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„Wipfelpfad war das Highlight“Julian Bruhn bewertet den Naturpark Bergisches Land

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Eine Juniorrangerin geht unter einem Baumstamm auf einem Wanderweg im Nationalpark Schwarzwald hindurch. (Symbolbild)

Julian Bruhn von der Geschäftsführung des Naturparks Spessart ist einer von zwei Experten, die gerade den Naturpark Bergisches Land als Qualitätsscout unter die Lupe genommen haben. Darüber sprach Jens Höhner mit ihm.

Wie hat es Ihnen bei uns im Bergischen Land gefallen?

Julian Bruhn: Es ist immer schön, in einen Naturpark zu fahren, den ich vorher nicht besucht habe. Es gibt viel zu entdecken, engagierte Menschen, die sich für die Heimat einsetzen, abwechslungsreiche Natur und Landschaft, innovative Ideen, typische Baukultur sowie Wander- und Radwege. Und genau das habe ich im Bergischen Land erleben dürfen.

Was haben Sie zudem erlebt?

Zuerst haben wir in Gummersbach die neue Geschäftsstelle besichtigt. Danach haben wir uns an einer Bergischen Kaffeetafel, natürlich mit Dröppelminna, für die erste Exkursion gestärkt. Die führte an die Bruchertalsperre, da wurde uns das Projekt „Alle inklusive“ vorgestellt. Schön zu sehen, wie sich eine Region für körperlich benachteiligte Menschen einsetzt. Weitere Stationen waren die Bonte Kerke in Lieberhausen, das Heimatmuseum in Bergneustadt, die Tourist-Info in Reichshof, der Waldmythenweg in Waldbröl und als Highlight schließlich der Baumwipfelpfad im Naturerlebnispark Panarbora.

Worauf haben Sie unterwegs besonders geachtet?

Wichtig für die Naturpark-Arbeit ist vor allem die gute Vernetzung in der Region. Nur mit guten Absprachen können Doppelstrukturen vermieden oder diese als Synergien genutzt werden. Mir ist auch die Sichtbarkeit wichtig, damit eine Region von „ihrem Naturpark“ spricht. Und ich habe die Angaben aus einem Katalog mit 100 Fragen auf Plausibilität überprüft. So haben die Kollegen zuvor versucht, ein umfassendes Bild des Bergischen Landes zu geben.

Worin unterscheidet sich denn unser Naturpark von Ihrem?

Aktuell ganz eindeutig durch das Landschaftsbild, da wir im Spessart mit unseren alten Buchen- und Eichenwäldern wenig Probleme mit dem Borkenkäfer haben. Laubmischwälder weisen in Mittelgebirgslagen eine gute Widerstandsfähigkeit auf. Wobei die vergangenen Trockenjahre Spuren hinterlassen haben. Mir gefällt im Bergischen die Siedlungs- und Baukultur mit den typischen Häusern und den Sprossenfenstern. Bei der Barrierefreiheit sind wir im Spessart noch deutlich hinterher. Das wird meine Hausaufgabe für die kommende Zeit.

Was ist positiv aufgefallen?

Das Bergische Land ist vielfältig, freundlich, bietet viele kulinarische Highlights. Der Naturpark hat hohen Wiedererkennungswert: An zentralen Stellen können über moderne Terminals aktuelle Informationen abgerufen werden. Und das professionelle Wander- und Radwege-Management schafft ideale Synergien.

Und was sehen Sie negativ?

Das Bergische Land ist fast so groß wie das Saarland oder gar der Staat Luxemburg. Für die vielfältigen Aufgaben, die ein Qualitätsnaturpark umsetzen soll, stehen nur fünf Personalstellen zur Verfügung. Da sollte dringend nachgebessert werden. Das nötige Geld sollte nicht nur von den Mitgliedskommunen kommen, sondern vor allem vom Land NRW oder gar vom Bund.

Was haben Sie an Ideen aus dem Bergischen mit Hause genommen, um sie umzusetzen?

Vor allem habe ich die Begeisterung für die Heimat mitgenommen. Der Außendienst im Wegemanagement ist eher Berufung als Dienst nach Vorschrift. Das möchte ich auf unsere Spessart-Ranger übertragen. Aber ich muss aufpassen, dass ich nicht zu viele Ideen habe, da auch wir nicht genügend Personal haben – leider ein Problem der meisten Naturparke.

Wie wichtig ist der Naturpark-Gedanke heute?

Der Gedanke ist in den Sechzigern entstanden. Damals haben ländliche Regionen auf sich aufmerksam gemacht und versucht, Besucher in schutzwürdigen Gebieten zu kanalisieren. Zu Zeiten von Corona stellen sich ähnliche Herausforderungen.

Somit kann die Region froh sein, einen Naturpark zu haben, der nicht nur immer wieder neue Angebote schafft, sondern diese dann auch langfristig unterhält. Das Wegemanagement ist absolut hervorzuheben. Die Naturparke sind auch wichtige Partner im Naturschutz und in der Landschaftspflege, in der Umweltbildung und Regionalentwicklung.

Kommt jemand aus dem Bergischen auch zu Ihnen?

Da Inga Dohmann aus dem Projektmanagement in Gummersbach eine von etwa zehn aktiven Qualitätsscouts für die 104 deutschen Naturparke ist, wäre es gut möglich, dass sie zu mir in den Spessart kommt. Ich würde mich über ihren Besuch sehr freuen.