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2,49 Promille im BlutOdenthaler Autofahrer vor Gericht nach Gutachterbefragung freigesprochen

Lesezeit 3 Minuten
Ein stark alkoholisierter Mann gestikuliert mit einer Wodkaflasche in der Hand. (Symbolbild)

Ein stark alkoholisierter Mann gestikuliert mit einer Wodkaflasche in der Hand. (Symbolbild)

Ein Odenthaler ist mit 2,49 Promille vom Vorwurf der Trunkenheitsfahrt freigesprochen worden. Er trank Wodka als medizinischen „Nachtrunk“.

Manche Leute schwören auf heiße Milch mit Honig, andere bevorzugen einen heißen Tee mit Zitrone als Allheilmittel. Und dann gibt es auch noch die, die sich für die richtigen Männer halten: Wodka pur ist für sie das Mittel der Wahl, um zu Kräften zu kommen. Mit zwei Wassergläsern voller Wodka hat sich jetzt der Odenthaler Alexander S. (59) erfolgreich vor Gericht verteidigt.

Die 0,4 Liter Wodka hat Alexander S., der in Wirklichkeit anders heißt, natürlich nicht am Montagvormittag im Bergisch Gladbacher Amtsgericht gekippt, sondern will sie vor fast auf den Tag genau vor einem Jahr, am 17. Oktober 2023, zu sich genommen haben.

Zwei Wassergläser voll mit Wodka und eine Dusche

Damals ging es ihm schon auf der Arbeit in einem Bergisch Gladbacher Industriebetrieb nicht gut, sein Chef schickte ihn nach Hause. Auf dem Heimweg stoppte S. an einem Lebensmittelgeschäft und kaufte sich seine „Medizin“. Damit fuhr nach Hause, goss sich nach eigener Darstellung erst einmal ein großes Glas ein und trank es. Dann ging er duschen, kehrte zurück, trank ein zweites Glas.

Und dann klingelte die Polizei: Ein Zeuge hatte den nach seiner Einschätzung schon im Supermarkt nicht mehr nüchtern wirkenden und nach Alkohol riechenden S. beobachtet, wie er die Flasche gekauft hatte und dann zum Auto gegangen war. „Er stieg auf der Fahrerseite ein und das Licht am Auto ging an“, sagte der Mann jetzt vor Gericht aus. Der Zeuge, durch den Beruf seiner Frau besonders sensibilisiert für die Gefahren des Alkohols, alarmierte die Polizei. Die klingelte Alexander S. zum Alkoholtest und zur Blutprobe raus.

Exorbitante Blutwerte: 2,49 und 2,36 Promille Alkohol

Die Blutwerte waren für nordrhein-westfälische Verhältnisse enorm: Die erste Probe zeigte 2,49 Promille an, die zweite, eine halbe Stunde später entnommen, 2,36 Promille – beides Werte weit jenseits von Gut und Böse beziehungsweise der Grenze der absoluten Fahruntauglichkeit.

Indes hatten Alexander S. und sein Verteidiger die Version vom „Nachtrunk“, dem Klassiker unter den Ausreden, schon bei einer ersten Gerichtsverhandlung im Juli präsentiert. Und auch damals bereits auf eine leichte Anomalie im Vergleich zur normalen Trunkenheit hingewiesen: Laut Polizeiprotokoll war S. im Laufe des Gesprächs nicht nüchterner, sondern immer betrunkener geworden und hatte immer weniger Deutsch verstanden – dies wohl wegen der Wirkung des eben erst getrunkenen Fusels. Richterin Miriam Kuschel und die Staatsanwältin waren sich seinerzeit einig, die Sache durch einen Sachverständigen abchecken zu lassen.

Ich habe das selbst einmal mit 0,3 Litern Jägermeister getestet. Es war nicht schön, aber es ging.
Der Sachverständige zur Verträglichkeit eines Sturztrunks

Der erstattete in der neuen Verhandlung am Montag Bericht und bestätigte, dass die Version vom nachgestürzten Wodka sowohl von der Menge als auch von der Wirkung angesichts von Größe und Gewicht des Angeklagten denkbar sei. „Ich habe das selbst einmal mit 0,3 Litern Jägermeister getestet. Es war nicht schön, aber es ging“, gewährte der Mediziner den Juristen Einblick in seine wissenschaftliche Arbeit.

Die Ehefrau des Angeklagten gab an, dass ihr Mann prinzipiell keine Medikamente nehme, sondern auf Wodka setze, und auch die Russisch-Dolmetscherin bescheinigte, dass diese Art der Selbst-Medikation so unüblich nicht in Russland sei.

Für den Vortrunk blieben nur noch 0,55 Promille übrig

Wenn die hohen Promillewerte aber erst als Nachtrunk durch die beiden Wassergläser voll Wodka zustande gekommen waren, blieben für den Vortrunk laut Gutachter „nur“ noch 0,55 Promille übrig, die als „relative Fahruntüchtigkeit“ erst bei konkreten Ausfallerscheinungen verboten sind.

Da diese aber niemand beobachtet hatte, beantragte die Staatsanwältin Freispruch – den Richterin Kuschel dann auch verkündete. Die Kosten für das Verfahren trägt die Landeskasse.