Die Klimafreunde Rhein-Berg gründen eine Energiegenossenschaft für Bürgerinnen und Bürger. Wir stellen das Projekt vor.
BürgerenergiegenossenschaftWie sich Bergisch Gladbach selbst mit Strom versorgen könnte
Die Stadt will sich selbst mit Strom versorgen. Dazu gründen die Klimafreunde Rhein-Berg eine Bürgerenergiegenossenschaft. Solardächer oder Windräder bauen, die allen gehören, von denen alle profitieren. Eine energetisch unabhängige Stadt, die saubere Energie produziert – lebenswert und grün, das ist die Vision.
„Wir können die regionale Energiewende nur gemeinschaftlich schaffen“, begründet Vereinsvorsitzender Stefan Häusler den Vorstoß, mehr Strom dezentral und nah am Verbraucher zu produzieren: „Kein Jahr, eigentlich keinen Tag dürfen wir mehr verstreichen lassen. Wir müssen es jetzt angehen.“
Das Ziel ist, dass sich möglichst viele Gladbacher, aber auch Firmen oder Banken finanziell beteiligen, um durch Investitionen den Umstieg auf erneuerbare Energien und den Ausstieg aus fossilen oder strahlenden Ressourcen voranzutreiben.
Bergisch Gladbach: So funktioniert die Genossenschaft
Interessierte kaufen einen oder mehrere Mitgliedsanteile, um in Projekte der Genossenschaft zu investieren, erläutert Häusler das Modell: „Die Kosten für einen Anteil liegen bei 500 Euro.“ Für diejenigen, die investiert haben, springt dabei finanziell auch etwas raus. Nach den ersten drei Jahren soll eine Rückvergütung in Höhe von zwei bis vier Prozent an die Mitglieder ausgezahlt werden. Eine entsprechende Infoveranstaltung steht am 29. März bevor.
„Es geht hier aber nicht um Gewinnmaximierung“, stellt Häusler klar. Denn das, was den Klimafreunden wichtig ist, lässt sich nicht in Euro fassen. Eine nachhaltige Energieversorgung steht an erster Stelle, autark und unabhängig zu sein von den die Preise diktierenden Energielieferanten.
Kurz: „Die Stadt enkeltauglich zu machen“, wie Häusler es formuliert. Jedes Mitglied hat eine Stimme bei der Entscheidung, wie die Mittel aus den Beiträgen verwendet werden sollen, egal wie viel investiert wurde, erläutert der Vereinsvorsitzende den demokratischen Gedanken des Genossenschaftsmodells.
Die Stadt Bergisch Gladbach begrüßt dieses Projekt ausdrücklich: „Es stellt einen wertvollen und wirksamen bürgerschaftlichen Beitrag zum Klimaschutz dar“, sagt Bürgermeister Frank Stein. In der nächsten Ratssitzung werde er vorschlagen, dass die Stadt einen Genossenschaftsanteil erwirbt.
Auf diese Weise kann die Stadt die ehrenamtlich geführte Genossenschaft unterstützen: „Nach dem Erwerb des Genossenschaftsanteils dürfen wir ausschreibungsfrei Dachflächen zur Verfügung stellen“, kann Stein sich gut vorstellen, die Zusammenarbeit auszubauen. „Wir sollten bewusst bürgerschaftliches Engagement zum Klimaschutz unterstützen“, betont Stein. Deshalb halte er es für besser, wenn nicht die Stadtverwaltung, sondern die Energiegenossenschaft PV-Anlagen auf städtischen Liegenschaften installiere und betreibe.
So wird die Errichtung von Fotovoltaik auf dem Dach der Turnhalle des Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasiums das erste Projekt der Gladbacher Bürgerenergiegenossenschaft, kündigt Häusler an. Für Anschaffung und Installation müssen 100.000 Euro mithilfe von Mitgliedsbeiträgen finanziert werden.
Die Energiegenossenschaft an den Start zu bringen, ist das weitaus aufwendigste Projekt, das die Klimafreunde auf den Weg gebracht haben. „Ohne unsere fachkundigen Mitglieder hätten wir das nicht geschafft“, sagt Häusler. Zwölf Leute, darunter ein ehemaliger Vorstand aus der Energiebranche, hätten viele hundert Arbeitsstunden investiert.
Auch Windräder in Bergisch Gladbach vorstellbar
Das Team erarbeitete eine Satzung, erstellte den Businessplan, klärte juristische Fragen. Der Genossenschaftsverband prüft, ob die Planung sinnvoll und ökonomisch umsetzbar sei. Der Schwerpunkt liegt bei der Solarenergie. Häusler hat dabei auch die vielen Dächer der Gewerbebetriebe im Visier. Windräder zu bauen, kann sich Häusler ebenfalls vorstellen. Auch wenn sie niemand schön findet. Bringen sie Geld ein, könnten sie für mehr Akzeptanz sorgen.
Die Energiegenossenschaft will aber noch weitere Stufen zünden, wie Häusler berichtet: Damit die Sonnenstromwirtschaft schnell wachsen könne, sei die Gründung einer Selbstbaugenossenschaft in Planung. So könnten Anlagen zeitnah selbst errichtet werden. Außerdem werde darüber nachgedacht, den Strom selbst zu vermarkten.
Denn anders als etwa in Rösrath, wo die Initiative zur Gründung einer Genossenschaft sogar von den Stadtwerken ausgeht, steht die Belkaw, Stand jetzt, nicht als Kooperationspartner zur Verfügung. „Wir würden uns freuen, wenn die Belkaw uns als regionaler Energieversorger unterstützen würde“, bedauert Häusler die Absage.
Die Dächer von Privatleuten seien für die Genossenschaft zu klein, um wirtschaftlich arbeiten zu können. Häusler macht den Menschen trotzdem Mut: „Wir können durch Beratungen helfen.“ Außerdem: Strom suche sich immer den kürzesten Weg. Das heiße: „Wenn ich mich in Gladbach dafür einsetze, dass regenerativer Strom erzeugt wird, wird er hier verbraucht.“
Infoveranstaltung im Bensberger Rathaus
Die Energiegenossenschaft lädt alle Interessenten zu einer Infoveranstaltung ein: Mittwoch, 29. März, 19 Uhr im Ratssaal im Bensberger Rathaus. Berichtet wird über den aktuellen Sachstand der Gründung sowie über den Zweck und die Struktur der Rechtsform. Auf der Tagesordnung steht zudem ein Impulsvortrag des Unternehmers und Autors Jörg Heynkes. Am Abend besteht bereits die Möglichkeit, Mitglied der Genossenschaft zu werden. Wie Stefan Häusler vom Vorstand der Klimafreunde Rhein-Berg berichtet, sei die Resonanz bereits im Vorfeld riesengroß. Dringend rät er Besuchern dazu, sich vorher per E-Mail, veranstaltungen@klimafreunde-rheinberg.de, anzumelden. Die Kapazität im Ratssaal sei auf 200 Zuhörer begrenzt.
Bergisch Gladbach: Aktuell keine Standorte für Windräder
Auf einigen wenigen Dachflächen kommunaler Liegenschaften gibt es bereits Fotovoltaik-Anlagen: Feuerwehrgerätehaus Schildgen, Radstation Stadtmitte, Sporthalle Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium (kleine Anlage), Turnhalle KGS Bensberg, Turnhalle GGS An der Strunde und Berufsschule Heidkamp. Für Windräder gibt es laut Stadtverwaltung aktuell keine geeigneten Standorte im Stadtgebiet. Dies hänge in erster Linie mit Abstandsflächen zur Bebauung zusammen. Seit kurzem gibt jedoch das neue Windenergieflächenbedarfsgesetz den Bundesländern verbindliche Ziele zur Ausweisung solcher Flächen vor. Das Flächenpotenzial in Bergisch Gladbach wird seitens der Landesregierung geprüft, ob sich neue Ansätze für Windenergieanlagen ergeben. (ub)