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Was in der Jugend vorgehtSchulen aus Oberberg haben groß angelegte Studie beauftragt

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Wie kann die Gesellschaft junge Menschen beteiligen, um gemeinsam Zukunft zu gestalten?

Oberberg – Es ist ein bisschen wie auf dem Heiratsmarkt. Falsche Erwartungen auf beiden Seiten sind unvermeidlich. Um einen Beitrag zu leisten, dass Schulabgänger und regionale Arbeitgeber zu beiderseitiger Zufriedenheit zusammenfinden, haben drei oberbergische Schulen eine neue Initiative gestartet: „Morgen-Macher“.

Das Wiehler Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium (DBG), die TOB-Sekundarschule in Bielstein und die städtische Gesamtschule in Waldbröl gehören zum Netzwerk der nordrhein-westfälischen „Zukunftsschulen“ und pflegen über eine sechsköpfige pädagogische Arbeitsgruppe eine enge Kooperation. Britta Stephan ist am DBG für die Begabtenförderung zuständig und berichtet, dass die Mitglieder der Arbeitsgruppe im vergangenen Jahr auf ein Projekt des Kemptener Sozialforschers Simon Schnetzer aufmerksam geworden sind. Dieser ist mit einer eigenen Methodik der Frage nachgegangen: Wie kann die Gesellschaft junge Menschen beteiligen, um gemeinsam Zukunft zu gestalten? Herausgekommen ist die Studie „Junge Deutsche“.

1420 Teilnehmer

Die Oberberger fragten sich: Wie sieht es speziell in der Region aus? Britta Stephans Arbeitsgruppe entschloss sich, Schnetzer mit einer eigenen Studie zu beauftragen. Die Wiehler Sozialstiftung und die Stadt Waldbröl erklärten sich bereit, dessen Honorar in Höhe von 5500 Euro zu übernehmen.

Im ersten Schritt ging es darum, einen Fragebogen zu entwickeln. Jugendliche, Eltern und Unternehmen sollten sagen, was sie über die jungen Menschen im Alter zwischen 14 und 21 Jahren überhaupt erfahren wollen. Im Juni waren dann die Schülerinnen und Schüler der Stufen acht bis 13 in den drei Schulen aufgerufen, den Fragebogen online auszufüllen. Darüber hinaus durften sich auch junge Menschen aus den beiden Städten beteiligen, die keine der Schulen besuchen, sondern schon eine Ausbildung aufgenommen haben. Mit 1420 Teilnehmern wurde der angestrebte repräsentative Wert nahezu erreicht.

Die Fragen dienen dem Zweck herauszufinden, was die jungen Leute derzeit umtreibt – besonders mit Blick auf die Umstände der Coronakrise. Was vermissen sie, wie sehen sie ihre Generation? Auch die Themen Heimat und berufliche Zukunft fanden im Fragebogen Niederschlag. Zudem der Schulalltag, die Freizeitgestaltung, persönliche Motivation und Werte.

Nachfragen statt klagen

Nun geht es an die Auswertung. Die Erkenntnisse werden in Workshops mit Schülerinnen und Schülern, aber auch Lehrkräften, Eltern sowie Unternehmensvertretern diskutiert. Im Herbst soll eine „Task Force“ einen konkreten Maßnahmenkatalog entwickeln, der Schulen und Betrieben dabei hilft, sich auf die Bedürfnisse der Schulabgänger einzustellen und ihnen in Oberberg Perspektiven zu eröffnen. Im Konzeptentwurf für die Studie ist von einem raschen gesellschaftlichen Wandel die Rede, dem die heutige Generation der Schülerinnen und Schüler ausgesetzt ist. Bildungssystem, und Wirtschaft reagierten aber oft nur verzögert auf die rasanten Trends. Die DBG-Pädagogin Britta Stephan sagt: „Wenn man als Lehrer ein gewisses Alter erreicht hat, weiß man nicht mehr, wie die jungen Leute ticken.“ Da sei es allemal besser nachzufragen, als über „die Jugend von heute“ zu klagen.

Stephan sieht weniger ein Problem darin, dass allzu viele Schulabgänger angeblich „Influencer“ als Berufsziel angeben und niemand mehr Ingenieur werden will. Sie sieht eher ein Problem in einer Überforderung durch die zunehmende Vielzahl der beruflichen Möglichkeiten: „Den jungen Leuten steht auf einmal alles offen.“

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Die Corona-Krise komme da verschärfend hinzu und habe neuartigen Schulstress, ungewohnte Langeweile und Lücken im Sozialleben erzeugt. „Eine einheitliche (etwa bundesweite) Entwicklung einer Generation Corona“, wird im Studienentwurf allerdings vermutet, „ist schwer festzumachen, da besonders das direkte Lebensumfeld – im konkreten Falle die besonderen Voraussetzungen des Heranwachsens in der ländlichen Region – jugendliche Identität prägt“. Die Studie soll auch in dieser Frage Erkenntnisse über die Seelenlage der oberbergischen Schüler liefern.