KostenexplosionSchulsanierungen in Wipperfürth werden bis zu 1000 Prozent teurer
Wipperfürth – Mehrere Schulen in der Hansestadt Wipperfürth sind in die Jahre gekommen und müssen umfassend saniert werden. Betroffen sind aktuell vor allem das Engelbert-von-Berg-Gymnasium und die Konrad-Adenauer-Hauptschule sowie die Grundschule Wipperfeld.
Im Bauausschuss legte die Verwaltung neue Kostenaufstellungen vor – mit dem Ergebnis, das alles viel teurer wird als bislang angenommen. Die Steigerungen liegen zum Teil bei 1000 Prozent. Renate Brüning, die Leiterin des neuen Gebäudemanagements der Stadt, versuchte, die Gründe für die Kostenexplosion zu erklären. Mit einer Mischung aus Frustration, Resignation und Empörung nahmen die Ausschussmitglieder die neuen Zahlen zur Kenntnis. Die Entscheidung über die Bereitstellung zusätzlicher Mittel liegt beim Stadtrat.
Engelbert-von-Berg-Gymnasium
Die Schule muss energetisch saniert werden, im Altbau sind umfassende Brandschutzmaßnahmen nötig, für den Ganztag sind Umbauten erforderlich. Dazu kommt eine Schadstoffsanierung, die Aula ist in die Jahre gekommen, ebenso wie die Beleuchtung, die Stühle und der Bodenbelag.
In den Jahren 2022 bis 2025 – so der Vorschlag der Verwaltung – sollen dafür knapp 17 Millionen Euro ausgegeben werden, rund 1 Million mehr als bislang angenommen. In den Vorjahren wurden bereits Aufträge in Höhe von knapp 1,9 Millionen Euro vergeben, die Gesamtsumme liegt jetzt bei 18,9 Millionen Euro.
Die Gründe dafür: Zum einen sind die Baukosten überall in die Höhe geschossen, damit steigen auch die Honorare für das Architekturbüro. Dann hat die Stadt im laufenden Verfahren das Architekturbüro gewechselt, weil das bisherige Büro Bramey die Planungsleistungen „nicht zielführend ausführen konnte“, so steht es in der Vorlage. Die Baukosten des Büros Bramey seien „nur eingeschränkt belastbar“. Das neue Architekturbüro Brochheuser Lüttinger habe dagegen einen höheren Sanierungsbedarf und höhere Kosten ermittelt.
Doch auch die jetzige Summe von knapp 19 Millionen ist noch nicht das Ende, wie Brüning erklärte. Eine Abweichung von 25 Prozent nach oben und zehn Prozent nach unten sei möglich. In rund acht Wochen soll aber eine detaillierte Kostenberechnung vorliegen.
„Wir haben beim EvB mit 5 Millionen Euro angefangen, dann waren es 10 bis 12 Millionen, jetzt sind es über 18 Millionen Euro“, sagte Heribert Berster (CDU). Ob nicht vielleicht ein Neubau die bessere Lösung gewesen wäre, wollte er wissen. Die Frage sei vor allem wichtig im Blick auf künftige Projekte.„Eine Option Neubau sollte man immer prüfen, vor allem, umso älter das Gebäude ist“, so Brüning. Auch hätten sich die Anforderungen an Schulen geändert, etwa in Sachen Digitalisierung und Ganztag.
Konrad-Adenauer-Hauptschule
Für die Hauptschule, an der unter anderem eine umfassende Brandschutzsanierung nötig ist, liegen aktuell keine neuen Zahlen vor. Klar ist aber, dass es auch hier teurer werden dürfte. Die Sanierung wurde in mehrere Bauabschnitte aufgeteilt, um den laufenden Schulbetrieb so wenig wie möglich zu stören.
Ein Teil des Schulgebäudes wird von der benachbarten Hermann-Voss-Realschule genutzt. Wenn dieser saniert werden soll, müssen dafür zwölf Klassenräume sowie die Toiletten in Container umziehen. Doch bei dieser Interimslösung gibt es Probleme mit dem Planungsbüro, die Stadt hat sich zudem juristische Unterstützung geholt. Die Folge: Die Container werden nicht, wie vorgesehen, bis Ende April 2022, sondern erst 2023 aufgebaut. Die Kosten sind noch nicht abschätzbar. Bei der Sanierung der Hauptschulaula sei man im Zeitplan, so Brüning, sie soll Ende April abgeschlossen sein.
Katholische Grundschule Wipperfeld
Im Kirchdorf müssen in der Grundschule die Beleuchtung und die Bodenbeläge erneuert werden, ebenso die Heizung. Doch der mit Abstand größte Kostenfaktor ist die Sanierung von Fenstern, Türen und Fassade. Hierfür waren ursprünglich 88.000 Euro vorgesehen, die neue Kostenaufstellung – die noch nicht wirklich belastbar ist – liegt bei 962.000 Euro.
Die Gesamtkosten für Wipperfeld liegen jetzt, einschließlich des beschlossenen Anbaus für die Offene Ganztagsschule – bei 1,5 Millionen, die erste Schätzung lag bei 213.000 Euro. Als Grund nennt die Verwaltung „Überarbeitung der Kostenermittlung, Baupreissteigerung und erhöhter Sanierungsbedarf“.
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„Das haut einen vom Hocker, mit normalen Preissteigerungen ist das nicht erklärbar“, sagte Heribert Berster (CDU). Die erste Kostenschätzung wurde vom Regionalen Gebäudemanagement vorgenommen, einer gemeinsamen Behörde mit Hückeswagen, von dem sich Wipperfürth im vergangenen Jahr getrennt hat, weil es immer wieder hakte.
Warum für die Fassadensanierung ursprünglich nur 88.000 Euro angesetzt wurden, könne sie nicht erklären, so Brüning. Verschiedene Kollegen seien an der Planung beteiligt gewesen, wer, sei nicht festzustellen, es gebe keine belastbaren Unterlagen. „Auch für uns ist das schwer, wir können nur den heutigen Bedarf errechnen“, so Brüning.
Reaktionen
Scharfe Kritik kam von Wolfgang Ballert (SPD) und Hans-Dieter Wysuwa (CDU). Es sei nichteinzusehen, dass die Stadt für Fehler des Planungsbüros gerade stehen müsse, so Ballert. „Ich kann das nicht mehr verantworten“, erklärte Wysuwa. „Wir landen jedes Mal im Orbit. So geht das nicht weiter, wir müssen Tacheles reden.“ Die Stadt brauche eine mittel- bis langfristige Kapitalbedarfsplanung, dafür sei auch die Bürgermeisterin verantwortlich.
Nachdenken solle man auch über andere Formen der Finanzierung, andernfalls drohe der Stadt der Kollaps, so Wysuwa. „Wir brauchen künftig eine bessere und langfristige Planung“, antwortete Bürgermeisterin Anne Loth, die sich ansonsten in der Diskussion nicht zu Wort meldete.