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Zu wenig Platz an Bergisch Gladbachs Schulen192 Kinder ohne Nachmittagsbetreuung

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Ende Oktober 2018 wurden Container nach Gronau transportiert: Hier entstehen vier neue Räume für den offenen Ganztag.

Bergisch Gladbach – In den vergangenen Jahren sind zwar mit Hochdruck Betreuungsplätze im offenen Ganztag geschaffen worden – trotzdem reicht es hinten und vorne nicht. Nach derzeitigem Stand haben 192 Grundschüler ab Beginn des neuen Schuljahres keinen Platz. Aber es laufen noch einige Projekte zur Erweiterung der OGS-Standorte, so dass noch nicht endgültig feststeht, wie viele Kinder am Ende unversorgt bleiben werden.

Die schlechten Nachrichten sind in der Sitzung des Jugendhilfeausschusses auf den Tisch gekommen – auf Anfrage von Mariana Kriebel, Vorsitzende des Jugendamtselternbeirates. Der achtköpfige ehrenamtliche Beirat vertritt die Interessen aller Eltern von Kindern in Kindertagesstätten und im offenen Ganztag gegenüber der Stadt. „Die Absagen an die Eltern bedeuten für viele Familien, dass sie ihre Berufe nicht ausüben können und führen zu Existenzängsten“, sagte Kriebel. Sie kritisierte, die schlechte Kommunikation. „Die Eltern, die eine Absage bekommen haben, wissen nicht, ob Baumaßnahmen eventuell doch pünktlich fertig werden und ihre Kinder noch einen Platz bekommen.“

15 OGS-Plätze fehlen

Kalt erwischt hat es Cilli Briese, als sie Mitte März die Absage aus dem Briefkasten holte: Ihr sechsjähriger Sohn sollte an der Grundschule Katterbach keinen Offenen Ganztagsplatz bekommen. „Ich war geschockt“, sagt die 39-Jährige. Damit hatte die Familie mit drei Kindern nicht gerechnet. Im kommenden Schuljahr 2019/2020 fehlen an der OGS in Katterbach 15 Plätze. „Schlimmstenfalls bedeutet es, dass in 15 Familien einer seinen Job kündigen muss“, sagt Cilli Briese.

Grosse Nachfrage nach OGS-Plätzen

In 20 Grundschulen in Bergisch Gladbach führen 13 Schulen eine Warteliste für die Ganztagsbetreung. Im außerschulischen Angebot an den Offenen Ganztagsschulen gibt es im kommenden Schuljahr einen Bedarf von 2935 Plätzen. Derzeit gibt es ein Defizit von 192 Plätzen. Das entspricht einer Versorgungsquote bei den OGS-Plätzen von 75 Prozent. Insgesamt sind es 4032 Kinder, die die Grundschulen in der Stadt besuchen. Im vergangenen Jahr sind 40 Familien leer ausgegangen.

Die OGS Hebborn hat ein Konzept zur Nutzung der Aula für das Mittagessen erarbeitet und bei der Stadt eingereicht. 27 Kinder sind hier noch unversorgt. Die Verwaltung will prüfen, ob sich die Idee umsetzen lässt. An der KGS Steinbreche soll eventuell ein Bauwagen aufgestellt werden. Hier fehlen sechs Plätze. Die Stadtverwaltungst dabei im Rahmen eines Schulentwicklungsplans langfristige Lösungen zu erarbeiten. In diesem Sommer soll er der Politik vorgestellt und verabschiedet werden.  (ub)

Ihr Ärger stößt auf Widerhall – einige betroffene Eltern haben sich zusammengetan und die Fraktionen im Stadtrat um Unterstützung gebeten. Gemeinsam mit Dorothee Wasmuth, jugendpolitische Sprecherin der FDP, hat Cilli Briese sogar auf dem Schulgelände nach Ausbaukapazitäten für die OGS gesucht und auch gefunden. Ob die Idee, die ehemaligen Umkleideräume des Sportvereins Inter 96 umzubauen und dann für das Mittagessen zu nutzen, technisch umsetzbar ist, muss die Verwaltung aber noch prüfen. Ein Gelingen hänge auch davon ab, ob in der Küche die erhöhte Anzahl von Essen produziert werden könne, heißt es in einer schriftlichen Antwort der Verwaltung.

Kaum Reaktion von Fraktionen im Ausschuss

Die Anfrage Kriebels, wie der Stand der Baumaßnahmen an den Schulstandorten sei, beantwortete die Verwaltung in der Ausschusssitzung nicht. Auf Kriebels Hinweis, dass auf Nachfrage der FDP im städtischen Immobilienbetrieb noch kein Prüfauftrag für Katterbach vorliegen würde, entgegnete Petra Liebmann vom Projektteam des Bürgermeisters: „Es gibt Prüfaufträge.“ Und fügte hinzu: Man müsse aber intern nachforschen, ob sie deutlich genug ausgesprochen worden seien. Die Fraktionen im Ausschuss nahmen die Auskünfte ohne irgendeine Reaktion zur Kenntnis. Es gab auch keine Nachfragen zur Situation der Übermittagsbetreuung an einzelnen Grundschulen.

Um Engpässe abzumildern, sollen möglichst an Grundschulen wie der KGS Sand, der EGS Bensberg und der GGS Moitzfeld Übermittagsbetreuungen, inklusive Ferienbetreuung, bis möglichst 14 Uhr eingerichtet werden – um Familien, die notfalls mit kürzeren Betreuungszeiten zurechtkommen, eine Alternative zur Ganztagsbetreuung anbieten zu können.

Container schaffen zusätzlichen Platz

Dies gilt zumindest vorübergehend auch an der KGS In der Auen. Hier ist die Not am größten: Zusätzlich 30 Kinder müssen untergebracht werden. Abhilfe soll ein Containerbau mit vier Räumen schaffen. Er soll neben der Turnhalle platziert werden. Schulleiterin Jutta Welling ist erleichtert: „Wir sind sehr froh, dass wir niemanden abweisen mussten.“ Gut sind auch die Aussichten für die OGS der Grundschule in Gronau: Sind die vier Containermodule fertig eingerichtet, können 178 Kinder aufgenommen werden, auch die 18 Jungen und Mädchen, die jetzt noch auf der Warteliste stehen.

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Bei Familie Briese wendete sich gestern am frühen Nachmittag plötzlich alles zum Guten. „Ich erhielt einen Anruf, dass mein Sohn nachrückt“, berichtete Cilli Briese erleichtert.

Keine Sorgen mehr für die Zukunft. Ihr Engagement habe sich gelohnt, meint sie. Sie wünscht sich, dass sich die Stadt für alle abgewiesenen Bewerber einsetzt.