Bergische Busse für Butscha„Es ist schön, wenn man so helfen kann“
Bergisch Gladbach/Butscha – Es ist frisch und noch dunkel an diesem Morgen auf dem Zandersgelände im Herzen von Bergisch Gladbach. Dieselmotoren brummen, Fahrer laden Taschen und letzte Kartons mit Powerbanks in die zehn Busse, die an diesem Tag in Richtung Butscha auf brechen sollen.
„Und höchstens 80 fahren“, mahnt Christian Fischer vom Orga-Team der Gladbacher Feuerwehr, „mehr halten die Getriebe auf Dauer nicht aus. Linienbusse sind nicht für die Autobahn gemacht.“
Guido Maria Jansen nickt. Er kennt sich aus mit Bussen. Der gelernte Schlosser und Polizeibeamte war lange Fahrlehrer an der Polizeischule, hat bei der Autobahnpolizei gearbeitet und ist Fahrsicherheitstrainer aus Leidenschaft. Einige der Feuerwehrleute, die sich als Fahrer beim jüngsten Hilfskonvoi der Stadt Bergisch Gladbach für die neue ukrainische Partnerstadt Butscha engagieren, kennt er aus Fahrsicherheitstrainings.
Pensionierter Polizist hat schon Hilfskonvois gefahren
Als Fahrer für den Konvoi gesucht wurden, war Jansen sofort dabei. Erst vor wenigen Wochen hat er einen 40-Tonner-Lastzug für einen Hilfskonvoi der Vereine Hilfe Litauen Belarus und der Humanitären Hilfe Overath ins westukrainische Lviv gesteuert. „Es ist schön, wenn man so helfen kann“, sagt er und steigt in den Bus – nicht ohne ihn vorher noch einmal rundum gecheckt zu haben. Ölstand kontrollieren inklusive, versteht sich.
Ein letztes Sammeln zwischen den startbereiten Bussen. „Ich habe von unseren Partnern in Butscha oft gehört, dass auch andere einiges versprochen hätten, aber wenig bis nichts passiert sei“, gibt Bürgermeister Frank Stein den Fahrern mit auf den Weg. „Hier ist das anders: Ihr bringt ganz konkrete Hilfe Richtung Butscha. Danke!“
Wegen Raketen- und Drohnenangriffen keine Durchfahrt bis Butscha
Feuerwehrchef Jörg Köhler schaut auf die Uhr. Seitdem die russische Armee ihre Drohnen- und Raketenangriffe auf ukrainische Städte und insbesondere Infrastruktur wie Elektrizitätswerke vor drei Wochen intensiviert hat, ist zwar klar, dass man die Busse aktuell nicht bis nach Butscha bringen kann, gemeinsam mit Busfahrern, die schon am Vortag von Butscha aus Richtung Westen aufgebrochen sind, wird man die Fahrzeuge allerdings schon in die Partnerstadt bringen.
Zischsch – die Bustüren schließen sich. Felix Assenmacher steuert das erste Begleitfahrzeug in Richtung Zanders-Ausfahrt. Zehn Busse und zwei weitere Feuerwehrfahrzeuge reihen sich in den Konvoi ein.
Arne Meinhardt biegt mit Bus Nummer zwei in den Turbo-Kreisel ein. Er kennt sich aus mit Bussen, ist neben Guido Jansen und Ralf Lütz, der den Busführerschein bei der Werkfeuerwehr von Bayer Leverkusen gemacht hat, einer der drei Fahrer, die nicht „nur“ mit Lkw-Führerschein und der von der Bezirksregierung Köln ausgestellten Ausnahmegenehmigung einen leeren Bus Richtung Butscha steuern dürfen, sondern die komplett ausgebildete Busfahrer sind.
Busführerschein schon seit Studienzeiten
Im Studium hat Meinhardt als Busfahrer gejobbt. Später hat er als Kulturmanager unter anderem in der Kölner Philharmonie gearbeitet, bevor er Geschäftsführer der Grünen Kreistagsfraktion wurde. In seiner Heimatstadt ist er auch in der Evangelischen Kirche engagiert, und überlegte nicht lange, als die Feuerwehr Busfahrer für den Konvoi Richtung Butscha suchte. „Das ist ganz praktische Hilfe“, sagt der Vater dreier Kinder.
Hilfe, die sich auch von Ausfällen nicht aufhalten lässt. Hinter Gießen schlagen alle Warnleuchten im Überlandbus von Jörg Köhler und Stephan Mertz Alarm. Ein Blick in den Motorraum am nächsten Rastplatz zeigt den Grund: Mehrere Keilriemen haben den Geist aufgegeben. Da kann nur noch der Truck-Service des Herstellers helfen.
Panne stoppt einen bus hinter Gießen
Niklas Habers lädt kurzerhand die Brötchen fürs Mittagessen in seinen Bus um und fährt den anderen hinterher, während Martin Bolte, der Mechanikerexperte unter den Feuerwehrleuten, und Johannes Hartmann mit seinem Mannschaftstransportwagen bei dem Havaristen bleiben.
„Wenn du bei der Feuerwehr bist, hast du grundsätzlich ein Helfersyndrom“, erklärt Nils Dünweg von der Feuerwehr Burscheid, warum er sich auf die Fahrer-Anfrage aus Gladbach gemeldet hat. Seine Kollegen vom Düsseldorfer Flughafen, wo Dünweg als Fluglotse arbeitet, halfen noch kräftig mit und sammelten ausrangierte Handys für die Menschen in Butscha.
„Wir können den Ukraine-Krieg nicht beenden, aber wir können den Menschen in Butscha helfen“, sagt Jörg Köhler am Abend am Etappenziel in Görlitz, wo die Busfahrer aus der ukrainischen Partnerstadt schon warten.
Dass die Hilfe aus Gladbach ankommt, daran lassen die aus Butscha angereisten Fahrer keinen Zweifel. Auch wenn ihnen am nächsten Morgen bei der Weiterfahrt in ihr vom russischen Angriffskrieg überzogenes Heimatland, noch mehr als einmal die Keilriemen an Bus 1 abspringen.
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Am Abend hat auch er es geschafft, fahren zehn Busse in Butscha ein, die für die Menschen dort weit mehr sind als „nur“ Fortbewegungsmittel.