Seit 1899Morsbacher Karneval hat eine lange Tradition
Morsbach – Erst 2001 hatte das Rätselraten ein Ende, erst dann war endlich gewiss: Die „Morsbacher Carnevalsgesellschaft“ ist am 3. Februar 1899 gegründet worden. Damit dürfte der organisierte Karneval in Morsbach die zweitlängste Tradition in Oberberg haben – nach den 1893 in Engelskirchen gegründeten Närrischen Oberbergern, die noch heute bestehen. Auch davon erzählt ein närrischer Schaufensterbummel, zu dem Morsbachs Jecke ab Donnerstag, 20. Januar, einladen.
Als die KG Morsbach 1995 ihr 100-Jähriges feierte, blieb sie den eindeutigen Nachweis ihres Jubiläums schuldig. Damals feierte der Ort Morsbach die 1100. Wiederkehr seiner ersten urkundlichen Erwähnung. Die Arbeit eines Heimatkundlers war es schließlich, die 2001 Licht in die Geschichte des organisierten Karnevals in der „Republik“ brachte. Eigentlich wollte der Morsbacher die Chronik der Kolpingsfamilie vervollständigen. So stöberte er in den verstaubten Akten des Gemeindearchivs nach Wissenswertem über die Kolpingsbrüder. Beim Blättern in einem blauen Aktenstück stieß er aber plötzlich auf die Statuten der Morsbacher Carnevalsgesellschaft von 1899.
Närrische Zeitreise mitten durch den Ort
Was lässt sich eine KG einfallen, wenn die Tradition des Karnevals seit 1899 gepflegt wird, sie aber wegen Corona die neue Session mit allen Veranstaltungen bereits im September absagen musste? Antwort: Sie lädt zu einem „Närrischen Schaufensterbummel“ ins Zentrum der „Republik Morsbach“ ein. Denn die KG Morsbach findet, dass es bis Aschermittwoch zu keinen Entzugserscheinungen kommen darf. So soll es zu Fuß das Brauchtumsfest neu entdecken und seine Geschichte neu erkunden. Dabei kann man auch noch Preise gewinnen.
Die Geschichte des Karnevals in der Gemeinde Morsbach ist mehr als 120 Jahre alt. Bevor im vergangenen Jahr der erste Corona-Lockdown kam, konnte die KG Ende Februar noch ihre traditionellen Veranstaltungen feiern – Prunksitzung, Rathaussturm und Rosenmontagszug. Für dieses Jahr wurden sie schweren Herzens gestrichen.
13 Geschäfte und öffentliche Stellen haben sich bereit erklärt, in ihren Schaufenstern und Auslagen ab Donnerstag, 20. Januar, Fotos und Requisiten zum Thema Karneval auszustellen. Der Enthusiast begibt sich also an Morsbachs Straßen auf eine Zeitreise durch die Geschichte des Karnevals, angefangen an der Krottorfer Straße über die Ortsmitte und die Waldbröler Straße bis hin zur Bahnhofstraße.
In den Schaufenstern werden neben historischen Fotos aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg auch Bilder aus jüngerer Zeit zu sehen sein – von Prinzen, der ersten Prinzessin und dem ersten Prinzenpaar. Was hatten die Akteure durch die Jahrzehnte für Kostüme? Auch diese werden ausgestellt. Zepter, Orden, Hüte, Säbel und Karnevalszeitungen runden solche Schaustücke ab.
In jedem Fenster ist im Übrigen ein Buchstabe zu finden. In einen Flyer eingetragen, ergeben die Buchstaben ein Lösungswort, mit dem die Teilnehmer einen Preis gewinnen können. Der erste Preis ist eine Ballonfahrt. Allerdings muss das Lösungswort bis zum 17. Februar bei der KG Morsbach eingegangen sein. Denn schließlich ist am Aschermittwoch alles vorbei. (bu)
Der erste Schriftführer, Eduard Ehlich, überreichte Bürgermeister Eberhard von Claer damals die Unterlagen und unterrichtete den ersten Bürger von der Vereinsgründung. In elf Paragrafen der Statuten ist etwa zu lesen: „Zweck des Vereins ist während der Carnevalszeit in gemütlichen Zusammenkünften humore Geselligkeit zu pflegen und dafür Sorge zu tragen, daß am Carnevalstage ein kleiner aber anständiger Umzug gebildet wird“. Weiter heißt es: „Politische und religiöse Tendenzen liegen dem Verein fern“.
Mitglied der Karnevalsgesellschaft konnte 1899 jeder Mann werden, der älter als 16 Jahre war und der sich im Besitz der bürgerlichen Ehrenrechte befand. Die Mitglieder mussten ein „Eintrittsgeld“ von 50 Pfennigen und während der Session einen Wochenbeitrag von zehn Pfennigen entrichten. „Zu den Sitzungen tragen die Mitglieder karnevalistische Abzeichen“, heißt es in Paragraf 10. Weiter wird festgelegt: „Die einzelnen Vorträge sind beim Vorsitzenden anzumelden und stehen unter Censur und Controlle desselben, und wird jeder Vortrag, der Sitten und Anstand verletzt, von der Tagesordnung abgesetzt“. Auch ein Motto hatte man in jenem Jahr bereits. Der Paragraf 11 lautet: „Für jedes Mitglied gilt die Devise: Geck loß Geck ...“. Das letzte Wort ist in den Originalstatuten nicht zu entziffern.
Unterschrieben sind die Gründungsstatuten vom Vorsitzenden Paul Hasse (Volksschullehrer), seinem Stellvertreter Fritz Röhrig, dem Schriftführer Ehlich und dem Kassierer Joseph Stracke. Die dazugehörige Mitgliederliste führt bereits 46 Namen auf. Und auch einen Karnevalsprinzen gibt es im allerersten Jahr 1899 bereits: Er hieß Johann Reuber und war Gastwirt in Heide.
Die Grundsteine für einen organisierten Karneval sind in der Gemeinde Morsbach demnach vor 122 Jahren mit der Gründung der Karnevalsgesellschaft gelegt worden.
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Man kann jedoch davon ausgehen, dass dieser Brauch schon ein paar Jahre früher in der südlichsten Gemeinde des heutigen Kreises angekommen war, nämlich als Morsbacher nach der Fertigstellung der Bahnstrecke zwischen ihrem Heimatort und Wissen 1890 in Köln Arbeit fanden und den Karneval ins Oberbergische mitnahmen. Wie lange die Karnevalsgesellschaft um die Jahrhundertwende bestanden hat, ist nicht bekannt. 1906 wurde jedenfalls eine neue Gesellschaft mit dem Namen „Narretei“ gegründet. Während der Kriege ruhte das Brauchtumsfest. Nachdem vor und nach dem Zweiten Weltkrieg Morsbacher Vereine Ausrichter jecker Veranstaltungen waren, wurde 1972 eine neue Karnevalsgesellschaft gegründet, die bis heute das Brauchtum pflegt und organisiert.