Ein einziger Nachbar des Fußballplatzes vom SV Blau-Weiß Hand beschwert sich über Ruhestörung. Bei der Stadtverwaltung trifft er auf wenig Verständnis.
„Extreme Belästigung“Anwohner will Stadt Bergisch Gladbach verklagen wegen Lärm auf dem Fußballplatz
Beim SV Blau-Weiß Hand in Bergisch Gladbach spielen alle Altersklassen, von den Bambini bis zu den Senioren, Jungen und Mädchen aus vielen Nationen und aus allen gesellschaftlichen Schichten Fußball. Zahlreiche ehrenamtliche Helfer engagieren sich für den Klub. Aber ein einziger Nachbar beschwert sich und droht jetzt sogar mit einer Klage wegen Lärmbelästigung. Im Ausschuss für Anregungen und Beschwerden trifft der Beschwerdeführer, außer bei der FDP, auf wenig Verständnis.
Seit den 1960er Jahren spielen die Kicker von Blau-Weiß Hand schon hier an der St.-Konrad-Straße. Seit über einem Jahr beschwert sich ein Anwohner aus einem der Hochhäuser, bekannt als die drei Eisheiligen, über angeblich unzumutbare Lärmbelästigungen in den Abendstunden und an Sonntagen. „Die Lärmbelästigung ist viel zu hoch und verstößt gegen geltendes Recht“, moniert der Petent und droht, „ich werde die Stadt verklagen, ganz klar.“
Bei mehreren Behörden sind die Beschwerden bekannt
Gespielt wurde hier lange auf rotem Sand – das staubt, macht viel Dreck und ist nicht gesundheitsschonend für Fußballer. Viele Jahre kämpfte der Verein für einen Umbau und bekam endlich in einem finanziellen Kraftakt im August 2019 einen Kunstrasen. Niemand ahnte etwas Schlechtes.
Doch der Mann aus der Nachbarschaft richtet zahlreiche Beschwerden wegen Ruhestörung an den Verein, den Rheinisch-Bergischen Kreis, das städtische Ordnungsamt und die Polizei wegen „extremer Lärmbelästigung, Missachtung der Ortssatzung der Stadt Bergisch Gladbach und ständigen Verstößen gegen die Lärmschutzverordnung für Sportstätten“.
50 Dezibel bis 22 Uhr sind bis 22 Uhr erlaubt
Seine erst kürzlichen Messungen aus dem 13. Stockwerk in den Abendstunden und Sonntagmittags beziffert er auf 74 Dezibel bis 94 Dezibel, letzteres entspricht etwa der Geräuschkulisse eines Presslufthammers. Erlaubt sind laut Bundeslärmschutzverordnung für Sportanlagen 50 Dezibel im Zeitraum zwischen 6 und 22 Uhr.
Die Stadtverwaltung geht in ihrer Stellungnahme davon aus, dass die vom Petenten kritisierten Störgeräusche von Leuten stammen, die sich nach Schluss des Sportbetriebs rechtswidrig Zugang zum Sportplatz beschafften. Außerdem gibt es in direkter Nähe noch einen Bolzplatz und einen Spielplatz. Dort treffen sich manchmal Jugendliche. Regelmäßig kontrolliere der Stadtordnungsdienst diesen Bereich.
Die Ausschussmitglieder nehmen dem Petenten seine Lärmmessungen nicht ab: „Das muss ein geeichtes Gerät sein“, betont Ulrich Gürster (CDU). Messungen etwa mit einer Handy-App seien nicht aussagekräftig. Nur Peter Steinbuck (FDP) vertritt, nachdem er den Petenten in seiner Wohnung besucht habe, den Standpunkt: „Das Problem wird von der Verwaltung absolut ignoriert.“
„Mit Inbetriebnahme des Kunstrasens ist die Fußballabteilung auf 300 Mitglieder gewachsen. Das stimmt, wir haben eine höhere Nutzung des Platzes“, berichtet Vereinsvorsitzender Guido Hüpper nach der Sitzung. Aktuell gibt es zwölf Mannschaften plus einer Damen-Spielgemeinschaft mit Dellbrück. „Darauf sind wir sehr stolz. Es ist unser Antrieb, dass die Menschen Freude am Sport haben.“
Als Kompromiss verkürzt der Verein die Spielzeiten
„Wir verstehen uns aber nicht nur als Sportverein, sondern auch als Gemeinschaft. Wie jede Familie wollen wir mit den Nachbarn in Frieden leben“, betont Hüpper. Mit dem Petenten habe sich der Verein natürlich auseinandergesetzt: „Leider hat dies nicht zu einer Befriedung geführt.“
Dabei sei Blau-Weiß Hand ihm sogar entgegengekommen. „Den Trainingsbetrieb haben wir auf 21.30 Uhr beschränkt, obwohl wir bis 22 Uhr spielen dürften“, sagt Hüpper. Die Trainer seien etwa angewiesen, darauf zu achten, dass alle leise den Platz verlassen, ohne Autotüren zuzuschlagen. „Von den Behörden bekommen wir die Bestätigung, dass wir nach bestem Wissen und Gewissen handeln.“ Von anderen Leuten aus dem Hochhaus, in dem der Petent wohnt, gebe es keine Beschwerden.
Verein würde sich auf Mediation einlassen
Hüpper geht davon aus, dass sich der Beschwerdeführer auf den Verein eingeschossen hat: „Unsere Einladung zu einem Gespräch hat er nicht angenommen.“ Stattdessen beschimpfe der Mann die Trainer von seinem Balkon aus oft bereits ab 18 Uhr aufs Übelste.
Manche Vereinsmitglieder verlören durch diese unangenehmen und belastenden Situationen die Lust an ihrem Engagement. „Das Ehrenamt leidet darunter. Es kann schon sein, dass der ein oder andere sagt, das tue ich mir nicht mehr an“, befürchtet Hüpper.
Auf eine Mediation mit einer externen Leitung, wie es die Politik vorgeschlagen hat, würde sich Blau-Weiß Hand einlassen. „Alles, was zur Lösung beiträgt, unterstützen wir“, betont Hüpper.
Ausschussvorsitzender Dirk Steinbüchel (Grüne) gibt dem Petenten dazu einen deutlichen Hinweis mit auf den Weg: „Man kann nicht lärmfrei Fußball spielen. Ihre sinnfreie Kritik kann ich nicht nachvollziehen.“ Der Ausschuss weist den Antrag des Anwohners, offizielle lärmtechnische Messungen durchzuführen, mit großer Mehrheit zurück. Nur die FDP stimmt dafür.