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Neues Verkehrskonzept„Totales Verkehrschaos“ – Anwohner in Bergisch Gladbach befürchten lange Staus

Lesezeit 4 Minuten
Der Planer steht vor einer Stellwand. Besucher hören ihm zu.

Jan Siebenmorgen vom Planungsbüro MWM erklärt bei der Infoveranstaltung, seinen kritischen Zuhörern, wie die Kreuzung Altenberger-Dom-Straße/Kempener Straße in Schildgen funktioniert.

200 Schildgener sind am Samstag (8.2.) zur Infoveranstaltung zum Umbau der Altenberger-Dom-Straße gekommen. Viele sind skeptisch.

Es gibt immer noch viele Fragen, ungelöste Konflikte und Skepsis, aber auch Lob und Zustimmung zum Umbau der Altenberger-Dom-Straße in Schildgen. Nach über vier Jahren zähen Ringens steht jetzt die Vorplanung. Bei der Bürgerinformation am Samstag rückt die Verwaltung bei ihrer Präsentation zwei gravierende Umbau-Punkte in den Focus: die Kreuzung Kempener Straße sowie die Kreuzung Voiswinkler/Leverkusener Straße.

Drei Stationen mit großen Stellwänden, die den aktuellen Planungsstand verdeutlichen, erwarten die insgesamt 200 Anwohner in der Concordia-Turnhalle. Gruppenweise zu höchstens 50 Leuten und verschiedenen Zeiten können sie eintreten. Die Aufsteller mit Szenarien, wie die Altenberger-Dom-Straße in Schildgen einmal aussehen soll, zeigen eine stressfreie Verkehrswelt ohne Staus und Gefahren, in der alle Verkehrsteilnehmer gleichberechtigt vorankommen. Sogar so sicher, dass die Radler-Avatare auf den Plakaten ohne Helm fahren. Hier trifft die Planung an vielen Stellen auf die harte Wirklichkeit.

Die gezeichnete Planung der Stelle ist zu sehen.

Viele Besucher halten es für gefährlich, dass Radfahrer in Höhe der Bushaltestelle auf die Straße müssen.

Mehrere Zuhörer der ersten beiden Gruppen identifizieren die Verkehrsführung an der Bushaltestelle stadteinwärts als sehr gefährlich für Radfahrer. Denn sie müssen an dieser Stelle auf die Straße, um an einem haltenden Bus vorbeizukommen. „Das sehe ich ganz kritisch“, sagt eine ältere Dame und fügt hinzu: „Auch wenn es verboten ist, ich würde lieber auf dem Gehweg bleiben.“ Eine viel fahrende Radlerin hat weniger Bedenken: „Wenn man vorsichtig fährt, geht das gut.“ Zumal ja Tempo 30 für die Autofahrer gelte.

Wir haben das Beste herausgeholt und bekommen eine höchstmögliche Sicherheit hin.
Natascha Schemmann, städtische Abteilung Verkehrsplanung

Aus Sicht von Natascha Schemmann, städtische Abteilung Verkehrsplanung, sei die Lösung nicht optimal, aber vertretbar: „Wir haben das Beste herausgeholt und bekommen eine höchstmögliche Sicherheit hin.“ Der Engpass entstehe hier wie auch anderen Stellen, weil einzelne Eigentümer ihre Grundstücke nicht an die Stadt verkaufen wollten.

Der Dezernent spricht mit zwei Besuchern.

Dezernent Ragnar Migenda (r.) zeigt sich zufrieden mit dem Verlauf der Veranstaltung.

So fehle, so wie hier auf Höhe der Haltestelle, der Platz für beidseitige Radwege. Eine Frau fragt, ob die Haltestelle komplett barrierefrei sei? Nicht ganz. „Der barrierefreie Ausstieg funktioniert nur bei den vorderen Türen“, erklärt Schemmann. Lange Busse passten nicht vollständig in die Bucht.

Anwohner fürchten, dass Autos in die „Zweispurigkeit“ gezwungen werden

Für Ärger sorgt, dass die Linksabbiegerspur in Richtung Leverkusener Straße um die Hälfte verkürzt wird, zugunsten des Radwegs. Ein Anwohner prophezeit: „So zwingen Sie noch mehr Autos in die Zweispurigkeit. Das wird endlose Rückstaus geben.“ Mehrere Zuhörer stimmen ihm zu: „Ich fürchte, es wird noch furchtbarer, als es jetzt schon ist“, sagt einer. Sein Nebenmann winkt ab: „Das gibt das totale Verkehrschaos.“ Nicht zum letzten Mal versichert Schemmann an diesem Tag: „Die Planung ist darauf ausgerichtet, dass nichts schlechter wird, als es jetzt ist.“

Parkbuchten, Fahrradstreifen und Autoverkehr sind zu sehen.

Die Animation zeigt, wie die Altenberger-Dom-Straße nach der Modernisierung aussehen soll.

Das ist der richtige Moment für Dezernent Ragnar Migenda, sich einzuschalten: „Es gibt immer mehr Verkehr, die Autos werden immer größer. Aber der Raum wächst nicht mit. Deshalb müssen wir den Verkehr neu verteilen.“ Die Altenberger-Dom-Straße müsse saniert werden, um die gesetzlichen Vorgaben zu erfüllen, etwa um Radfahrer stärker zu integrieren: „Die Planung ist ein Kompromiss.“

Gewechselt wird mit Ansage im 15. Minuten Rhythmus. „Für einen wirklichen Dialog ist die Zeit zu kurz“, findet Jörg Meuten. Thorsten Berger, ebenfalls vom Vorstand des Bürgervereins Schildgen-Katterbach, bedauert, dass nur die beiden Kreuzungen erklärt werden: „Auswirkungen auf das Einkaufszentrum oder die Nebenstraßen sind gar kein Thema.“

Links steht die Frau, rechts der Mobilitätsmanager.

Mobilitätsmanager Jonathan Benninghaus vor dem Simulator mit einer Schildgenerin, die glaubt, dass die Videos nicht die Realität widerspiegeln.

An der zweiten Station, wo es um die Kreuzung zur Kempener Straße geht, gibt es die meisten Fragen und Zweifel. Der Verkehr aus Richtung Leverkusen wird künftig nur noch zweispurig geführt. Stattdessen wird der Verkehr in abknickender Vorfahrt links in die Kempener Straße geleitet. Die rechte Spur in Richtung Köln hat dann keine Vorfahrt mehr, wartende Autos für die Rechtsabbiegerspur würden lange Rückstaus verursachen, lautet die Sorge viele im Ort.

„Das ist katastrophal“, sagt ein Mann. Ein anderer Besucher erhebt den Vorwurf: „Sie sind doch dafür da, um für einen störungsfreien Abfluss zu sorgen.“ Jan Siebenmorgen vom beauftragten Planungsbüro MWM aus Aachen – Zuhörer, Sprachrohr und Prellbock in einem – hält dagegen: „Ja, wir nehmen eine Spur weg. Dafür gewinnen wir aber eine sichere Radverkehrsführung.“ Eine Frau ruft ihm zu: „Das ist auch gut so!“

Eine kleine Gruppe von Besuchern steht vor einer Stellwand.

Insgesamt sind am Samstag 200 Anwohner in die Concordia-Turnhalle gekommen. Sie sind in fünf Etappen durch die Präsentation geführt worden.

„Die Videos stimmen nicht. Es gibt lange Schlangen vor den Ampeln“, sagt eine Frau, die sich auf einem Monitor simulierte Videos der Verkehrsströme der Ist-Situation und der Planungsvarianten ansieht. Sie fragt, warum Radfahrer immer über Hauptverkehrsstraßen geleitet werden? „An manchen Stellen geht das nicht anders. Wir sind aber dabei, ein Radverkehrsnetz auf Nebenstraßen aufzubauen“, sagt Mobilitätsmanager Jonathan Benninghaus und wirkt durchaus ein bisschen erschöpft.

Mit der Aufteilung in fünf Etappen wollte die Verwaltung „einen konstruktiven, sachlichen Austausch“ ermöglichen. Für Migenda ist das Konzept aufgegangen: Er bedankt sich beim Publikum für die „sehr ruhigen Diskussionen.“ Hitzige Debatten und Frust hat es trotzdem gegeben. „Wir bleiben am Ball“, sagt ein Anwohner beim Hinausgehen. Es klingt ein bisschen wie eine Drohung.

Die Grafiken und Simulationen auf Basis der Vorplanung zur Modernisierung der Altenberger-Dom-Straße werden auch auf der städtischen Homepage gezeigt, so können sich Interessenten ein Bild machen, die nicht bei der Veranstaltung waren. Anregungen können auch noch hier im Internet eingereicht werden.