Keine GenehmigungKann das neue Krematorium in Wiehl jemals öffnen?
Bomig – Hunderte Aschebehälter warten im Regal auf ihren Einsatz. Die Möbel für den Abschiedsraum sind auch schon da. Das Krematorium der Firma Guxmühle im Wiehler Industriegebiet Bomig wäre in wenigen Wochen betriebsbereit. Es gibt nur noch ein einziges, allerdings nicht ganz unbeträchtliches Hindernis: Das Krematorium hat keine Betriebserlaubnis.
Scheitern wäre für die Firma eine Katastrophe
Geschäftsführer Markus Schauf und sein Team sind verzweifelt. Mit 15.000 Euro beziffert er die monatlichen Fixkosten. Seine Frau und drei weitere Gesellschafter haben allein in den topmodernen Ofen eine Million Euro investiert. Wenn das Projekt scheitert, wäre es eine finanzielle Katastrophe.
Wie konnte es dazu kommen? Unstrittig ist, dass die Stadt der Firma eine Baugenehmigung für das Krematorium erteilt hat. Diese ist Voraussetzung für die Umnutzung der Halle, die früher ein Schreinerei-Betrieb genutzt hat. Was zu diesem Zeitpunkt aber offenbar keiner der Beteiligten wusste, ist, dass damit nicht zugleich eine Betriebsgenehmigung verbunden ist.
Muss die Konzession ausgeschrieben werden?
Der Betrieb eines Krematoriums ist laut NRW-Bestattungsgesetz eine kommunale Aufgabe. Wenn die Stadt Wiehl es für sinnvoll hielte, eine Einrichtung für Feuerbestattung zu betreiben, könnte sie einen Eigenbetrieb gründen. Sie könnte diese Aufgabe aber auch einem privaten Unternehmen übertragen. Zuvor müsste die Stadt diesen Auftrag aber ausschreiben, also mehreren Bewerbern die Gelegenheit geben, ein Angebot vorzulegen. So legt es ein Gutachten dar, auf das sich Bürgermeister Ulrich Stücker beruft. „Wenn wir die Konzession ohne Ausschreibung vergeben, werden wir garantiert von Mitbewerbern verklagt“, fürchtet Stücker.
Markus Schauf und seine Berater sehen das anders. Sie haben ein eigenes Rechtsgutachten eingeholt, laut dem das Krematorium einen so geringen Umsatz erzielen würde, dass der Verzicht auf eine Ausschreibung gerechtfertigt wäre. Darum haben sie sich an die Ratsfraktionen mit der Bitte gewandt, ihr Projekt zu unterstützen.
Widerstände bei früheren Plänen in Nümbrecht
Der Unternehmensname „Guxmühle“ ist auf eine Nümbrechter Industriebrache zurückzuführen, die Schauf früher als Standort ins Auge gefasst hatte, bis ihm der Aufwand zu groß erschien. Auch dort gab es Ärger: Im September 2021 machte Schauf der Gemeindeverwaltung den Vorwurf, ihn nicht unterstützt zu haben.
Schauf und sein Team haben eingesehen, dass sie sich in Wiehl beim zweiten Versuch nicht auf die irrige Annahme hätten verlassen sollen, dass mit der Baugenehmigung eine Betriebsgenehmigung verbunden ist oder sich letztere aus ersterer automatisch ergibt.
Wer hätte wissen müssen, was gebraucht wird?
Bürgermeister Stücker gibt wiederum offen zu, dass ihm und seiner Verwaltung die Zusammenhänge auch nicht geläufig waren. Die Feinheiten des Bestattungsgesetzes seien nun mal nicht Alltagsgeschäft. Er sei davon ausgegangen, dass die Investoren schon wüssten, was sie tun.
Als die Guxmühle GmbH im September die Betriebsgenehmigung beantragte, habe er diese dann darauf hingewiesen, dass die Angelegenheit rechtlich schwierig wird – also noch rechtzeitig gewarnt, bevor die Firma in den teuren Ofen investiert hat. Das stellt Schauf anders dar: „Wir haben den Kaufvertrag mit dem Ofenbauer am 30. August unterzeichnet. Das hätten wir ohne Abstimmung nicht gemacht.“
Feuerbestattung
Die Bestatter aus Oberberg nehmen für eine Feuerbestattung derzeit Krematorien außerhalb des Kreises in Anspruch. Etwa in Lüdenscheid, Siegen, Köln, Hagen und Wuppertal, wie Dirk Sträßer, Kreisverbandsvorsitzender der Bestatterinnung, berichtet.
Die Guxmühle GmbH möchte mit ihrem Krematorium ein regionales Angebot schaffen, das einen pietätvollen Abschied vor Ort erlaubt. Eine Besonderheit ist der elektrisch betriebene Ofen, nach Angaben der Betreiber ist es erst der zweite dieser Art in Deutschland. Dieser könne klimaneutral betrieben werden. Die Stadt Wiehl bekomme damit ein nachhaltiges Vorzeigeprojekt. (tie)
Wiehler Politik hält sich zurück
CDU-Ratsfraktionssprecherin Larissa Gebser meint, dass die Stadtverwaltung bei der Baugenehmigung eine Querverbindung zum Bestattungsgesetz hätte ziehen können. So oder so sei es nun Aufgabe von Rathaus und Antragsteller, die Rechtsgrundlage zu klären. „Dass wir das Projekt nicht verhindern wollen, haben wir mit der Baugenehmigung gezeigt“, sagt Gebser. „Wir sind da offen.“ Es sei aber nicht denkbar, dass die Politik auf Bestellung eines Unternehmers einen rechtlich unklaren Antrag einbringt.
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In der SPD-Fraktionssitzung am Montag ergab sich ein ähnliches Meinungsbild, berichtet die stellvertretende Sprecherin Iris Chromow: „Wir haben keine Einwände gegen ein Krematorium an diesem Standort.“ Aber eine aktive Rolle will auch die SPD nicht einnehmen. Ob das Krematorium jemals an den Start geht, ist damit weiterhin offen.