Video „Oberberg bliev Jeck“Karnevalstalente auf ihrer digitalen Bühne erleben
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Oberberg – Für die Überraschung auf der digitalen Karnevalsbühne der OVZ und des Oberbergischen Anzeigers unter dem Motto „Oberberg bliev Jeck“ mussten die Zuschauer bis ganz zum Schluss an den Bildschirmen bleiben. Denn neben dem Song „Bützje Bützje“ von Sänger Dirk Meierlücke hatte es sich auch Redner Jörg Runge, alias „Dä Tuppes vum Land“, nicht nehmen lassen, ein exklusives Programm für die Oberberger vorzubereiten und sieben Minuten lang auf die etwas andere Session zu dichten. Mit Gedanken rund um Corona sowie die Vergesslichkeit im Alter sorgte er zweifelsfrei vor den Bildschirmen daheim für Lacher. Nur so viel vorweg: „In dieser Session, so muss man es sehen, werden viele neue Dinge entstehen.“
Jeck im Internet – mit unserem Video
Doch von vorne: Da der Karneval dieses Jahr nicht in den Sälen und auf den Straßen gefeiert werden kann, hatte die Redaktion das jecke Treiben kurzerhand ins Internet verlagert. An Weiberfastnacht pünktlich um 11.11 Uhr, wenn sonst die Rathäuser gestürmt werden, startete die Karnevalsshow: Mit Redaktionsleiter Frank Klemmer schwelgten Sänger Dirk Meierlücke und Redner Jörg Runge in Erinnerungen und zeigten zahlreiche Videobotschaften aus dem oberbergischen Karneval.
Auch die Suche nach verborgenen Talenten war erfolgreich: Fünf Bewerber – viermal mit Musik, einmal mit Kabarett – konnten auf der virtuellen Bühne ihr Können unter Beweis stellen. Unter ihnen waren mit Herbert Kurth, Helmut Kasper und Robert Longerich, gleich drei Kandidaten über 60. „Das oberbergische Karnevalstalent braucht eben ein wenig, bis es entdeckt wird“, scherzte Frank Klemmer, bevor er Herbert Kurths musikalischen Beitrag – eine Hommage ans Kölsch – genoss.
Oberbergs Talente
Wer sind die fünf Talente unserer digitalen Bühne
Brass Four Spass machen zu viert Musik auf Blechblasinstrumenten. Wolfgang Feykens, Patrick Schnippering, Johannes Piffka und Christoph Klein spielen im Musikverein Frielingsdorf und gründeten vor vier Jahren die Band mit dem Namenszusatz „Die etwas andere Biermusik“.
Helmut Kasper (61) aus Gummersbach singt quasi seit der Geburt und lernte im Alter von 13 Jahren Gitarre zu spielen.
Die Idee zu seinem eigenen Stück kam ihm während eines Reha-Aufenthalts mit viel Zeit. Die Melodie geht zurück auf den US-Song „The ship that never returns“ (1865) von Henry Clay Works.
Das Harscheider Kirchenkabarett ist 2007 im Bemühen für ein Programm für ein Gemeindefest entstanden. Seitdem sind sechs eigene Programme entstanden und aufgeführt worden, ein siebtes Programm steht bereits in den Startlöchern. Insgesamt besteht die Gruppe aus rund 15 Personen.
Robert Longerich (67) aus Loope macht seit dem 14.Lebensjahr Musik und ist Gitarrist der Rockband „Scions“. Als er vor einiger Zeit ein Karnevalslied für das Engelskirchener Dreigestirn schrieb, erlangte der heutige Rentner schlagartig Bekanntheit.
Herbert Kurth (68) ist bekannt als „Saunaboy“ im Engelskirchener Kirchenkarneval. Seine Gitarre fehlt auch bei Familienfesten nie. Seine Hommage ans Kölsch hat er selbst getextet – mit einer großen Portion Humor.
Nicht musikalisch aber mit ebenso viel Talent zeigte sich auch das Kirchenkabarett aus Nümbrecht-Harscheid um Ulrich Holländer. Der forderte einen „richtigen Lockdown ohne Kompromisse“, fragte sich aber gleichzeitig, warum die anderen denn nicht mal zu Hause bleiben können. Woher er das wisse? „Wir sind da mal hingefahren und haben geguckt“, erzählte er von einem Ausflug nach Eckenhagen zum Blockhaus und verriet: „Sogar von Düsseldorf war einer da!“
Runge als „Dä Tuppes vum Land“ zeigte sich erleichtert, dass die Menschen ihren Humor auch in diesen Zeiten nicht verloren hätten: „Mein Wunsch ist, dass die Menschen das Aufeinanderzugehen nicht verlernen. Auch auf Distanz kann man sich nah sein.“
Dass das Vereinsleben auch auf Distanz funktioniert, bewiesen die vielen oberbergischen Karnevalsvereine, die Video-Grußbotschaften geschickt hatten. „Lasst euch von dem Virus nicht den Spaß an der Freud verderben“, grüßte Juppi Steinfort von der KG Rot Weiß Denklingen aus seinem Arbeitszimmer.
Weitere Grüße schickten Weitere Grüße schickten die KG Närrische Oberberger, das Komitee Lenkelner Karneval aus Lindlar, die Bielsteiner Raketen, das Lindlarer Mütterkaffee sowie das Tanzkorps Blau Weiß Neye, das einen Einblick in sein Home-Training gewährte. Und auch bekannte Karnevalsgrößen hatten Grußbotschaften geschickt. So erinnerte sich Willibert Pauels an die Klopapierknappheit in der DDR. Und Blonduella aus Wipperfürth steuerte digital eine gesangliche Parodie über „Corona – dat Drissding“ bei.
Gerne erinnerten sich Sänger Meierlücke und Redner Runge an die vielen Auftritte in den Festzelten und Sälen im Oberbergischen. „Hier in Oberberg ist die Wutz los“, meinte Runge. Meierlücke erzählte von einem Abstecher nach Wallefeld mit Kartoffelsalat und Würstchen: „Da spürt man einfach die Herzlichkeit.“
Mit wie viel Leidenschaft man Karnevalsmusik machen kann, bewies auch die Band „Brass Four Spass“. Mit zwei Trompeten, einer Posaune, einer Tuba und dem Karnevalsklassiker „Drink doch ene mit“ von den Bläck Fööss brachten sie am Bildschirm einen Hauch des Kölner Karnevals ins Oberbergische.
Nachdenklichere Töne schlugen Klemmer, Meierlücke und Runge beim Gespräch über die Bedeutung der Pandemie für die Künstler an. Dazu passte auch der musikalische Beitrag von Robert Longerich aus Loope, der im Lied „De Zick donoh“ auf bessere Zeiten schaute. „Robert hat schon viele tolle Stücke geschrieben“, lobte Dirk Meierlücke. Und musikalisch verstecken musste sich auch Helmut Kasper, der von seiner Lebensgefährtin angemeldet worden war, mit seinem selbst geschriebenen Lied nicht.
Die Lachmuskeln beanspruchten traditionell die jecken Wiever des Engelskirchener Mütterkaffee, die sich zum digitalen Singen verabredet hatten. „Meinste dat klappt all?“, fragte sich die ein oder andere – und hatte das Chaos schon vorhergesehen. Nach Diskussionen über das richtige Kostüm und mit Pappnase auf dem Mundschutz lautete schließlich das Fazit: „Digital ist nicht so unseres, wir können besser live“.