Nachdem die Stadt lange nach einem geeigneten Grundstück gesucht hat, hat diese Mutter einen möglichen Standort für die neue Kita gefunden.
Stadt soll schnell handelnEltern nehmen Standort-Suche für Kita in Moitzfeld selbst in die Hand
In der Stadt fehlen nach aktueller Prognose 500 Betreuungsplätze für Kindergartenkinder – eine Folge von Geburtenboom, Zuzug und vor allem fehlenden Grundstücken für Neubauten. Ein Elternpaar hat genug davon, beschließt selbst aktiv zu werden – und bringt eine ungenutzte städtische Wiese in Moitzfeld als Standort für eine ad hoc-Kita in Schnellbauweise ins Spiel. Die Eigeninitiative hat Chancen, erfolgreich zu sein.
„Ich erwarte, dass die Stadt schnell handelt. Es geht um die Rechte unserer Kinder“, betont Sabrina Fahlenbock. Wie viele Eltern hat die Rechtsanwältin einen belastenden Bewerbungsmarathon hinter sich. Bei der Suche nach einem Betreuungsplatz für ihren zweijährigen Sohn in Moitzfeld und Umgebung ging sie trotzdem leer aus. Ein Kita-Platz sei nicht in Sicht. Aber den Kopf in den Sand zu stecken, helfe nicht weiter, sagt sie bei einem Treffen vor Ort. Um das Problem bei der Wurzel zu packen, recherchierte sie, ob die Wiese in ihrer Nähe sich als Standort eignen könnte.
Die Wiese liegt am Dorfplatz in Moitzfeld
Die Freifläche im Eigentum der Stadt liegt am Rotdornweg direkt gegenüber vom Dorfplatz und der Grundschule Moitzfeld. Ab und zu im Jahr wird die 1500 Quadratmeter große Wiese bei Dorffesten genutzt etwa als Parkplatz.
Für ihren Vorstoß will Sabrina Fahlenbock am Mittwoch in der Sitzung des Ausschusses für Anregungen und Beschwerden bei der Politik werben. Sie liefert viele gute Argumente: „In Kooperation mit der benachbarten katholischen Kita St. Joseph könnte sogar deren an die Wiese angrenzende Spielplatz miteinbezogen werden.“ Dieser sei ihres Wissens nach nicht in Gebrauch. Als Außengelände diene St. Joseph stattdessen das direkt zum Kita-Gebäude gehörende Außengelände.
Die Stadt Bergisch Gladbach könnte das Projekt schnell umsetzen
Zur möglichen Bauweise gibt sie konkrete Hinweise. Informiert hat sie sich bei einem Gummersbacher Anbieter, der Kitas innerhalb von zehn bis zwölf Wochen in Modul- und Containerbauweise errichtet: „Unter kommunaler Trägerschaft könnte das Projekt so effizient und schnell umgesetzt werden.“ Wie berichtet, ist die Not außer in den angesagten Innenstadtbezirken besonders in den Stadtteilen Moitzfeld, Herkenrath und Bensberg mit am größten.
Zu jeder Gelegenheit hat die Stadt betont, dass mit Hochdruck und permanent nach geeigneten Grundstücken oder Immobilien für Kita-Gebäude gesucht werde. Aber von der Option auf dem städtischen Grundstück in Moitzfeld war bisher nie die Rede. Auch nicht im März bei der eigens anberaumten Pressekonferenz, als die für berufstätige Eltern alarmierenden Defizite vorgestellt wurden.
Stadt prüft Bau von Kita in Moitzfeld
Dabei spricht baurechtlich nichts gegen das Projekt, gibt die Stadt in ihrer Stellungnahme ein positives Feedback. Die Bauaufsicht habe die Fläche „unabhängig von der Anregung der Petentin als Potenzialfläche für eine Kindertagesstätte identifiziert“, heißt es weiter. Deshalb erachte die Verwaltung „eine vertiefende Untersuchung“ für sinnvoll.
Dies vielleicht auch vor dem Hintergrund, dass die Stadt Eltern einen Betreuungsplatz für Kinder ab einem Jahr anbieten muss. Obwohl viele Eltern davor zurückschrecken, ihren Rechtsanspruch geltend zu machen, sind laut Stadtverwaltung inzwischen neun Klagen anhängig. Wer keinen Platz bekommt, kann sich die Kosten für eine private Kinderbetreuung vom Jugendamt erstatten lassen.
Rechtsanspruch hin oder her. Sabrina Fahlenbock hat auf eigene Faust eine private Betreuung für ihren Sohn in Köln gefunden, in der Nähe ihrer Kanzlei: „Aber das ist keine Dauerlösung.“ Die weite Fahrt, keine Möglichkeiten für ihren Sohn, Freundschaften in der Nachbarschaft knüpfen, zählt sie zwei Nachteile auf. Deshalb hofft Sabrina Fahlenbock, dass die Stadt ihren Vorschlag mit Priorität prüft. „Bereits im Herbst könnte die Einrichtung schlüsselfertig da stehen. Damit wäre vielen verzweifelten Eltern geholfen.“
Es fehlen 416 Plätze
Die Stadt stellt insgesamt 4022 Plätze in Kindertagesstätten und 354 Plätze in der Kindertagespflege bereit. Das Defizit an Betreuungsplätzen in Kindertagesstätten beläuft sich laut Prognose der Verwaltung auf 416 Plätze: 183 Plätze fehlen bei den über Dreijährigen, 82 Plätze fehlen bei den unter Dreijährigen.
Bedacht werden muss auch, dass in die städtischen Planungen bereits die Vergrößerungen von Kita-Gruppen eingerechnet wurden. Dies sind 80 Plätze, die mit den Trägern vereinbart werden konnten. Sollten die Träger künftig aufgrund von Personalmangel und Überlastung der Erzieherinnen diese Plätze nicht mehr belegen wollen, läge das Defizit bei cirka 500 Plätzen. Um das einzuschätzen: In der Millionenstadt Köln fehlen aktuell „nur“ rund 1 500 Plätze. (ub)