Spannend und kurzweilig: In Waldbröl trafen sich Christoph Waffenschmidt und Stephan Eisel zum Kamingespräch. Auch um den Mauerfall ging es.
Historisches KamingesprächKanzler Kohl und seine starke Verbindung nach Waldbröl
Wie bekommt man einen Bundeskanzler von Warschau nach Berlin? Handys und Computer mit Internetzugang gibt es nicht, der Fernschreiber ist das Kommunikationsmittel der Zeit. Es ist der 9. November 1989, Helmut Kohl ist auf Staatsbesuch in Polen – und in Berlin fällt die Mauer. Einfach hinfliegen geht nicht, denn die deutsche Luftwaffe darf nicht ohne weiteres den Luftraum der DDR queren.
Der Altkanzler und die Zeit des Mauerfalls sind das große Ganze, das am Dienstagabend zwei Männer zusammengebracht hat: In Waldbröls Bürgerdorf am Alsberg treffen sich Christoph Waffenschmidt (54), von 1999 bis 2008 Bürgermeister der Marktstadt, und Stephan Eisel (68), in den Jahren von 1983 bis 1992 zunächst Redenschreiber für Helmut Kohl und später schließlich stellvertretender Leiter des Kanzlerbüros in Bonn, zu einem „Kamingespräch“.
Dazu eingeladen hat die bald 100 Jahre alte Abteilung Oberberg im Bergischen Geschichtsverein, deren Vorsitzende Marcus Dräger und Uwe Bathe leiten nicht nur durch den kurzweiligen, spannenden Abend: Sie haben einen Mini-Kamin mit elektrischen Flammen in Gepäck.
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Für 16 Jahre gehört in jener Zeit auch der Waldbröler Horst Waffenschmidt (1933 – 2002), Vater von Christoph Waffenschmidt zu Kohls Kabinett. „Wenn der Waffenschmidt im Haus war, dann hörte man sein Lachen durch alle Wände und noch Etagen höher“, erinnert sich der gebürtige Landauer und heutige Sankt Augustiner Eisel an den engen Vertrauten Helmut Kohls.
Von 1964 bis 1972 war Horst Waffenschmidt in Wiehl erst Gemeinde-, dann Stadtdirektor, auch hatte er bis zu seinem Tod in Waldbröl ein Mandat als Stadtverordneter für die CDU. „Seine Bürgersprechstunden fanden immer sonntags statt – bei uns im Wohnzimmer, nach dem Kirchgang“, erzählt Christoph Waffenschmidt. „Danach gab's Mittagessen mit der Familie.“ Oft habe er den Vater bei Terminen begleitet, etwa als Fünf-, Sechsjähriger beim Besuch der Jugendfeuerwehr von Dannenberg: „Da hockte ich dann zu seinen Füßen versteckt im Rednerpult.“
Zuletzt hat Christoph Waffenschmidt in Berlin, Pankow ist Wohnort der Familie, als Vorstandsvorsitzender des Deutschland-Zweigs im christlichen, weltweit engagierten Kinderhilfswerk World Vision gearbeitet, gerade gönnt er sich eine Auszeit. Auf die Frage Drägers, ob er im Herbst kommenden Jahres auf einem der freien Bürgermeistersessel in Oberberg Platz nehmen wolle, antwortet der Waldbröler geschmeidig, dass er natürlich die regionale Politik weiterhin verfolge und sich vielleicht einen ehrenamtlichen Posten vorstellen könne. „Ich befinde mich derzeit in sehr konkreten Gesprächen zu meiner Zukunft.“
Im September 1988 wird sein Vater unter Kanzler Kohl Beauftragter der Bundesregierung für Aussiedlerfragen, Erfahrungen für diesen Posten hat er zuvor etwa mit der Ankunft der Siebenbürger Sachsen in Drabenderhöhe gesammelt. Und als am 30. September 1989 der erste von 14 Zügen mit Geflüchteten aus der DDR im Bahnhof von Hof, dem ersten Halt in der Bundesrepublik, einrollt, ist Horst Waffenschmidt am Gleis und spricht per Lautsprecher die Begrüßungsworte.
„Auf den Filmaufnahmen von damals ist Waffenschmidt zu hören“, schildert Stephan Eisel, der heute Vorsitzender des Bonner Vereins „Bürger für Beethoven“ ist. Und Christoph Waffenschmidt weiß es noch heute: „Mein Vater war damals gute 56 Stunden wach und auf den Beinen. Als er wieder zu Hause war, hat er erst mal lange geschlafen, sehr lange.“
Und wie löst man das Problem, den Chef, den Kanzler, nach Berlin zu schaffen? Eisel: „Die Flugbereitschaft der Luftwaffe hat ihn in Warschau abgeholt und nach Hamburg gebracht. Da wartete eine Maschine der amerikanischen Streitkräfte aus Ramstein.“ Denn nur die Alliierten dürfen das geteilte Berlin und allein Tempelhof ansteuern. „Kohl ist von einem Flugzeug ins andere gesprungen, um 15.45 Uhr stand er mit Willy Brandt auf dem Balkon des Rathauses von Schöneberg.“ Dass die Mauer fallen werde, habe Kohl übrigens fest geglaubt. „Er glaubte aber nie, dass er das erleben würde.“
Geschichtsverein tagt in Waldbröl
Welche Informationen findet man über Waldbröl im Rheinischen Städteatlas? Um diese Frage geht es in einem Vortrag über das historisch-topografische Grundlagenwerk zur Geschichte rheinischer Städte, den Wolfgang Rosen (LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte, Bonn) am Samstag, 20. April, im Bürgerdorf am Alsberg in Waldbröl hält. Anlass ist die Jahreshauptversammlung der Oberbergischen Abteilung des Bergischen Geschichtsvereins, die Bürgermeisterin Larissa Weber um 15 Uhr eröffnet. Die Abteilung feiert in diesem Jahr ihr 100-jähriges Bestehen. (tie)