Bergisch Gladbach – Die hellgrünen Gummistiefel stehen immer griffbereit an der Tür und wenn Dr. Sabine Schachtner am Freitag ihr Büro in der Alten Dombach räumt und offiziell verabschiedet wird, dann nimmt sie die Stiefel mit. Auch wenn die wasserdichten Schuhe nicht gerade ein Symbol für die leichtesten Zeiten in ihrem Berufsleben sind.
Zweimal war das Papiermuseum an der Strunde in den vergangenen Jahren schwer vom Hochwasser betroffen; die Folgen der letzten Flut im Juli 2021 sind immer noch im Erdgeschoss des Mühlengebäudes zu sehen.
Die Mühlengebäude waren verwahrlost
Als Sabine Schachtner im Dezember 1987 ihre Stelle als Museumschefin in Bergisch Gladbach antrat, da lagen gerade Studium und Volontariat hinter und eine große Baustelle vor ihr. „Die Gebäude standen weitgehend leer und waren verwahrlost“, erinnert sich die studierte Volkskundlerin.
Die historischen Mühlengebäude waren gerade erst aus dem Zanders-Besitz an den Landschaftsverband Rheinland übergegangen, der hier einen von mittlerweile sieben Museumsstandorten zur Industriegeschichte an Rhein und Ruhr entwickeln wollte.
Viel Mut und viel Gestaltungsspielraum
Und zur Umsetzung hatte man die damals gerade 30 Jahre alte Kandidatin Schachtner ausgewählt. Viel Berufserfahrung habe sie da noch nicht gehabt: „Ich hatte schon Phasen, da dachte ich: »Da warst Du aber mutig«“, sagt sie rückblickend. Die Riesenaufgabe, die vor ihr lag, habe ihr manche schlaflose Nacht verschafft.
Aber es gab ja auch noch eine andere Seite: „Es ist schon etwas Tolles, wenn man ein Museum von Anfang an gestalten kann.“ Dabei halfen ihr ein Team und ein tragfähiges Konzept. Zwar sollte die Geschichte der alten Papiermühle wieder sichtbar werden, aber sich die museale Präsentation nicht nur auf die Vergangenheit beschränken.
„Wir waren in NRW das einzige Papiermuseum und das sollte die gesamte Geschichte der Papierproduktion von der vorindustriellen Zeit bis heute abdecken“, erklärt Schachtner. Inklusive der vielfältigen Verwendungsmöglichkeiten des Stoffes.
Die gigantische Papiermaschine ist 40 Meter lang
Dazu musste allerdings erst einmal eine Sammlung aufgebaut werden. „Hier gab es keine historischen Geräte mehr“, sagt sie und so mussten die Anschauungsobjekte von überall her zusammengesucht werden.
Etliche Stücke stammen aber auch aus dem Unternehmen Zanders, so etwa die gigantische Maschine PM4 aus dem Jahr 1889, die mit 40 Metern Länge und fünf Metern Höhe nicht zu übersehen ist und eine eigene Halle benötigt. Zudem sollten Besucher auf dem Areal an der Strunde auch selbst aktiv werden und Papier produzieren können.
Sonderausstellungen zeigen die vielen Seiten des Papiers
Begleitend präsentierte das Museum über die Jahre zahlreiche Sonderausstellungen: Papiertheater und Puzzle, Pop-up-Bücher und chinesische Papierdrachen wurden gezeigt, bis hin zur Ausstellung „Von der Rolle“, die sich mit dem schnöden, aber in jüngster Zeit zum begehrten Objekt avancierten Toilettenpapier beschäftigte.
LVR-Industriemuseum
Die Alte Dombach
Die Alte Dombach ist das größte deutsche Papiermuseum und Teil der LVR-Industriemuseen zur Geschichte der Industrialisierung an Rhein und Ruhr. In der ehemaligen Papiermühle in Bergisch Gladbach wird die Papierproduktion von der Vorindustrialisierung bis heute gezeigt sowie die Vielfalt des Produktes vom Toilettenpapier bis zur Kunst. Besucher können das Mühlrad, das Lumpenstampfwerk und die Papiermaschine in Aktion erleben und am Schöpfrahmen auch selbst zum Papiermacher werden. Für Kinder steht auf dem idyllischen Gelände an der Strunde ein Erlebnisspielplatz zur Verfügung.
Damit zeigte die Alte Dombach immer wieder, dass Papier nicht nur geduldig ist, sondern vor allem ganz viele verschiedene Seiten hat. Räumlich kam man dabei oft in Not, denn der Ausstellungs- und Veranstaltungsraum sei sehr klein, bedauert die Museumsleiterin.
Ein Museum mit Aha-Effekt und Spaß
„Ein Museum soll Menschen Aha-Effekte vermitteln und Spaß machen“, verrät Schachtner ihr Credo. Dieses Motto habe man als Team mit Erfolg umgesetzt, meint sie. Auch nach 34 Jahre sei ihr die Liebe zum Papier geblieben, sagt die 64-Jährige.
Nur eines werde sie im Ruhestand nicht vermissen: Den stets besorgten Blick auf Wetterbericht und angesagte Niederschlagsmengen. Auch die Gummistiefel sollen in Rente gehen.