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Wipperfürther WunschwandSeit einem Jahr können Wünsche mitgeteilt werden

Lesezeit 3 Minuten

Michael Wittschier an der Wipperfürther Wunschwand am Busbahnhof.

Wipperfürth – An erster Stelle steht der Wunsch nach Menschlichkeit, Liebe und Respekt. Es folgen Gesundheit, Frieden, Zufriedenheit und Glück. An Platz fünf rangieren Familie, Gemeinschaft und Zusammengehörigkeit. Das sind die „Top 5“ der Wünsche, die Michael Wittschier auf seiner Wunschwand am Busbahnhof im Herzen der Wipperfürther Innenstadt ausgemacht hat.

Vor ziemlich genau einem Jahr hat der Künstler und ehemalige Gymnasiallehrer die Wand ins Leben gerufen. In Absprache mit Hauseigentümer Stefan Zimmermann hat er die, wie er sagt, ziemlich schäbige Wand mit grüner Tafelfarbe angestrichen, mit Kreide in zwei Rubriken unterteilt und noch ein Kästchen für die Kreise angebracht.

Wünsche können aufgeschrieben werden

Seither können Wipperfürther Bürgerinnen und Bürger an die Wand schreiben, was sie sich für sich selbst und für andere wünschen. Einmal in der Woche kommt Michael Wittschier, ausgestattet mit Wasser, Schwamm und Kamera, an den Busbahnhof, dokumentiert die Wünsche und schafft Platz für neue. Und ist erstaunt und erfreut darüber, wie uneigennützig die meisten Wünsche sind. Wer gedacht hätte, die Leute wünschen sich eine Playstation, ein neues Auto oder mehr Geld, der sieht sich getäuscht.

Liebe, Friede und das Ende der Pandemie

Die Menschen wünschen sich Liebe und Frieden. Und natürlich, dass die elende Pandemie endlich verschwindet. „2020 ohne Corona“ steht aktuell auf der Wand, da hat wohl jemand seinen Kalender noch nicht umgeschlagen. Was Wittschier noch freut: Es stehen kaum negative Dinge dort. „Verunglimpfungen oder Ähnliches hat es kaum gegeben“, sagt er. Erstaunlich in einer Zeit, in der Bushaltestellen oft vollgeschmiert sind mit Schmähungen.

Aktueller Anlass für die Wunschwand war der erste Lockdown. Den Gedanken, die Stadt zu verschönern, trägt Michael Wittschier schon länger mit sich herum. Überhaupt ist Schönheit für ihn eine Art Lebensthema. Der Künstler und ehemalige Lehrer – daher kommt wohl auch seine Affinität zur Kreide – zitiert den libanesisch-amerikanischen Dichter Khalil Gibran: „Wir existieren nur, um das Schöne zu erleben. Die Zeit dazwischen ist Warten.“

Weitere Lebensthemen

Kommunikation ist ein weiteres Lebensthema für Michael Wittschier, das Gemeinsame, das Soziale. „Ich habe von einem klugen Mann gelernt, dass wir soziale Körper sind“, sagt er. In der Einsamkeit müsse man ja irre werden. Deshalb wollte er mit seiner Wand den Menschen die Möglichkeit geben, sich mitzuteilen, sich auszudrücken, auch in den Zeiten der Isolation. „Wir haben ein elementares Bedürfnis nach Kommunikation“, sagt er.

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Die Wipperfürther Wunschwand hat auch schon Nachahmer gefunden. „Ich habe gehört, dass es in Köln jetzt auch eine gibt“, sagt Wittschier. Dabei ist die Idee ja nicht neu. „Schon die Römer haben Botschaften auf Hauswände geschrieben“, erklärt der Lehrer. Und wie das Imperium ist natürlich auch sein Projekt endlich. Wenn die Farbe von der Wand abblättert, dann findet die Wunschwand ihr natürliches Ende. Bis es soweit ist, und solange die Wand so gut angenommen und von den Menschen pfleglich behandelt wird, kann es für Michael Wittschier gerne noch ein bisschen weitergehen.