Kultur trotz(t) CoronaWie die oberbergischen Chöre durch die Krise kommen
- Im ganzen Kreis geht es wieder los – die ersten Proben sind gewöhnungsbedürftig, heben aber die Sangeslust.
- Nach Zoom-Proben und Ständchen per WhatsApp war das auch bitter nötig.
- Doch man sieht und hört: So langsam ist die Chorszene wieder in – geordneter – Bewegung.
Oberberg – Langsam aber sicher erwacht das Sängerleben wieder. Die oberbergische Chorszene scheint den Corona-Schock ganz gut überstanden zu haben. Keine Selbstverständlichkeit: Das verordnete Verstummen bedeutete auch einen Verlust an Geselligkeit und Lebensfreude, betont etwa Rolf Udo Schneider vom „HeartChor“ aus Hunstig. Einige ältere Sänger seien darüber mutlos geworden und überlegten, ob für sie ein Leben ohne Chor nicht auch möglich ist.
Undenkbar für Ralf Zimmermann. Der musikalische Leiter des Bergneustädter Voices Project hat es zwar genossen, probenfreie Abende zu haben. Aber ihm war immer klar: „Da hat was gefehlt!“ Damit die Chorjugend nicht vergisst, wie schön das Singen im Chor ist, hat Petra Meister, die in Bergneustadt die Little Voices und die Teenie Voices leitet, mit ihrem Team Briefe verschickt mit der DVD vom jüngsten Weihnachtskonzert: „Und wir haben sehr schöne Reaktionen bekommen.“ Für die Weibsbilder hat sie ein neues Lied eingesungen und per WhatsApp geteilt. Die Young Voices probten trotz Ruckel-Sound mit Zoom. Ihr Leiter Tobias Mauksch wohnt in Siegen, die Anreise für eine kurze Probe wäre zu lang.
Alle Hoffnungen richten sich nun auf den Advent
Aber alle Technik kann eine echte Probe natürlich nicht ersetzen. Der Hunstiger HeartChor hatte sich per Abstimmung gegen Netz-Proben entschieden. Ständchen wurden per WhatsApp verschickt, und es gab viel Zeit zum Maskennähen. Astrid Kästner-Becker, Vorsitzende des Frauenchors Cantabile in Morsbach, berichtet von einer verhalten guten Stimmung. Auf das wichtige Meisterchorsingen am 7. Juni hatten sich alle gefreut – es wurde verschoben. Alle Hoffnung richtet sich jetzt auf das Konzert zum Ersten Advent. Dafür wird in kleinen Stimmgruppen geprobt.
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Im ganzen Kreis geht es wieder los – die ersten Proben sind gewöhnungsbedürftig, heben aber die Sangeslust. Es gelten klare Hygieneregeln: Für jeden Sänger braucht es zehn Quadratmeter Fläche und einen Seitenabstand von mindestens drei Metern, in „Ausstoßrichtung“ sogar sechs Meter. Man geht maskiert auf seinen markierten Platz. Dort probt man 45 Minuten. Dann wird gelüftet für die nächste Stimmgruppe. Falls die Stühle wie in der Bergneustädter Realschule gepolstert sind, bringt jeder eine Plastiktüte mit. Noten werden nicht weitergereicht. Die Gruppen sind zwischen vier und elf Personen groß.
„Auf Abstand hören wir unsere eigenen Stimmen besser als sonst.“
Große Räume müssen es sein, eine Aula oder ein Gemeindehaus. Der MGV Lantenbach unter Joachim Kottmann probe draußen, berichtet Sänger Ludolf Maxeiner. Das Probenlokal sei zu klein. Auch ein „Außenkonzert“ habe es schon gegeben. In eine Halle wollen die Sänger nicht, die müssten sie hinterher desinfizieren. „Und auf Abstand hören wir unsere eigenen Stimmen besser als sonst.“
Die Gummersbacher „Räuber“ haben während des Lockdowns ihre jeweiligen Stimmen als Computerdatei oder CD bekommen, um stimmlich fit zu bleiben und bald Auftritte ohne Noten bestehen zu können, schildert Sprecher Andreas Noll. Inzwischen wird wieder auf Abstand zusammen geprobt. Dirigent Maurizio Quaremba kann den Bedingungen Positives abgewinnen: „Die Sänger haben neben sich keine Stimme, an die sie sich dranhängen können. Es wird anstrengender für sie, aber ich höre die Einzelstimmen klarer, ihre Stärken und Schwächen.“ Und das Repertoire könne in Ruhe wachsen.
Man sieht und hört: Die Chorszene ist wieder in – geordneter – Bewegung.