Mitschüler starten Online-PetitionGummersbacher Schülerin droht Abschiebung
Gummersbach – Die angeblich bevorstehende Abschiebung einer 15-jährigen Schülerin des Gummersbacher Lindengymnasiums und Teilen ihrer Familie in die Türkei beschäftigt derzeit Oberberger in den sozialen Medien. Von der Klasse 8b des Gymnasiums wurde eine Online-Petition gegen die Abschiebung gestartet.
Kreis widerspricht der Darstellung
Der Oberbergische Kreis als zuständige Ausländerbehörde teilte hingegen am Freitagmittag auf Nachfrage schriftlich mit: „In dem genannten Fall steht derzeit keine Abschiebung im Raum. Im laufenden Verfahren sind derzeit weitere Unterlagen durch die betroffenen Personen beizubringen. Hierfür wurde eine Frist gesetzt. Dabei handelt es sich ausdrücklich nicht um eine Fristsetzung für eine Abschiebung in die Türkei.“ Aktuell würden keine Maßnahmen der Aufenthaltsbeendigung betrieben. „Eine endgültige rechtliche Entscheidung steht im Übrigen noch aus.“
In dem von Schülerinnen und Schülern verfassten Petitionstext heißt es indes: „Als eine Mitschülerin von uns, am Montagmorgen erzählt hat, dass sie und ein Teil ihrer Familie zurück in die Türkei abgeschoben werden und nur bis Freitag, 13. 5., Zeit haben, freiwillig zu gehen, waren wir sehr bedrückt. Wir haben uns entschlossen, etwas zu unternehmen, und zwar diese Petition zu starten, damit wir möglichst viele Menschen erreichen können“, so der Wortlaut.
Sieben Jahre in Deutschland
Weiter berichten die Achtklässler, dass ihre Mitschülerin und deren Familie mittlerweile schon seit sieben Jahren hier in Deutschland lebten und auch gut Deutsch sprechen könnten. Das Mädchen selbst „zum Beispiel hat einen Test zum Sprachenlevel in C1 bestanden. Das heißt, dass sie fast so gut Deutsch sprechen kann, wie Menschen die Deutsch als Muttersprache haben. Ihre schulischen Leistungen am Gymnasium sind auch sehr gut und wir fänden es sehr schade, wenn sie zurück in die Türkei müsste.“ Was die Achtklässler noch beschäftigt ist, dass angeblich nur ein Teil ihrer Familie abgeschoben werden soll und der Rest hier in Deutschland bleibe. „Die Familie würde sich wahrscheinlich entzweien und den Kontakt zueinander verlieren“, so die Sorge der Klasse.
Beatrix Will, Schulleiterin des Lindengymnasiums, berichtete am Freitag auf Nachfrage, dass sie bis dato vergeblich versucht habe, die Eltern der Schülerin zu erreichen. Sie habe auch erst durch die Petition von dem Thema und einer drohenden Abschiebung erfahren. Besser hätte sie es allerdings gefunden, wenn sie von der Klasse unmittelbar informiert worden wäre. „Sie haben es im Grunde aber gut gemeint“, so die Direktorin. Wenn die Schülerin tatsächlich abgeschoben würde, wäre das „sehr bedauerlich“, sagt Will. Die 15-Jährige habe sich sehr gut integriert. Das Mädchen sei eine recht gute Schülerin und wenn sie jetzt gehen müsste, „wäre das für sie eine Katastrophe“.
Keine inhaltliche Bewertung
Auf politischer Ebene hat sich Diyar Agu (Linke) mit der Gummersbacher Bundestagsabgeordneten der Grünen, Sabine Grützmacher, kurzgeschlossen, sagt er auf Nachfrage. Mit dem Ergebnis, dass auf NRW-Ebene der Petitionsausschuss des Landes eingeschaltet werden soll. Zu einer inhaltlichen Bewertung sah sich Grützmacher am Freitag indes wegen fehlender Detailkenntnis noch nicht im Stande, wie sie sagte.
Zu den an den Kreis gerichteten Kommentaren Agus in den sozialen Medien teilt die Pressestelle des Kreises mit: „Die Behauptungen, die von Herrn Agu aufgestellt werden, entsprechen nicht dem tatsächlichen Sachstand, der der Ausländerbehörde des Oberbergischen Kreises vorliegt. Die von Herrn Agu vorgebrachten Aussagen sind unzutreffend und entbehren im Hinblick auf aufenthaltsbeendende Maßnahmen zum jetzigen Zeitpunkt jeglicher Grundlage.“ Der Oberbergische Kreis bitte darum, „von jeglichen Verleumdungen und Mutmaßungen Abstand zu nehmen“.
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Weiter heißt es vom Kreis, dass „aus datenschutzrechtlichen Gründen keine weiteren Angaben gemacht werden“ könnten. Allerdings sei das im Rahmen des Verfahrens gezeigte Bild ein völlig anderes, als das in den Sozialen Medien gezeichnete. Im Übrigen weist die Kreisverwaltung darauf hin, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) grundsätzlich im Hinblick auf eine Überprüfung der Flüchtlingseigenschaft zuständig sei. Die Ausländerbehörde sei die ausführende Behörde.