Im Waldbröler Amtsgericht gab es teils beklemmende Momente als dort gegen einen 46-Jährigen wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs verhandelt wurde.
Urteil46-jähriger Oberberger gesteht sexuellen Missbrauch von geistig beeinträchtigten Jugendlichen
Es war eine bedrückende Atmosphäre im Saal des Waldbröler Amtsgerichts, als die Anklageschrift vorgelesen wurde: Sexueller Missbrauch sowie der Besitz und die Beschaffung jugendpornografischen Materials wurde einem 46 Jahre alten Mann aus dem Süden des Kreises vorgeworfen.
Insgesamt zwölf Taten standen zu Buche, die sich zwischen Juni und Oktober 2023 zugetragen haben sollen. Bei den Opfern handelt es sich um ein Mädchen und einen Jungen, beide zur Zeit der Taten 16 Jahre alt und geistig in ihrer Entwicklung zurückgeblieben. Schwerwiegend kam hinzu, dass der Angeklagte seit vielen Jahren die Familien der beiden Jugendlichen kennt und viel Zeit mit ihnen verbracht hatte. Über seinen Verteidiger ließ der Angeklagte mitteilen, dass alle ihm vorgeworfenen Taten der Wahrheit entsprächen.
Dieses Geständnis und die Tatsache, dass er dadurch den beiden Opfern eine Aussage vor Gericht ersparte und er bis dato strafrechtlich noch nicht in Erscheinung getreten war, veranlassten das Schöffengericht unter dem Vorsitz von Richter Carsten Becker, den 46-Jährigen zu einer Haftstrafe von einem Jahr und fünf Monaten, ausgesetzt zur Bewährung, zu verurteilen. Damit folgte das Gericht dem Antrag der Staatsanwaltschaft am Ende des Verfahrens. Seine Beweggründe könne er sich selbst nicht erklären, sagte der Mann: „Ich hätte sie vor genau so etwas schützen müssen, dass sie auf ein Schwein wie mich reinfallen. Und dann mache ich diesen Mist selbst“, zeigte sich der 46-Jährige reumütig. Er ergänzte: „Ich habe dadurch alles kaputtgemacht, Freundschaften zerstört und ihr Vertrauen missbraucht.“
Angeklagter kannte seine Opfer bereits seit frühester Kindheit
Das Mädchen kenne er, seitdem die Jugendliche ein Baby gewesen sei, zusammen verbrachten sie viel Zeit. Im Herbst des vergangenen Jahres dann intensivierte der Angeklagte den Kontakt zu der 16-Jährigen. Sie führten Videotelefonate, und die junge Frau habe sich freiwillig ausgezogen und selbst befriedigt. Was sie nicht wusste: Der Angeklagte zeichnete die Videotelefonate auf und fertigte auch Screenshots an. Als sie ihm keine Fotos und Videos mehr von sich schicken wollte, gab er sich unter fremder Telefonnummer als ein Junge aus, in den sich die Jugendliche verknallt hatte. So konnte er sie zu weiteren Nacktaufnahmen überreden.
Der Vater des Mädchens führte aus, dass seine Tochter bis heute unter den Geschehnissen leide. Dem zweiten Opfer, einem damals 16 Jahre alten Jungen, zeigte der Angeklagte Pornos auf seinem Handy. Als sich dieser daraufhin selbst befriedigte, filmte der Angeklagte auch ihn dabei heimlich. Der 16-Jährige erzählte ihm von einem Mädchen, in das er sich verliebt habe. Der Angeklagte nutzte auch diese Gelegenheit aus, um – wie bei dem anderen Opfer – unter Vortäuschung falscher Tatsachen an weiteres jugendpornografisches Material zu kommen. Er zeigte ihm Nacktbilder, auf denen angeblich das angehimmelte Mädchen zu sehen war, und erhielt als Gegenleistung weitere Videos des Heranwachsenden. Die Geschehnisse führten bei dem Jugendlichen zu einer Wesensveränderung.
Seine Mutter kam dem Angeklagten dadurch auf die Spur und forderte den 46-Jährigen auf, Selbstanzeige zu erstatten und sich professionelle Hilfe zu suchen. „Ich will mit Hilfe einer Therapie das Ganze in den Griff kriegen“, sagte der Angeklagte im Gerichtssaal. „Mein Mandant hatte in seinem Leben noch keine Beziehung und auch in sexuellen Dingen ist er völlig unerfahren“, erklärte der Rechtsanwalt. Dadurch habe dem Angeklagten in seiner Jugend etwas gefehlt und er habe ein Interesse an Heranwachsenden entwickelt. „Das ist nicht gut und es beschäftigt mich jeden Tag“, sagte der 46-Jährige. Für Richter Carsten Becker allerdings eine Nummer Selbstmitleid zu viel: „Sie selbst sind für ihre Taten verantwortlich“, sagte er. Neben der Auflage, sich innerhalb eines Jahres bei einem Psychologen zu melden, muss der Angeklagte an die Beratungsstelle „Nina + Nico“ 500 Euro zahlen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.