AboAbonnieren

Tierheim WipperfürthEhrenamtler führen Hunde spazieren

Lesezeit 3 Minuten

Moses wird aus dem Zwinger an das Tor am Tierheim gebracht und dort übergeben.

Wipperfürth – Hätten Ben und Moses einen Kalender, wären die Samstage garantiert mit viel roter Farbe markiert. Immer samstags kommen zwei Zweibeiner hinaus nach Kaplansherweg, um die beiden Rüden mit auf einen Ausflug zu nehmen. Petra Pusch und Udo Friedrich heißen diese Menschen – sie engagieren sich als ehrenamtliche Gassigänger für die Vierbeiner des Tierheims Wipperfürth.

„Tatsächlich war es schon vor Corona schwer, freiwillige Helfer zu finden“, weiß Natalie Henn, die stellvertretende Leiterin der Einrichtung. „Vor allem solche, die öfter als einmal im Monat kommen wollen.“ Die Pandemie hat auch im Tierheim die Abläufe auf den Kopf gestellt. Um das Personal zu schützen, dürfen nicht einmal die Gassigänger ins Haus. Die Übergabe der Pfotenträger findet am Tor statt.

Pandemie stellt Abläufe im Tierheim auf den Kopf

Petra Pusch lebt in Kürten und arbeitet seit 2004 ehrenamtlich im Tierschutz. Ben, ihr aktueller Schützling, ist ein ziemlicher Angsthase. Radfahrer, der Lastwagen auf der Bundesstraße 506 oder der BLZ-Fotograf: Der Appenzeller-Mix scheint sich vor jedem und allem zu fürchten. „Er hat auch schon Kühe angebellt, die friedlich auf der Wiese standen“, erinnert sich Pusch. Das Problem: Hat Ben Angst, reagiert er aggressiv. „Dann geht er nach vorne – das macht ihn natürlich erst einmal unsympathisch“, nickt Petra Pusch.

Großes Interesse

Ein deutlich gestiegenes Interesse an Haustieren haben die Ehrenamtler des Tierschutzvereins Wipperfürth während der Pandemie festgestellt. Allerdings: „Wir befürchten, dass einige Tiere bei uns abgegeben werden, wenn Corona vorbei ist und die Menschen wieder normal zur Arbeit oder in die Schule gehen müssen“, sagt Natalie Henn vom Tierheim Wipperfürth.

Geändert habe sich auch die Neu-Vermittlung der dort aufgenommen Tiere. „Einerseits wollen wir Hunde und Katzen an ihre neuen Besitzer gewöhnen, andererseits aber zum Schutz der Pfleger nicht jedermann ins Tierheim lassen“, erklärt Henn.

Der direkte Kontakt sei deutlich zurückgegangen, trotzdem versuche das Tierheim durch Mails und Telefonate vorab, möglichst viel über die Bewerber auf ein Tier in Erfahrung zu bringen. (sfl)

Nach den ersten Metern scheint sich Ben langsam zu entspannen. Die gackernde Meute in dem Hühnerauslauf, den er gerade zusammen mit Pusch passiert, kennt er offenbar schon. Die Landschaft öffnet sich, rechts und links warten jetzt grüne Wiesen. „Regelmäßig nehme ich ihn inzwischen auch mit in die Stadt. Er muss verschiedene Umgebungen akzeptieren. In seinem alten Zuhause kam er nie vor die Tür, deshalb ist ihm vieles nicht vertraut“, erklärt Petra Pusch.

Sitz, Lauf, bei Fuß.

Einige Meter weiter vorne führt Udo Friedrich den neunjährigen Moses an der Leine. Der blinde Malinois-Mix führt die Grundkommandos aus und erschnüffelt sich danach ein Leckerchen. Sitz, Lauf, bei Fuß. Friedrich kommt aus Halver, den Kontakt zum Tierheim knüpfte er nach dem Tod eines guten Freundes, der drei Schäferhunde hinterließ. Das Trio kam nach Kaplansherweg, wo sich Friedrich zunächst dem Kumpel zuliebe regelmäßig um die Hunde kümmerte, bis die ein neue Herrchen gefunden hatten.

„Ich habe schnell gemerkt, dass sich auch andere Vierbeiner über regelmäßigen Besuch freuen würden – so bin ich geblieben“, erinnert sich Udo Friedrich. Seit über zwei Jahren geht er nun Gassi für den guten Zweck. Wenn es eben geht mindestens dreimal die Woche, bei jedem Wetter. Moses ist bereits Friedrichs zweiter Schützling. Der Halveraner wählt bewusst unterschiedliche Routen für die Runde. Mal wandert das Duo in Richtung Dhünn, mal durch das Schwarzental oder über die Höhe in Richtung Wipperfeld.

Das könnte Sie auch interessieren:

Langsam erreichen die Gassigänger den Waldrand. Moses schnüffelt interessiert im Unterholz, sogar Ben scheint hier nichts zu bemerken, vor dem er Angst haben müsste. Ein bisschen Regen zieht auf, aber das ist den Vierbeinern völlig egal, gerade heute. Immer samstags machen sich zwei Zweibeiner auf und warten vor dem Tor. Nur auf sie.