Die Kardiologie des Klinikums wird am Standort Waldbröl deutlich verkleinert, dafür kommt jetzt schon die Endoprothetik in die Marktstadt.
Klinikum OberbergDer Aufbau des neuen Kompetenzzentrums startet im März
Etwa 4000 Menschen beziehen pro Jahr ein Bett in der Kardiologie am Kreiskrankenhaus in Waldbröl, weil ihnen das Herz Kummer macht. Und da begeben sie sich in die Hände von Chefarzt Dr. Vedat Tiyerili und seinem Team. Am 16. Oktober vergangenen Jahres hat der 46 Jahre alte Mediziner die Leitung der mit Abstand größten Klinik am Standort Waldbröl übernommen – und sei dort gut angekommen und habe sich bestens eingelebt, verrät der gebürtige Duisburger.
Der Aufbau eines Kompetenzzentrums hat den Chefarzt Dr. Vedat Tiyerili gereizt
Noch hat Tiyerili seinen Arbeitsplatz in der Marktstadt, doch sollen große Teile der Kardiologie in den kommenden Jahren nach Gummersbach umziehen: In der Kreisstadt will das Klinikum Oberberg ein Herz- und Gefäß-Kompetenzzentrum einrichten. „Und genau das hat mich an meiner neuen Stelle gereizt: etwas aufzubauen, das es noch nicht gibt, eben von Grund auf – und dieses dann auch mitzugestalten“, erklärt der Vater von drei Kindern im Alter von drei, elf und 13 Jahren.
In Waldbröl hat er ein Apartment bezogen, wenn der Wechsel nach Gummersbach ansteht, soll endlich auch die Familie nach Oberberg kommen: „Wohnen wollen wir in der Umgebung von Gummersbach.“ Wenn Tiyerili nicht in Waldbröl arbeitet, dann ist er bei der Familie in Brühl: Denn von 2001 bis März 2021 hat er zuletzt als Oberarzt am Herzzentrum des Bonner Universitätsklinikums gearbeitet, der Ruf ins Oberbergische aber hat ihn dann als Leitender Oberarzt am St.-Johannes-Hospital in Dortmund erreicht.
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Die Wurzeln des neuen Chefarztes liegen im Ruhrpott
Studiert hat er unter anderen an den Uni-Kliniken in Gießen und Essen. „Als Duisburger bin ich sozusagen industriell aufgewachsen“, erzählt Tiyerili und lacht. „Wir Menschen aus dem Ruhrgebiet sagen immer, was wir denken. Wir sind ehrlich.“
Am Klinikum Oberberg habe er nun die Herausforderung gefunden, die er gesucht habe, betont der Kardiologe. „Mein Wunsch war es immer, Leben zu retten – oder zu bewahren“, erklärt Tiyerili, warum er sich fürs Herz und nicht fürs Auge oder die Hüfte entschieden hat. „In der Ästhetischen Chirurgie würde ich sicher mehr Geld verdienen, aber die interessiert mich nicht.“ In Waldbröl – und später in Gummersbach – wolle er „Herz-Medizin von Anfang an und aus einem Guss“ anbieten, die in Oberberg ohnehin keine Konkurrenz habe und den Vergleich mit den Kliniken in Bonn, Köln, Bergisch Gladbach, Siegen und Lüdenscheid auf keinen Fall scheuen müsse. „Auch komplexe Erkrankungen wollen wir künftig mit allen Nebenerkrankungen in vollem Umfang behandeln – und das dann an einem einzigen Ort.“
Erweitert werde dafür zum Beispiel der Bereich der Herzklappen-Erkrankungen, ebenso die Elektro-Physiotherapie bei Herzrhythmus-Störungen. „Der Bedarf ist absolut vorhanden“, betont der neue Chefarzt, der Ablenkung vom Job an der Tischtennisplatte findet – „und vor allem natürlich bei der Familie“.
Etwa 4000 Patientinnen und Patienten werden pro Jahr allein in Waldbröl behandelt am Herzen
Neben den rund 4000 Patientinnen und Patienten, die in der Waldbröler Kardiologie stationär behandelt werden, finden dort jährlich etwa 400 ambulante Eingriffe statt, zuletzt wurden zudem mehr als 1200 Behandlungen nach Notfällen gezählt und rund 1500 Untersuchungen in den beiden Katheterlaboren vorgenommen, diese werden nach Angaben der Geschäftsleitung weiterhin in der Marktstadt bleiben.
Dr. Vedat Tiyerili, seit seiner Habilitation 2017 in Bonn Privat-Dozent und damit für den Unterricht an Universitäten zugelassen, ist Nachfolger von Chefarzt Dr. Michael Petzsch, der in den Ruhestand gegangen ist. Petzsch habe die Klinik vorbildlich geführt und medizinisch auf höchstem Niveau weiterentwickelt, erklärte Sascha Klein, Geschäftsführer des Klinikums, bei der Übergabe an Tiyerili. Und der verspricht, daran anzuknüpfen: „Mein Ehrgeiz hört nie auf.“
Neue Aufgaben für Waldbröl und Gummersbach
Mit 95 Betten, darunter zwölf mit Überwachung, ist die Kardiologie die mit Abstand größte Klinik am Standort Waldbröl und die zweitgrößte des Klinikums Oberberg insgesamt – größer ist nur die Klinik für Innere Medizin in Gummersbach. Zurzeit arbeiten in der Kardiologie unter der Leitung von Dr. Vedat Tiyerili sechs Oberärzte und Oberärztinnen sowie 22 Assistenzärzte und Assistenzärztinnen. Zur Klinik gehören zwei Herz-Katheterlabore. Nach Angaben von Sascha Klein, Geschäftsführer des Klinikums, vergehen bis zum Umzug der Kardiologie nach Gummersbach noch zwei bis drei Jahre. Dort soll ein Neubau entstehen, für den das Kreisklinikum Fördermittel beantragen wird.
„Diese Anträge befinden sich derzeit in der Bearbeitung und werden fristgerecht bis zum 2. April dieses Jahres eingereicht“, sagt Klein. Bis zum Jahr 2027 stellt die Landesregierung insgesamt 2,51 Milliarden Euro bereit, um solche Vorhaben zu fördern. „Die Fördermittel dienen der Gestaltung einer zukunftsfähigen Krankenhauslandschaft.“
Kardiologie in Waldbröl wird nur „abgespeckt“, aber nicht geschlossen
Geschlossen wird die Kardiologie in Waldbröl aber nicht. „Sie bleibt in abgespeckter Form“, betont Chefarzt Tiyerili und versichert: „Wir lassen niemanden allein.“ Gehen werde aber die invasive Kardiologie, also etwa die Akut-Behandlung nach einem Infarkt. Die sogenannte konservative Kardiologie, die Betreuung von Patientinnen und Patienten mit einem Herzschrittmacher, und von Menschen, die sich in einer Defibrillator-Therapie befinden, soll in der Marktstadt auch weiterhin angeboten werden, und zwar in der Abteilung für Innere Medizin.
Diese verlassen wird jedoch die Abteilung für Gefäßchirurgie, und das bereits im kommenden März. In Gummersbach entstehen soll ein Endovaskuläres Zentrum. Im Gegenzug bekommt das Krankenhaus in Waldbröl eine Schwerpunkt-Abteilung für Endoprothetik – in Gummersbach heiße es dann: „Keine Knie, keine Hüften mehr“, zumindest bei planbaren Operationen. Künstliche Gelenke werden ab dann überwiegend in Waldbröl eingesetzt.
Vorgestellt worden waren diese Pläne im Juni vergangenen Jahres nach einer Klausurtagung des Aufsichtsrates und der Gesellschafter in Wiehl als Reaktion auf neue Anforderungen des Landes Nordrhein-Westfalen – sie lösten anschließend Bestürzung aus. Die geplanten Investitionen beziffert das Klinikum seither auf rund 41 Millionen Euro, Neubau in Gummersbach inklusive.