Nach Freispruch ins GefängnisWipperfürther Prozess endet vier Jahre nach Einbruch
Wipperfürth – Vier Jahre nach einem Einbruch in Jörgensmühle wollte die Staatsanwaltschaft in dieser Woche endlich einen der aus ihrer Sicht mutmaßlichen Täter verurteilen lassen. Vor dem Schöffengericht musste sich ein 61-jähriger Mann mit niederländischer und kroatischer Staatsbürgerschaft stellen, der seit den Achtzigerjahren mit seinen Taten vor allem die Strafregister in den Niederlanden, Belgien und Frankreich füllt.
Ihm warf die Anklage vor, am frühen Nachmittag des 7. Juli 2017 gemeinsam mit einem Komplizen in ein Wohnhaus an der Landstraße 286 eingedrungen zu sein. Das Duo habe die Terrassentüre aufgehebelt und mehrere Räume durchsucht. Münzen, Schmuck und Uhren im Gesamtwert von 4700 Euro stopften die Männer in einen Kopfkissenüberzug, bevor sie mit einem nahe der Landstraße geparkten Auto in Richtung Wipperfürth flüchteten.
Tochter bemerkte Einbrecher
Tatsächlich hatte die Tochter der Hauseigentümer die Einbrecher bemerkt, als sie von der Schule zurückkehrte. Schon auf dem Weg von der Bushaltestelle zum Haus seien ihr der hochgezogene Rollladen und das fremde Fahrzeug aufgefallen, erinnerte sich die heute 23-Jährige vor Gericht. Sie notierte das Kennzeichen und rief ihren Bruder an, der wiederum die Polizei alarmierte. Die damalige Schülerin entdeckte sogar die Einbrecher samt Beute und brachte sich dann unbemerkt bei den Nachbarn in Sicherheit.
Im Prozess kritisierte der Vater (59), dass der erste Streifenwagen nicht aus Wipperfürth – also aus der Richtung, in die die Einbrecher flüchteten – gekommen sei, sondern mit erheblichem Zeitverzug von der Wache Gummersbach. Vor Ort dokumentierten die Beamten die Einbruchsmerkmale und sicherten auf der Scheibe der Terrassentür Fragmente einer DNA-Spur. Diese wurden später von Forensikern mit der Datenbank des Landeskriminalamtes abgeglichen und seien „ohne wissenschaftlichen Zweifel“ dem 61-Jährigen zuzuordnen, so die Gutachter.
DNA-Spuren am Tatort gefunden
Während der Beweisaufnahme betonte Verteidiger Dr. Karl-Christoph Bode, dass es weiterhin eine Kette von Unklarheiten gebe. So führte das von der Tochter genannte Siegburger Kennzeichen zu einem Motorrad. Die von ihr damals angefertigte Personenbeschreibung passte nicht zur Größe und der Statur des Angeklagten. „Außerdem kann niemand sicher sagen, wie die DNA-Spur an die Scheibe gekommen ist – das reicht nicht für eine Verurteilung“, so der Anwalt. Der 61-Jährige beteuerte, zu dieser Zeit in Belgien im Gefängnis gesessen zu haben – was durch Rückfrage bei der dortigen Justiz widerlegt werden konnte.
Das Schöffengericht folgte dem von der Verteidigung beantragten Freispruch auf Staatskosten. „Der Angeklagte ist ein Berufskrimineller, der mehr Lebenszeit in Gefängnissen verbracht hat als in Freiheit und wahrscheinlich auch die nächste Haftstrafe verdient hat“, sagte der Vorsitzende in der Urteilsbegründung. Der Rechtsstaat gebiete es aber, dem Mann die Beteiligung an dem Einbruch zweifelsfrei nachzuweisen. Das sei mit den vorgebrachten Beweismitteln nicht möglich. So sei zum Beispiel denkbar, dass der Mann das Haus für spätere Komplizen auskundschaftete und dabei seine DNA hinterließ.
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Die Staatsanwaltschaft hatte zuvor erklärt, ihr genüge diese Spur für eine Verurteilung, und zwei Jahre Gefängnis ohne Bewährung gefordert. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Nach dem Prozess wurde der Mann trotz des Wipperfürther Freispruchs zurück ins Gefängnis gebracht. Dort verbüßt er noch bis 2023 weitere Haftstrafen – wegen Einbrüchen in Köln und Essen.