AlltagsmaskenHier wird in Wipperfürth und Lindlar rund um die Uhr genäht
- In NRW kommt die Alltagsmaskenpflicht ab dem 27. April.
- Selbstgenähte Masken stehen hoch im Kurs, während der Handel sich umstellt.
- In Wipperfürth und Lindlar schneidern viele Freiwillige die bunten Schutzmasken.
Wipperfürth/Lindlar – Baumwollstoff, Blumendraht, Garn und Gummibänder – mehr braucht man nicht, um sich selbst einen Behelfsmundschutz zu nähen, erklärt Kristin Brabender: „Ich denke jeder hat noch alte Bettlaken oder Vorhänge zuhause, die man verwenden kann. Wichtig ist nur, dass der Stoff bei 90 Grad gewaschen werden kann“.
Private Nähgemeinschaft für Praxen und Pflege
Kristin Brabender aus Wipperfürth näht mit zahlreichen Helfern für Arztpraxen, Pflegeheime und andere Einrichtungen. Seit der Bedarf an Behelfsmasken so groß ist, nähen sie noch mehr. Inzwischen entstanden so rund 2000 Exemplare.
Ein paar Straßen weiter sitzt Sabine Häger im Siebenborn an ihrer Nähmaschine. Morgens um 5 Uhr beginnt ihr Arbeitstag inzwischen. Sie hat seit Beginn der Krise schon über 700 Exemplare genäht, die sie verschenkt.
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Als Vorlage dient Kristin Brabender eine Nähanleitung des Deutschen Hausärztlichen Verbandes für einen Behelf-Mund-Nasen-Schutz . „Wir haben unsere Prototypen zu Beginn von Ärzten testen lassen und sie haben unsere Masken nach dieser Anleitung für gut befunden“, berichtet Brabender. Allerdings empfehle sie, statt Gummibändern Stoffbänder an den Mundschutz zu nähen, da diese am Hinterkopf individuell größenverstellbar und so bequemer zu tragen seien.
Außerdem empfehle es sich, zwei Schichten Stoff zu vernähen und innen einen weichen Stoff zu verwenden, zum Beispiel solchen, der für Babywindeln verarbeitet wird. „Für Privatpersonen reichen unsere Kapazitäten leider nicht. Arztpraxen oder andere Einrichtungen, die Bedarf haben, können sich aber gerne weiterhin bei uns melden“, so die Hansestädterin.
Die Masken an die Nachbarn verschenken
Auch Sabine Häger hat über eine Woche getestet, bevor ihr Prototyp fertig war. Ihre Tochter arbeitet in einer Physiotherapiepraxis und musste zwar arbeiten, hatte aber keine Chance, an Schutzkleidung heran zu kommen. Da erinnerte sich die Mutter an die Nähmaschine, mit der sie schon mal ein Karnevalskostüm geschneidert hatte. „Ich kann eigentlich gar nicht nähen, sondern stricke lieber“, fügt sie an. Doch dann probierte sie so lange, bis jede Naht saß.
Stoffspenden helfen bei der Produktion
Das hat auch Angelika Kühn aus Lindlar so gemacht. Sie näht die Behelfsmasken aus Stoffspenden: „Den Großteil spende ich an die Gemeinde Lindlar. Wer aber dringenden Bedarf hat, kann sich gerne über Facebook bei mir melden“, so die Lindlarerin. Die Gemeinde verteilt ihre und alle anderen gespendeten Masken an Arztpraxen und Pflegeeinrichtungen: „Auf die Anfragen von Bürgern, die die Behelfsmasken für den Privatgebrauch benötigen, können wir zurzeit leider noch nicht eingehen. Momentan versuchen wir, alle Schulen in der Gemeinde mit Schutzmasken auszustatten“, so Bürgermeister Dr. Georg Ludwig.
120 Masken hat nun auch die Arbeiterwohlfahrt (Awo) an die Gemeinde übergeben. Die Näher der Awo haben insgesamt mehr als 700 Masken genäht, vor allem für Pfleger und Praxen, berichtet Rosi Wendeler.
Masken statt Gardinen und Vorhänge
In Wipperfürth hat Sabine Häger einen anderen Weg gewählt, ihre Masken zu verteilen. Sie stellt jeden Tag eine Kiste mit den fertigen Exemplaren vor ihre Haustüre im Siebenborn. Eine Puppe mit Stoffmaske auf dem Balkon weist den Weg zum Haus Nummer 78 im Siebenborn. Nachbarn und Passanten dürfen sich hier bedienen. „Manchmal gibt es eine kleine Spende für die Materialkosten“, berichtet Häger und vertraut, dass jeder nur so viele Masken nimmt, wie er benötigt. Ihr Ziel: „Die Leute sollen den Menschen im Gesundheitsdienst nicht die professionellen Masken wegkaufen, darum nähe ich.“
Auch der Handel hat reagiert auf die Nachfrage. So hat AF Kopiersysteme in Kaiserau bei Lindlar Stoffe und Gummibänder ins Sortiment genommen. Bei Raumausstattung Dreiner an der Hochstraße in Wipperfürth sitzt Inhaberin Ursula Tausch an der Nähmaschine, sie verkauft fertige Behelfsmasken in verschiedenen Designs. „Anfangs habe ich die Masken für den guten Zweck genäht, da ich eine großzügige Stoffspende erhalten habe“. Doch die Nachfrage war so groß, dass sie Material nachbestelle musste und nun die Masken im Verkauf anbietet, nach erzwungener Ladenschließung und weggebrochenen Aufträgen. (lih/lb)