Als Schablone für den Wiederaufbau des Brunnens aus Korallenkalkstein in einem Jahr dient ein meterhohes Gerüst aus tausenden Holzdielen.
Schablone aus HolzEmilienbrunnen in Bensberg wird in Einzelteile zerlegt – und wieder aufgebaut
Wie ein Hochregallager in einem Baumarkt sieht das Gebilde aus, das den Emilienbrunnen in Bensberg oder besser, das, was von ihm übrig ist, umgibt. „Das ist eine dreidimensionale Schablone“, erklärt Dieter Wegerhoff von der mit dem Abbau beauftragten Spezialfirma Lindlarer Grauwacke Manufaktur Wegerhoff. Die tausenden Holzdielen bilden die Form des Kaskadenbrunnens an der Ecke Nikolausstraße/Schloßstraße ab, damit das Bauwerk aus Korallenkalkstein später wieder originalgetreu aufgebaut werden kann.
Die Holzbretter, alle sind penibel nummeriert, ragen bis auf zehn Zentimeter an die Gesteinsformation heran– wie eine Art Maske. In etwa einem Jahr, wenn der Emilienbrunnen sieben Meter nach hinten versetzt wieder an seinen angestammten Platz zurückkehrt, wird das Gerüst wieder aufgestellt. Die Steinbrocken, ebenso alle markiert, können dann wieder formgerecht platziert werden. „Das ist kompliziert, macht aber Spaß“, sagt Wegerhoff.
Er rechnet mit insgesamt 60 Einzelteilen, die ein Gesamtgewicht von 40 Tonnen haben. Beruflich hat der gelernte Bautechniker sonst vor allem mit Steinen aus Grauwacke zu tun. Gemeinsam mit seinem fünfköpfigen Team gestaltet er in der Hauptsache Mauern oder Gartenwege, darunter auch historische Objekte. Einen Brunnen aus Korallenkalkstein hat er noch nie demontiert: „Das Material ist selten und absolut faszinierend“, schwärmt Wegerhoff.
Bei dem wertvollen Material ist besondere Vorsicht geboten
Die gräulich gefärbten Kalksteine stammen aus dem heute nicht mehr zugänglichen Steinbruch in der Schlade in Bergisch Gladbach. Sie bestehen aus massenhaften Ansammlungen von Korallen und anderen Meeresorganismen, 390 Millionen Jahre alt. Seit 2006 ist die Schlade ein Nationales Geotop inmitten eines Naturschutzgebiets. „Man muss ganz nah herangehen, um die Schönheit des Muschelkalks mit den vielen, vielen Versteinerungen zu entdecken“, sagt Wegerhoff und zeigt auf eine winzige fossile Schnecke.
Bei diesem wertvollen Material sei besondere Vorsicht geboten, betont er. Bereits am vergangenen Donnerstag sind Bagger, Lastwagen und Radlader angerückt. Der Brunnen wird schichtweise von oben nach unten abgebaut. Der Großteil der Gesteinsbrocken wird per Hand mit dem Stemmeisen aus der Betonverankerung gebrochen. Anschließend hebt der schwenkbare Baggerarm - im Führerhaus sitzt Wegerhoffs Sohn Daniel Wegerhoff - die mit Transportbändern gesicherten und mit Ketten angehängten Brocken passgenau auf die Paletten, die am Straßenrand bereitliegen.
Die kostbare Fracht wird erneut befestigt und beschriftet und schließlich mithilfe eines Radladers auf den Lkw verladen. Diese Szenen spielen sich auf allerengstem Raum ab – fast geräuschlos. Man hört nur das monotone Klopfen der Stemmeisen. Immer wieder bleiben Passanten stehen, beobachten neugierig die Prozedur und erzählen, dass der an die Wohltäterin Emilie Schmitz (1807-1891) erinnernde Brunnen ihnen viel bedeutet.
Wie lange die Bauarbeiten noch dauern, sei schwer zu sagen. Morgen oder übermorgen könne Wegerhoff besser einschätzen, ob noch viel Beton per Handarbeit weg gestemmt werden muss. „Wenn es gut läuft, könnten wir in anderthalb Wochen fertig sein.“ Die Originalsteine lagert die Stadt Bergisch Gladbach ein. Nach Abschluss der Gestaltung des Emilienplätzchens mit Sitzbank und Baum, wird der Brunnen mithilfe der Bretter-Schablone wieder aufgebaut. In einer Branche, in der es darauf ankommt, dass die eigene Arbeit sich dadurch auszeichnet, dass niemand sieht, was man geleistet hat, können sich Wegerhoff und sein Team trotzdem unvergessen machen. Wenn der Emilienbrunnen am Ende genauso aussieht, wie er immer ausgesehen hat.