur gekümmert. Nach 45 Minuten haben wir getauscht.
Und wie sieht es in Corona-Zeiten aus?
Jennifer Debus: Die Handballerinnen bekommen freitags ihre Aufgaben für die Woche. Das sind drei oder vier Aufgaben, die ich ihnen gebe. Beispielsweise wie viele Kilometer sie laufen sollen. Oder, wie anfangs gesagt, ein Thema, mit dem sie sich auseinandersetzen können.
Sie geben den Spielerinnen aber auch Tipps, was ihre Ernährung angeht. Warum ist Ihnen das so wichtig?
Michael Debus: Wir sind beide examinierte Krankenpfleger, haben beide noch Gesundheits- und Ernährungsberater gelernt und auch schon viele positive Erfahrungen in unserer Arbeit mit Menschen gesammelt. Wir wissen daher sehr genau, wie wichtig nicht nur im Sport eine gute Ernährung ist.
Jennifer Debus: Eine gesunde Lebensweise ist etwas, was mir meine Eltern von klein auf mitgegeben haben. Vor ein paar Jahren hatte ich gesundheitliche Probleme, bei deren Bewältigung mir die Ernährungsumstellung geholfen hat. Meine Kinder und ich ernähren uns ausschließlich vegetarisch und wir verzichten in der Familie vor allem auf den Zucker.
Michael Debus: Am Anfang hat meine Frau nicht nur für unsere Mannschaften eine große Schale mit Rohkost und Obst für Spiele und Turniere vorbereitet, sondern auch noch für die gegnerischen Teams, die sehr überrascht waren, sich aber auch gefreut haben.
Streiken da nicht Spielerinnen oder die Eltern?
Jennifer Debus: Eigentlich nicht. Natürlich waren einige Eltern erstaunt, dass ihre Kinder darauf achten und das auch mit Selbstbewusstsein vortragen. Von unserer zweistündigen Trainingszeit nehme ich mir 20 Minuten, um mit den Mädchen über verschiedene Themen zu sprechen. Und dazu gehört gesunde Ernährung. Sie sind in einem Alter, in dem man sie noch erreicht. Es ist ein Angebot und es wird niemand weggeschickt, weil er ein süßes Getränk dabei hat oder einen gezuckerten Snack.
Wie sind die Rückmeldungen der Mädchen?
Jennifer Debus: Ich hatte sie jetzt in einer zweiwöchigen Challenge aufgefordert einmal aufzuschreiben, was sie essen. Alle haben mitgemacht. Einige haben gesagt, dass sie sich noch nie vorher damit auseinandergesetzt hätten.
Michael Debus: Es ist wichtig, dass die Eltern dem offen gegenüberstehen und den Kindern den Freiraum geben, neue Dinge zu probieren und natürlich haben die Eltern auch vorher schon bei den Kindern auf eine gesunde Ernährung geachtet, aber so richtig bewusst haben viele der Mädels selber noch nicht so darauf geachtet. Wir wissen aber, dass die Mädchen, die zwischen elf und 14 Jahre alt sind, jetzt in das Alter kommen, wo es ein bisschen schwieriger wird.
Jennifer Debus: Man kann ihnen nur Tipps geben. Dabei haben wir das Glück, dass die Eltern uns unterstützen und in unserer Arbeit ihr Vertrauen schenken.
Sie sind im dritten Jahr als Trainerduo. Wie hat sich die Mannschaftsstruktur in der Zeit entwickelt?
Jennifer Debus: Von den 20 Mädchen sind zwei gewechselt, dann aber wiedergekommen. Drei haben bei uns mit dem Handballspielen angefangen. Wir sind zu einer festen Gemeinschaft zusammengewachsen, wo jeder für den anderen da ist.
Können Sie sich vorstellen, das alles auch auf eine Jungenmannschaft zu übertragen?
Michael Debus: Ich denke schon, man muss es nur anders anfassen.
Jennifer Debus: Wenn es erforderlich würde, würden wir auch das probieren. Unser Sohn ist gerade sieben Jahre alt geworden und talentiert. Wenn es keine Trainer für ihn gäbe, könnten wir vielleicht auch mal bei ihm aktiv werden.
Würden Sie dann die Mädchen abgeben?
Jennifer Debus: Nein. Wir haben den Wunsch, sie über die Jugendzeit zu begleiten und die spannendste Zeit steht uns ja noch bevor.
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Wenn ich das so höre, frage ich mich, wie bekommen Sie das eigentlich alles unter einen Hut? Sie haben ein Unternehmen gegründet, in dem Sie psychisch kranke Menschen betreuen, Sie haben drei Kinder und trainieren mit viel Engagement.
Michael Debus: Wir lieben die Arbeit mit Menschen, wir lieben den Sport mit den Kindern und vor allem lieben wir den Handballsport. Und alles funktioniert nur, weil wir das alles zusammen machen.
Jennifer Debus: Alles, was ich mache, mache ich zu 100 Prozent. Und das geht nur, wenn man mit dem Herzen dabei ist, gut organisiert ist und die nötige Leidenschaft mitbringt.
Michael Debus: Und ich weiß aus eigener Erfahrung, was für eine schöne Sache es ist, mit einer Mannschaft groß zu werden.