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Heilung nicht möglichAmselsterben in Deutschland – Tödliches Virus infiziert wieder mehr Vögel

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Eine Amsel sitzt auf einem Balkongeländer und trällert ein Lied auf einer Stange.

Nabu-Experten erwarten in diesem Jahr einen Anstieg der Erkrankungen mit dem Usutu-Virus bei heimischen Vögeln. (Symbolbild)

Heimische Vögel sind seit Jahren vom tödlichen Usutu-Virus bedroht. 2024 steigen die Fälle laut Naturschutzbund wieder stärker an.

In NRW gibt es in diesem Jahr vermehrt kranke oder tote Vögel. Das teilt der Naturschutzbund NRW mit. Ursache ist das Usutu-Virus, das seit etwa zehn Jahren immer wieder auftritt und bei Vögeln in der Regel nach kurzer Zeit zum Tod führt. Weil das Virus vorrangig Amseln befällt, ist dann oft von „Amselsterben“ die Rede.

Sind Tiere von dem Virus befallen, ist oft ihr Gefieder zerzaust oder verklebt, sie wirken apathisch, haben geschwollene Augen und flüchten nicht mehr vor Menschen, erklärt der Nabu NRW. Meist sterben die erkrankten Vögel innerhalb weniger Tage. Es gibt keine Heilung.

Das Usutu-Virus (USUV) stammt aus Südafrika und wird von Stechmücken übertragen. Nach Deutschland kam es zum ersten Mal im Jahr 2011 und löste ein Massensterben von Amseln in Südwestdeutschland aus. Das Virus kann von den Stechmücken auch auf Menschen übertragen werden, dann jedoch meist eher zufällig. Das kann das „Usutu-Fieber“ auslösen. Zu den Symptomen gehören Kopfschmerzen, Fieber und Hautausschläge, in seltenen Fällen könne es zu einer Gehirnentzündung kommen, erklärt das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg.

In Rhein-Erft bisher keine Usutu-Fälle bekannt

Bundesweit und in Nordrhein-Westfalen steigen die Usutu-Fälle in diesem Jahr wieder an. „2024 gibt es in der Vogelwelt bundesweit deutlich mehr Fälle des Usutu-Virus als im Vorjahr“, so der Nabu NRW. Das Bundesland NRW sei bisher jedoch im Bundesvergleich noch weniger stark betroffen. Die meisten Fälle gebe es in Niedersachsen.

Im Rhein-Erft-Kreis seien bisher kaum bis gar keine Verdachtsfälle von dem Usutu-Virus bekannt, sagt Ornithologe Benedikt Hillebrandt vom Nabu Rhein-Erft auf Anfrage. „Aus Rhein-Erft habe ich bisher noch keine Meldungen erhalten. Aber es hat in den vergangenen Jahren mehrere Fälle gegeben.“ Deshalb vermute er, dass das Virus sich auch hier wieder zeigen werde. „Ich denke, das Virus wird auch bei uns wieder auftauchen, weil das Zugverhalten der Vögel jetzt wieder einsetzt. Die Vögel ziehen also in den Süden und damit wird das Virus auch wieder zu uns kommen.“

Gut ist das Virus nicht. Aber es ist auch nicht der Sargnagel für unsere Vögel.
Alexander Heyd, Vorsitzender Nabu Bonn

Alexander Heyd, Vorsitzender des Nabu Bonn, weist zudem im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ darauf hin, dass das Virus zurzeit in den Medien und durch Mitteilungen des Nabu mehr Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit erhalte. „Seitdem gehen bei uns viel mehr Meldungen von toten Vögeln ein, das muss jedoch nicht zwingend immer heißen, dass sie durch das Virus gestorben sind. Es zeigt erst einmal, dass die Menschen aufmerksamer sind.“

In den Jahren 2022 und 2023 habe es im Gebiet um Bonn keinerlei bestätigte Fälle vom Usutu-Virus gegeben, so Heyd. Dieses Jahr habe es allerdings allein in den vergangenen drei bis vier Wochen drei Meldungen von kranken und toten Vögeln gegeben, die auf das Virus zurückzuführen seien. „Das ist schon auffällig.“

Bisher bundesweit 1500 Meldungen mit Usutu-Verdacht

Wirkliche Sorgen mache er sich wegen des Virus um die heimische Vogelwelt jedoch noch nicht, sagt der Vorsitzende. „Unsere Vögel haben wirklich sehr viele Probleme. Das Usutu-Virus ist da eher ein kleineres. Viel schwerwiegender sind die Lebensraumzerstörung, Umweltgifte und das Insektensterben.“

Jetzt komme noch ein Virus dazu, das könnten die Vögel gar nicht gebrauchen. „Gut ist das Virus natürlich nicht. Aber es ist auch nicht der Sargnagel für unsere Vögel.“

Bundesweit sind beim Nabu dieses Jahr 1500 Meldungen mit Usutu-Verdachtsfällen eingegangen, die meisten im Juli und August. In NRW wurden bisher mehr als 400 Verdachtsfälle mit toten und kranken Amseln gemeldet, so der Naturschutzbund. Das sei noch deutlich weniger als in Niedersachsen, doch die Saison beginne gerade erst. Bis September müsse mit deutlich mehr Meldungen gerechnet werden, heißt es vom Nabu NRW.

Hilfe aus der Bevölkerung: So können Sie erkrankte Tiere melden

Daher bittet der Nabu NRW um Mithilfe aus der Bevölkerung, wenn kranke oder tote Tiere gefunden werden, damit die Ausbreitung des Virus beobachtet und dokumentiert werden könne. Wer augenscheinlich erkrankte oder tote Tiere findet, kann das über ein Online-Formular melden. Tote Tiere könnten außerdem an das Bernhard-Nocht-Intistut für Tropenmedizin in Hamburg (BNIT) oder nach Rücksprache auch an Veterinäruntersuchungsämter gesendet werden.

Wer tote Tiere einschickt, sollte Handschuhe tragen, sich die Hände waschen und desinfizieren und beim Versand Kühl-Akkus beilegen. Außerdem sollte die vom BNIT zur Verfügung gestellte Anleitung beachtet werden.

120 tote Vögel wurden in diesem Jahr bereits aus ganz Deutschland an das Bernhard-Nocht-Institut zur Testung auf das Virus eingesandt. 25 Prozent der sezierten und getesteten Vögel seien mit dem Virus infiziert gewesen, teilt das Institut mit. Darunter waren nicht nur Amseln, sondern auch Drosseln und Falken. Im Vergleich zum Vorjahr steigen damit schon die Einsendungen der Tiere stark an, 2023 waren es im gesamten Jahr nur 100 Einsendungen.