- Der Bergische Geschichtsverein Rhein-Berg ist tief zerstritten.
- Dies wird besonders deutlich im Streit um die Zukunft des Emilienbrunnens in Bensberg.
- Ein Streit, der schon in November eskalierte.
Bergisch Gladbach – Der Bergische Geschichtsverein Rhein-Berg ist in Aufruhr. Was im Streit um die künftige Gestaltung des Emilienbrunnens in Bensberg offensichtlich wird, bei dem der Verein nicht mit einer Stimme spricht, das ist Ausdruck der tiefen Spaltung, die sich seit längerem im Verein zeigt. So raumgreifend wie die Schichten des Korallenkalksteins am Brunnen, so massiv haben sich inzwischen die Vorwürfe aufgebaut.
Schon im November eskalierte der Streit, als der Ex- und Ehrenvorsitzende Max Morsches seinem Nachfolger im Amt, Professor Michael Werling, „Mobbing“ von Vereinsmitgliedern und „Alleingänge“ vorwarf und in diesem Zusammenhang von der „Machtergreifung“ durch Werling sprach, die viele Mitglieder aus dem Verein treibe. Auslöser war damals unter anderem die Sorge, Werling könne aus finanziellen Gründen das von Morsches seinerzeit gegründete Geschichte-Lokal – Vereinssitz, Treffpunkt und Ausstellungsraum – in der Eichelstraße schließen wollen.
Amtsenthebungsverfahren auf Sondersitzung
Morsches leitete in der Folge ein „Amtsenthebungsverfahren“ gegen Werling ein, das in einer außerordentlichen Mitgliederversammlung im März verhandelt werden sollte. Wegen der Covid-19-Pandemie musste die Sitzung ausgesetzt werden. Seither spricht Morsches von einem „Vorsitzenden von Coronas Gnaden“.
Werling war 2018 an die Spitze des Vereins gewählt worden. Der emeritierte Architekturprofessor hat seither zahlreiche Publikationen in Print und Online angestoßen, selbst zur Stadtgeschichte geforscht, Vorträge gehalten und publiziert und dabei unter anderem auch einen Schwerpunkt auf die Architektur auf dem Zanders-Gelände an der Gohrsmühle gelegt. Eine seiner jüngsten Aktivitäten war eine Spendenaktion zur Rettung des Paas-Kreuzes.
Kenner der städtischen Architektur
Der Wissenschaftler gilt als profunder Kenner der städtischen Architektur, hatte er doch gemeinsam mit seiner Frau die Fakten für den Denkmalpflegeplan der Stadt zusammengetragen. In seiner gutachterlichen Tätigkeit für die Kommune sehen einige Mitglieder allerdings einen möglichen Interessenkonflikt mit dem Amt des Geschichtsvereinsvorsitzenden. „Dabei hatte ich immer freie Hand. Es ging um fachliche Expertisen und oft genug bin ich gegen die Stadt angegangen“, wehrt sich Werling.
Aktuell wird ihm seine Haltung zum Emilienbrunnen vorgeworfen, die nicht die Sicht des Vereins darstelle, so die Kritiker. Während Werling zwar ebenso wie diese den jüngsten Entwurf des Planungsbüros „Club L94“ als missglückt ansieht, kann sich er sich aber eine „Verschlankung“ der üppigen Kulissenwand des Brunnens vorstellen sowie eine „gelungenere Inszenierung“ und optische Aufwertung der gesamten Anlage durch Beleuchtung, Bepflanzung, komfortable Treppenanlage und Informationen zur Stifterin. Werling hatte sich von Anfang an für den Erhalt des Brunnens in der Schloßstraße ausgesprochen. „Wir befinden uns aber noch mitten im Entwurfsprozess“, betont er.
Möglicher Rücktritt
Die Planung der Stadt, den Brunnen um drei oder vier Meter zu verschieben, könne unter Umständen hingenommen werden, wenn es den Brunnen aufwerte. Anders als behauptet handele es sich bei der Anlage eben nicht um ein eingetragenes Baudenkmal, bei dem sich eine Translozierung verbiete, da sie in der Vergangenheit zu stark verändert worden sei. Theoretisch, so Werling, hätte der Brunnen daher von der Stadt abgerissen werden können – ein Totalverlust, den nicht zuletzt der frühe Einsatz des Geschichtsvereins verhindert hat.
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Seine fachliche Sicht habe er dem Verein mehrfach vorgetragen, wehrt sich Werling gegen den Vorwurf, der Verein sei nicht informiert worden, habe nicht darüber abgestimmt und folglich handele es sich bei Werlings Ausführungen lediglich um eine Privatmeinung. „Wir fragen also erst alle 473 Mitglieder, bevor wir Stellung beziehen und etwas unternehmen! – So funktioniert Vereinsarbeit nicht“, ärgert er sich. Zudem denke der Vorstand darüber nach, Max Morsches, der „vereinsinterne Dinge in die Öffentlichkeit getragen“ habe, aufzufordern „sein vereinsschädigendes Verhalten“ zu unterlassen. Der Vorstand bemühe sich, möglichst bald eine von einigen Mitgliedern geforderte Versammlung einzuberufen, kündigte Werling an.
Bei einer Anfrage am 30. Juni habe das Ordnungsamt eine derartige Veranstaltung wegen der Corona-Pandemie aber noch untersagt. Der Vorsitzende will die Vertrauensfrage stellen und schließt auch seinen Rücktritt nicht aus: „Wenn die Mitglieder nicht hinter mir stehen, dann war es das. Aber das möchte ich gerne die Mitglieder entscheiden lassen, nicht einen Max Morsches.“