Im vergangenen April hat Rafael Matté in Waldbröl eine leerstehende Eisdiele übernommen. Mit der ersten Saison ist er sehr zufrieden.
Eiskalte FamiliensacheDer Brasilianer Rafael Matté hat in Waldbröl eine Eisdiele eröffnet
Endlich ist es so weit: Die mächtige Maschine brummt ein letztes Mal, dann öffnet sich eine Klappe – kalt, dick, cremig und ganz langsam schiebt sich das frische Erdbeereis in die Stahlwanne. Zur Mittagszeit hat Familie Matté alle Hände voll zu tun: Während sich am Verkaufsfenster Eisfreundinnen und Eisfreunde tummeln und sich ein kühles Dessert gönnen, sorgen Rafael Matté und seine Eltern Fernanda und André für Nachschub reichlich.
Im vergangenen April hat der 39 Jahre alte Brasilianer an der Kaiserstraße in Waldbröl eine seit längerem leerstehende Eisdiele übernommen, ordentlich aufgemöbelt und im Stil eines modernen amerikanischen Diners eröffnet.
Auch Kaffee und Kuchen gibt es in der Waldbröler Eisdiele
„Die Idee ist die eines Fast-Food-Geschäfts“, erklärt Matté, der weg will vom klassischen Bild der Eisdiele mit pastellfarbenen Polstern, goldenen Handläufen und glänzenden Fliesen. Alles ist bei ihm aufs Mitnehmen in umweltfreundlichen Verpackungen ausgelegt, Personal gibt es keins – nur die Familie arbeitet dort, sein Bruder Gabriel (37) reicht durchs Fenster, was man sich wünscht.
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Platz nehmen kann man natürlich trotzdem im Eiscafé, Kuchen und Kaffee aller Art, heiß oder kalt, serviert Matté ebenfalls. Natürlich sei es mutig gewesen, in einer für die Gastronomie so schwierigen Zeit ein solches Geschäft zu gründen, überlegt Rafael Matté. „Aber ich hatte große Lust darauf, mich mit meiner Idee selbstständig zu machen und hier in Waldbröl zu investieren.“
Vor fünf Jahren hat der Brasilianer seine Heimat verlassen, ist nach Wiehl gekommen, hat dort das Eismachen gelernt von einem Cousin. In diesem Jahr hat er Mutter, Vater und Bruder nach Waldbröl geholt. „Denn es läuft sehr gut, mit der ersten Saison bin ich zufrieden.“
Gelebt hat Familie Matté in Caxias do Sul, einer Großstadt im Südosten des Landes. „Aber wir konnten die viele Gewalt da nicht mehr ertragen, das Leben ist zunehmend schwerer, härter geworden“, blickt Rafael Matté zurück. „Und damit sank auch die Lebensqualität immer weiter.“ Vater André (59) und Mutter Fernanda (56) sind dort als Handelsvertreter unterwegs gewesen, Bruder Gabriel hat als Lehrer gearbeitet. „Ich selbst hatte viele Jobs, etliche davon in der Gastronomie“, schildert der Neu-Unternehmer.
Für das Eis werden natürliche und regionale Zutaten verwendet
Für das Eis als Ware habe er sich entschieden, weil es so vielseitig sei – „und ich mit frischen, natürlichen und regionalen Zutaten arbeiten kann“, erklärt Rafael Matté, der über den „Autofreien Sonntag“ in Kontakt mit der Dorfgemeinschaft von Happach gekommen ist – in diesem Ort steht eine Milchtankstelle. „Die Familie Overhoff wird mich schon bald mit ihrer Milch beliefern“, kündigt der Eismacher an. 22 Sorten lagern stets im Kühltresen, etwa 40 stellt Familie Matté insgesamt her, auch gibt es zehn bis 15 vegane Sorten – 100 Gramm wiegt eine Kugel.
Geld, das er beim Personal spare, das investiere er lieber in die Qualität der Zutaten, führt der Gründer aus. „Was nicht von hier kommt, das kaufe ich bei einem italienischen Fachhandel.“ Neben den Klassikern hat Rafael Matté auch Sorten im Angebot, die an Erdnuss-Riegel oder amerikanische Kekse erinnern oder wie ein Brotaufstrich heißen. „Und für die Kinder muss es immer ein blaues Eis geben“, hat der Brasilianer in Deutschland gelernt. „Engelblau“ heißt das bei ihm – „und wahrscheinlich ist es das Eis mit den wenigsten natürlichen Zutaten“, setzt der 39-Jährige lachend hinzu. Auf der Karte findet sich zudem eine Überraschungssorte, gerade ist dies Piña Colada. Matté: „Diese Sorte wechselt monatlich.“
Auch möchte er brasilianisches Mais-Eis in der Marktstadt ausprobieren. „Brasilianisches Eis ist ganz anders als italienisches, die meisten Sorten werden aus Fruchtsaft oder nur aus Früchten gemacht – Früchten, die es in Europa nicht gibt“, sagt Rafael Matté und nennt die Acai-Beere. Ideen habe er sowieso viele: Er denke gerade über ein Eistaxi nach. „Und im Winter würde ich gerne am Laden einen Verkaufsautomaten aufstellen.“