Landesweit einzigartigEin Vertrag für Oberbergs neuen Wald
Nümbrecht – Ein neuer Wald muss wachsen – so viel ist klar. Doch wie die Wiederaufforstung der vielen Kahlflächen angegangen werden soll, ist in Zeiten des Klimawandels keineswegs eine einfache Frage. Welche Baumarten sollen gepflanzt werden? Ist Forstwirtschaft oder Naturschutz wichtiger? Und wie ist mit Wildtieren umzugehen? Im Oberbergischen Kreis ist es einer Gruppe aus vielen Akteuren nun gelungen, einen Kompromiss zu Papier zu bringen, der Belangen von Waldbesitzern, Naturschützern und Jägern gerecht werden soll.
Vereinbarung behandelt Waldwirtschaft, Naturschutz und Jagd
Am Mittwoch ist die „Oberbergische Vereinbarung Wiederbewaldung, Naturschutz und Jagd“ in Schloss Homburg unterzeichnet und vorgestellt worden. Der Weg dorthin sei lang gewesen, erinnerte Kreisdirektor Klaus Grootens. Nach einer Waldtagung, bei der das Thema im Februar 2020 erstmals erörtert wurde, tagte im April vergangenen Jahres eine Fachkonferenz mit knapp 50 Teilnehmenden.
Danach wurde ein Arbeitskreis „Waldwirtschaft, Naturschutz und Jagd“ einberufen. Die jetzt vorgestellte Zielvereinbarung ist ein erstes Ergebnis des Arbeitskreises. Und: Sie sei landesweit, vielleicht bundesweit bislang einzigartig, schilderte Dezernent Frank Herhaus, im Kreishaus zuständig für Planung, Regionalentwicklung und Umwelt.
Alle Betroffenen an einem Tisch
Der Kreis hat die Moderation des Arbeitskreises übernommen, in dem Vertreter einer Reihe von Organisationen sitzen – von Waldbauernverband, Holzkontor, Forstwirtschaftlicher Vereinigung und kommunalen Waldbesitzern über Regionalforstamt, Nabu und weiteren Naturschutzverbänden bis hin zu Kreisjägerschaft, Biologische Station und Naturschutzbeirat.
Sieben Leitsätze
Der Arbeitskreis hat Leitsätze zur Wiederaufforstung formuliert, hier in verkürzter Form:
1.
Neue Wälder sollen vielfältig in Hinsicht auf Artenmischung sein.
2.
Auch künftig soll Rohstoff Holz erzeugt und Einkommen erwirtschaftet werden.
3.
Maßnahmen müssen der Bedeutung des Waldes als Lebensraum von Tieren und Pflanzen gerecht werden.
4.
Heimische, mitteleuropäische Baumarten sind das Rückgrat für eine klimastabile Wiederbewaldung.
5.
Um einen Mischwald heranzuziehen, sind Schutzmaßnahmen gegen Verbissschäden erforderlich.
6.
Jagd auf Schalenwild ist entscheidend für die Entwicklung zukünftiger Wälder.
7.
Die Akteure wollen weiter zusammenarbeiten.
In ihren Stellungnahmen lobten Vertreter aller Gruppen den gefundenen Kompromiss. Schließlich sei die Wiederbewaldung im Interesse der gesamten Gesellschaft, sagte etwa Eckhard Schulte von der Forstwirtschaftlichen Vereinigung Bergisches Land.
Eine Frage: Welcher Baum soll gepflanzt werden?
Dass bei manchen Punkten hart gerungen wurde, machte Michael Gerhard vom Nabu deutlich: Bei der Frage, welche Bäume gepflanzt werden sollen – ob ausschließlich heimische Arten oder auch andere – hätten sich die Naturschutzverbände „ein bisschen etwas anderes erhofft“. Im Ergebnis sind auch nicht-heimische Arten zu einem gewissen Prozentsatz erlaubt, wenn die Wiederaufforstung nicht in einem Naturschutzgebiet geschieht.
Unterschiedliche Auffassungen gab es auch zum Thema Jagd: Während etwa Forstamtsvertreter einen vermehrten Abschuss von Rehen, die Setzlinge fressen, für geboten halten, sehen das die Jäger anders. Die Akteure hatten jede Menge Detailfragen zu klären.
Mit Waldpädagogik in die Schulen
Diese und viele weitere Punkte wurden schließlich in Leitsätze verpackt, die sich den drei großen Handlungsfeldern Waldbau und Einkommen, Biodiversität und Naturschutz sowie Zusammenarbeit unterordnen: Die Akteure wollen Erhaltung von Waldbetrieben und Rohstoffsicherung mit Naturverjüngung und natürlicher Wiederbewaldung in Einklang bringen. Zur Umsetzung der Wiederaufforstung wollen sie gemeinsame Projekte organisieren und die Waldpädagogik an Schulen und Kitas stärken.
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Die Leitsätze für einen klimaresistenten Wald der Zukunft stehen in einem 23 Seiten starken Heft, das nun über die Akteure an die vielen Waldbesitzer herangetragen werden soll, die vor der Frage der Wiederaufforstung stehen. Zum Schluss muss jeder Eigentümer selbst entscheiden, was er auf seiner Fläche macht. Denn das Heft gibt nur Empfehlungen. Die Akteure aber sind sicher, dass diese einen guten Weg darstellen, um den ökonomischen, ökologischen und gesellschaftlichen Aspekten gerecht zu werden.