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Hilfe vor OrtNeues Netzwerk gegen sexualisierte Gewalt in Oberberg

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Experten vermuten, dass die Dunkelziffer bei Übergriffen gegen Kinder immens hoch ist – auch in Oberberg. (Symbolfoto)

Oberberg – Die Erschütterungen waren enorm, als vor fast zwei Jahren das Ausmaß des Missbrauchsskandals von Lügde nach und nach ans Licht kam und immer weitere Kreise zog. Aber das war in Lügde oder in Bergisch Gladbach. Und nicht hier im Kreis? Wer das glaubt, sei gewaltig im Irrtum, weiß Jutta Ringsdorf vom Verein nina + nico.

Seit rund 25 Jahren berät der Verein Mädchen, Jungen und Frauen, wenn es um sexuelle Gewalt geht. „Seit die Kinder nach der coronabedingten Schließung der Einrichtungen wieder zur Schule und in die Kita gehen, häufen sich die Anfragen wieder. Denn in den Familien passiert es weiter, im Lockdown konnten die Täter sich geschützt fühlen.“

„Nur wo man genau hinsieht, entdeckt man was.“

Die Dunkelziffer sei riesig, bestätigt Christian Gröger, Leiter der evangelischen Beratungsstelle „Haus für Alle“ in Waldbröl. „Nur wo man genau hinsieht, entdeckt man was. Doch dafür muss man sensibilisiert sein. Und man muss wissen, wo man vor Ort Hilfe findet.“ In den großen Städten gebe es spezialisierte Beratungsstellen. In dieser Hinsicht sei Oberberg bisher – wie andere ländliche Gebiete – weitgehend ein weißer Fleck.

Das soll sich zu Beginn des neuen Jahrs grundlegend ändern. Mit dem „Haus für Alle“, der psychologischen Beratungsstelle des Kreises in Gummersbach, der Herbstmühle in Wipperfürth und dem Verein nina + nico haben vier Träger beim Land Anträge auf Förderung zum Ausbau zu einer Fachberatungsstelle gestellt. Mit dem Programm wurden auf Landesebene Lehren gezogen aus den Missbrauchsskandalen.

Finanzielle Beteiligung vom Land und Kommunen

Es hat eine Laufzeit von fünf Jahren. Auch die Jugendämter der Kommunen haben finanzielle Beteiligung zugesagt, nachdem die Jugendhilfeausschüsse bereits im Sommer zugestimmt hatten, der Kreis koordiniert darüber hinaus die Zusammenarbeit.

Die Herbstmühle als katholischer Träger, die psychologische Beratungsstelle des Kreises und das „Haus für Alle“ haben die Zusage der Landesmittel bereits erhalten und sind dabei, insgesamt anderthalb Stellen mit spezialisierten Beratern zu besetzen. Bei nina + nico sei man zuversichtlich, dass man im Laufe des kommenden Jahres die Mittel für zwei feste Stellen erhält, sagt Ringsdorf.

Eine Ankündigung hätten sie vom Familienministerium bereits erhalten. „Das ist ein Riesenschritt in Oberberg“, stellt Christian Gröger fest. „Wenn alles so kommt wie geplant, können wir flächendeckend im ganzen Kreis spezialisierte Beratung bei sexualisierter Gewalt anbieten.“

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Auch bisher habe es natürlich bereits Rat und Hilfe gegeben, etwa, von einer Stiftung finanziert, in der Wipperfürther Herbstmühle. Oder beim Verein nina + nico, der sich vor allem durch Spenden finanziert. Die Beratung wird von Honorarkräften geleistet. Diese Arbeit soll auch fortgesetzt werden als zweite Säule zusätzlich zu den Fachberatungsstellen.

Insgesamt soll das Angebot für Oberberg breiter werden, auch sichtbarer, mit Ansprechpartnern im Nordkreis, im Süden und in der Kreismitte und gut vernetzt durch eine Steuerungsgruppe. „Wir können dann auch verstärkt Prävention anbieten“, kündigt Gröger an, „etwa, indem wir in Schulklassen gehen und Beratung für Erzieherinnen und Erzieher, Lehrer und Lehrerinnen anbieten. Denn sie sind es, die die Kinder täglich sehen und denen vielleicht etwas auffällt“.